Historical Lords & Ladies Band 40
Wortwechsel weiter, in den die unverletzten Passagiere mit einstimmten. Helen widmete sich inzwischen ihrer selbst gewählten Aufgabe. Mochten die Leute sich ruhig streiten. Die Schuld lag sicherlich auf beiden Seiten. An dem Ausgang ließ sich nichts mehr ändern. Wichtig war nur, dass die Verletzten versorgt wurden.
Für den Kutschenbegleiter konnte sie wenig tun, außer es ihm bequem zu machen. Sie rollte ihren Mantel zusammen und legte ihn als Kissen unter seinen Kopf. Dann kühlte sie sein Gesicht mit Wasser aus dem Graben, in dem die Kutsche ohne den Steinhaufen bestimmt gelandet wäre. Er hatte eine große Beule am Hinterkopf und benötigte so schnell wie möglich einen Arzt. Helen ging zu dem jungen Burschen, der sich aus dem Dornbusch befreit hatte, wie betäubt herumlief und eine Hand gegen das Gesicht hielt. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor und tropfte auf seine Weste.
Setzen Sie sich“, befahl Helen. „Ich will mir das anschauen.“
Er setzte sich auf die Böschung und ließ zu, dass sie seine Hand wegzog. „Ein hässlicher Schnitt“, stellte sie fest und betupfte die Wunde mit einem Stoffstreifen. „Außerdem haben Sie auf der Wange eine Abschürfung, die ihr Gesicht für ein paar Tage etwas verunstalten wird. Was haben Sie sich nur gedacht? Sie hätten uns alle umbringen können.“
„Es war nur ein übermütiger Streich“, erwiderte er. „Jeder möchte doch einmal Kutscher spielen. Man sagt mir nach, dass ich sehr gut mit den Zügeln umgehen kann.“
„Zweifellos können Sie einen Phaeton mit zwei Pferden lenken, ein Vierergespann ist etwas anderes. Warum haben Sie sich dazu überreden lassen?“
„Es war eine Wette, Madam, die ich nicht ablehnen konnte.“
„Eine Wette“, wiederholte Helen. „Anscheinend haben junge Männer nur Glücksspiele im Kopf.“ Ältere Männer auch, die es besser wissen müssten, setzte sie in Gedanken an ihren Vater hinzu. „Haben Sie die Konsequenzen gar nicht bedacht? Wie die Sache steht, hat der Kutschenbegleiter vermutlich eine Gehirnerschütterung und der Kutscher einen gebrochenen Arm.“
„Es tut mir leid, Madam. Ich war ein bisschen angetrunken.“
„Das ist keine Entschuldigung. Halten Sie den Stoffstreifen über dem Schnitt fest, während ich mich um den Kutscher kümmere.“
Martin Gathercole, der immer noch von seinem Kollegen beschimpft wurde, hielt seinen verletzten Arm mit der gesunden Hand fest. Offensichtlich litt er starke Schmerzen. „Ich höre Ihnen nicht länger zu, wenn Sie weiterhin wie ein Fischweib keifen“, rief er, drehte sich um und ging zur Vorderseite der Kutsche, wo der Captain damit beschäftigt war, die Pferde zu beruhigen.
„Die Tiere bereiten mir weniger Sorgen als das Fahrzeug“, sagte er. „Ein Rad sieht angeschlagen aus, und die Tür auf dieser Seite hat sich aus dem Scharnier gelöst. Ob es sicher ist, so weiterzufahren, lässt sich erst beurteilen, wenn wir die Kutsche wieder auf die Straße manövriert haben.“
„Dann sollten wir das sofort erledigen. Wollen Sie etwa den ganzen Tag hier herumtrödeln oder sich nützlich machen?“, rief Gathercole dem anderen Kutscher zu. Als er eine Hand auf seinem gesunden Arm spürte und sich umdrehte, entdeckte er Helen, die hinter ihm stand.
„Überlassen Sie es den anderen, sich darum zu kümmern, Mr Gathercole. Wir müssen Ihren Arm behandeln“, erklärte sie.
Er folgte ihr nur widerstrebend zu der Böschung, wo ein Stückchen weiter der jugendliche Fahrer saß. „Ein so hirnrissiger Taugenichts ist mir noch nie begegnet“, stellte er fest. „Und ein Lügner noch dazu. Er hat behauptet, er könnte Pferde lenken. Das hätte er schon viele Male beim Brighton Rennen getan.“
„Sehr töricht von Ihnen, ihm zu glauben“, erwiderte Helen kühl. „Sie hätten an Ihre Passagiere denken müssen. Wenn die Transportgesellschaft das herausfindet, dürften Sie Ihre Stellung verlieren.“
„Werden Sie mich anschwärzen?“
„Ich wohl kaum, aber vermutlich Ihr Kollege. Er war sehr wütend.“ Ihr Blick flog zu der Stelle hinüber, wo der andere Kutscher, der Kutschenbegleiter und die unverletzten Passagiere sich mit den Schultern gegen den Wagen stemmten und auf das Kommando Duncans hin zu schieben begannen.
„Er auch nicht.“ Sein raues Lachen wandelte sich in ein schmerzliches Stöhnen, als Helen seinen Arm an seiner Brust festband. „So hat er sich nur den Passagieren zuliebe aufgeführt. Im Grunde ist er ein guter Kerl.“
Das schien wahr
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