Historical Lords & Ladies Band 40
sich an sanfte Hände und beruhigende Worte. Vermutlich hatte der Captain die Frau des Gastwirtes oder ein Zimmermädchen geholt, um ihr zu helfen. Wieder einmal stand sie in seiner Schuld. Nun, inzwischen war er weitergefahren, und darüber war sie froh. Sie wollte nicht zugeben, dass sie ihm für seine Hilfe dankbar war.
Von unten drangen die verschiedensten Geräusche zu ihr herauf: laute Stimmen, Pferdewiehern und das Klirren von Zaumzeug. Helen stand auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Die Morgendämmerung brach an. Eine Kutsche war in den Hof gefahren, und die Passagiere stiegen aus. Falls das die Kutsche nach Manchester war, hatte sie nicht viel Zeit.
Sie wusch sich in aller Eile und kleidete sich an. Dann packte sie die Sachen vom vergangenen Tag in den Koffer und ging, ihre Reisetasche tragend, nach unten. Auf dem Korridor traf sie ein Zimmermädchen, das knickste und ihr einen guten Morgen wünschte. Helen, die sich für alles, was für sie getan worden war, bedanken wollte, ohne es auszusprechen, drückte ihr einige Pence in die Hand. „Würden Sie wohl dafür sorgen, dass jemand meinen Koffer nach unten bringt?“, bat sie.
„Ja, Madam“, erwiderte das Mädchen erfreut über das reichliche Trinkgeld. „Jake soll das sofort erledigen.“
Helen setzte ihren Weg zum Speisezimmer fort. Von dem Geruch nach Essen, der ihr in die Nase stieg, wurde ihr übel. Doch sie brauchte unbedingt eine Tasse Tee, bevor sie sich wieder in eine schwankende Kutsche setzen konnte.
Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie den Captain, der an einem Tisch in der Nähe des Kamins saß. Er trug Zivilkleidung, wirkte aber dennoch wie ein Soldat. Seine dunklen Haare waren feucht und kräuselten sich im Nacken und über den Ohren. Er erhob sich lächelnd. „Guten Morgen, Miss Sadler, Sie kommen gerade richtig zum Frühstück.“ Zu seinem Erstaunen setzte sie sich ihm ohne Zögern gegenüber.
„Guten Morgen, Captain. Danke nein, kein Frühstück, lediglich Tee.“
Er rief einen Schankdiener und bestellte. Nachdem Helen ein paar Schlucke des heißen Gebräus getrunken hatte, fühlte sie sich etwas besser. „Ich bin überrascht, Sie heute Morgen hier anzutreffen, Captain“, sagte sie, bevor er eine Bemerkung, den vergangenen Abend betreffend, machen konnte. „Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie in Eile, Ihr Ziel zu erreichen, und wollten die Nacht durchfahren.“
Duncan merkte, dass sie sich nicht daran erinnerte, dass er sie in ihr Zimmer getragen hatte. Offenbar dachte sie, sie wäre ohne Hilfe dorthin gelangt. Er hielt es für unklug, ihr zu sagen, dass er sich entschlossen hatte, sie in ihrer Hilflosigkeit nicht allein zu lassen. „Ich fand die Gesellschaft so anregend, dass ich mich nicht losreißen konnte“, erwiderte er, „zumal dieser Gasthof einigermaßen bequem ist.“
„Anregend?“, wiederholte Helen. „Wollen Sie damit andeuten, dass ich zu viel Wein getrunken habe? Es war nichts dergleichen. Ich habe mich lediglich nicht wohlgefühlt. Die rüttelnde Kutsche und dann die Hitze im Speisezimmer …“
„Ich bitte um Vergebung. Da ich schon so lange Soldat bin, wähle ich leider meine Worte nicht immer mit der gebotenen Sorgfalt. Ehrlich gestanden, empfand ich die Hitze im Speisezimmer ebenfalls als unangenehm, besonders nach der Kälte draußen.“
„Wenn ich mich nicht irre, werden gerade die Passagiere für unsere Kutsche aufgerufen“, sagte Helen, die dieses Gespräch nicht fortzusetzen wünschte.
Der Captain erhob sich, nahm ihre Reisetasche sowie seinen Mantelsack und wartete, um sie nach draußen zu geleiten. Helen bezahlte für Kost und Logis und folgte ihm. Sie fühlte sich noch keineswegs wohl und war ihm dankbar, dass er Gentleman genug war, um ihre Erklärung zu akzeptieren.
Nachdem Helen ihre Fahrkarte bezahlt hatte, half der Captain ihr beim Einsteigen, vergewisserte sich, dass ihr Gepäck eingeladen war, und nahm neben ihr Platz. Ihre Mitreisenden waren eine ältere Dame mit einem großen Hut, ein Pfarrer und ein junges verliebtes Paar, das nur Augen füreinander hatte.
Seiner Kleidung nach zu schließen – eng anliegender Frackrock, helle Pantalons, eine bunte Weste und kunstvoll geschlungene blaue Krawatte –, hielt sich der junge Mann für einen Dandy. Seine Frau trug ein hoch tailliertes Kleid mit gefälteltem Oberteil und reich verziertem Rock, darüber eine pelzgefütterte Pelisse aus blauem Samt.
Bei den Außenpassagieren handelte es sich um eine lärmende
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