Historical Mylady Spezial Band 2
„Falls Juliet ihn tatsächlich loswerden wollte, dann hatte sie gewiss einen triftigen Grund dafür.“
„Ah.“
„Hm.“
Sebastian sah den Blick, den die anderen beiden Männer wechselten. Er war deutlich aufschlussreicher als ihre nicht besonders hilfreichen Antworten.
Ein ungutes Gefühl schnürte ihm regelrecht die Kehle zu. Der Earl hatte behauptet, Juliet wäre auf sein Betreiben eingeladen worden, und wenn Sebastian genau überlegte, hatte Gray sich nicht wirklich gesträubt, ihn hierher zu begleiten. Außerdem war Gray einer der Auserwählten gewesen, die gestern Abend neben Juliet hatten sitzen dürfen. Und jetzt erfuhr er, dass Gray und der Earl of Banford sehr viel besser miteinander bekannt waren, als er bisher geglaubt hatte.
„Also gut.“ Er setzte sich mit grimmiger Entschlossenheit in einen der Sessel neben dem Kamin. „Einer von euch, oder noch besser ihr beide, sollte mir jetzt lieber genau erklären, was hier vor sich geht. Sonst lasst ihr mir keine Wahl, als zur Countess zu gehen und sie über unser Gespräch in Kenntnis zu setzen.“
„Wissen Sie, Grayson, ich glaube, Sie und Dolly scheinen recht gehabt zu haben, was St Claires Verstand angeht“, bemerkte der Earl anerkennend.
„Seb ist ein großartiger Bursche“, stimmte Gray zu.
„Seb ist vor allem kurz davor zu explodieren!“, warnte er sie barsch.
„Nun gut.“ Der Earl sah ihm unverwandt in die Augen. „Ich bin gern bereit, offen zu reden, aber bevor ich es tue, müssen Sie mir Ihr Wort als Gentleman geben, dass Sie über alles Stillschweigen bewahren werden.“
Wem gegenüber er im Besonderen Stillschweigen bewahren sollte, konnte Sebastian sich denken.
Bis zu diesem Tag hatte er Dollys Gatten immer für einen leutseligen, liebenswürdigen Mann gehalten, den man einfach gern haben musste, der aber nicht besonders hintergründig war. Doch jetzt wurde ihm klar, dass viel mehr im Earl of Banford steckte, und wohl auch in seinem Freund Gray, als er bisher geglaubt hatte – und diese neue Erkenntnis gefiel ihm ganz und gar nicht.
„… und so sehen Sie sicher ein, dass Sie dem armen St Claire sehr unrecht getan haben, meine liebe Juliet“, schalt Dolly sanft. Die beiden Frauen saßen gemeinsam in Dollys privatem Salon.
Juliet hatte der Bitte ihrer Gastgeberin, ihr dort Gesellschaft zu leisten, nur sehr ungern nachgegeben. Immerhin hatte ja auch Dolly, genau wie Sebastian, hinter ihrem Rücken über sie gesprochen! Jetzt zu erfahren, dass er vielmehr jede Andeutung, sie könnte ihren Mann getötet haben, energisch von sich gewiesen hatte, erfüllte sie mit tiefer Scham.
Wie es aussah, schuldete sie Sebastian nicht nur eine Entschuldigung, sondern gleich zwei!
„Nach den vielen verletzenden Gerüchten, die in den vergangenen eineinhalb Jahren kursierten, ist das ein Thema, bei dem ich verständlicherweise sehr empfindlich reagiere“, sagte sie verlegen.
„Aber natürlich, meine Liebe.“ Dolly tätschelte ihr beschwichtigend die Hand. „Ich bin eine gute Zuhörerin, falls Sie je das Bedürfnis haben sollten, mit jemandem zu reden.“
Wie sehr sehnte Juliet sich danach, jemandem von den Jahren als Edwards Frau zu erzählen. Von all den Nächten, in denen er zu ihr gekommen war und sie auf grausame Weise genommen hatte, gleichgültig gegenüber dem Schmerz, den er ihr zufügte. Von der ersten Zeit ihrer Ehe, als sie noch geglaubt hatte, mit ihrem Flehen könnte sie etwas bei ihm erreichen. Damit hatte sie allerdings aufgehört, seit Edward ihr gezeigt hatte, wie viel grausamer er sein konnte, wenn man sich ihm widersetzte.
Sie sehnte sich von ganzem Herzen danach, sich jemandem anzuvertrauen, doch sie wusste, dass sie es niemals tun würde …
„Ich danke Ihnen für Ihr Angebot, Dolly.“ Sie lächelte, um zu zeigen, dass sie die Zurückweisung nicht böse meinte. „Im Moment würde ich jedoch lieber darüber reden, wie ich mich bei Lord St Claire für dieses Missverständnis entschuldigen kann.“
Falls Dolly enttäuscht war, ließ sie es sich nicht anmerken. Stattdessen lachte sie leise. „Ach, meine Liebe, Sie dürfen nicht so eifrig darauf bedacht sein, Ihr Unrecht einzugestehen. Männer lieben es, sich im Recht zu glauben, wissen Sie, und ab und zu ein wenig Demut zu zeigen, wird ihnen schon nicht schaden.“
Trotz ihrer inneren Anspannung musste Juliet lachen. „Aber in diesem Fall ist Lord St Claire doch im Recht.“
„Ich sage ja nicht, dass Sie ihn für immer bestrafen sollen, meine
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