Historical Platin Band 04
war es im mit rotem Damast ausgeschlagenen Innern warm. Wohlig lehnte Mellisynt sich in die mit besticktem Florentiner Tuch bezogenen Daunenkissen zurück, strich den Mantel glatt und harrte der Ankunft in der Residenz.
Dort angelangt, wurde die Sänfte herabgehoben, und die Kämmerlinge halfen Mellisynt zu Boden. Pagen hielten für die Herzogin der Bretagne, sie und das Gefolge Baldachine bereit, die vor dem Regen Schutz boten. Flüchtig bemerkte Mellisynt, dass sie sich im Innenhof eines eindrucksvollen, burgähnlichen Hauses befand. Von einem Diener gestützt, stieg Mellisynt sie hinauf und wurde, vorbei am Saal der Ritter, über eine Stiege im oberen Stockwerk des Palas in eine prachtvoll ausgestattete Kammer geleitet.
„Hier werdet Ihr Euch wohler fühlen“, meinte Constance lächelnd. Mellisynt nickte, beeindruckt von der Herrlichkeit, die ihr Auge schaute. Glasierte gelbe und braune Ziegel mit aufgemalten Lilienblüten bildeten den Fußboden, wunderbar ornamentierte Kasten standen an den Wänden, deren sichtbares Holzwerk farbig verziert und in den Zwischenräumen mit verschieden angeordneten Flachziegeln ausgefüllt war. Auch die niedrige Balkendecke und der Türsturz waren reich mit Malereien geschmückt. Bestickte Kissen lagen auf den Sohlbänken und den Fauteuils; dicke Wachsstöcke standen in schmiedeeisernen Leuchtern, und links vom Kamin, den Fenstern gegenüber, befand sich die auf Rollen stehende Schlafstatt.
„Ihr solltet Euch nun wieder ausruhen, Madame“, meinte Constance und lächelte sie an. „Indes wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr Euch von der übel riechenden Salbe befreitet.“
Mellisynt war so von dem bestimmenden Wesen der Herrin überwältigt, dass sie ihr willig gehorchte. Eine Magd brachte sie den Korridor entlang zum Privet, wo sie sich der stinkenden Linnen entledigte. Mit spitzen Fingern nahm die Dienerin die Tücher an sich und murmelte, sie werde sie verbrennen. Mellisynt nickte, kehrte durch den Gang zurück und betrat wieder das Gemach.
„Gut so!“, sagte Constance zufrieden. „Eine meiner Kammerfrauen wird Euch eine duftendere Salbe bringen, Madame, die Eure und meine Nase nicht so beleidigt. Und nun entspannt Euch. Ich gestatte Euch, mir Gesellschaft zu leisten, sobald Ihr Euch etwas wohler befindet. Ich verspreche Euch Unterhaltungen aller Art, die Euch belustigen werden.“
Mellisynt erwies der Fürstin die Ehre und richtete sich erst wieder auf, nachdem die Duchesse de Bretagne die Kammer verlassen hatte. Drei Kammerfrauen blieben zurück, gingen ihr beim Abstreifen der feuchten Gewänder zur Hand und legten ihr, sobald die Dienerin mit der Salbe eingetroffen war, neue Verbände an. Hurtig ging sie zum Bett, kuschelte sich unter die Decke und entließ die Mägde.
Wohlig reckte sie sich und sah im selben Moment die Tür sich öffnen. Eine der Kammerfrauen kehrte zurück, knickste tief und sagte, ein Page wünsche Madame zu sprechen.
„Wie ist sein Name?“, erkundigte Mellisynt sich verwundert.
„Colet de Montrevault, Madame.“
„Er möge eintreten“, erwiderte sie erstaunt.
Yolande bedeutete ihm, sich zu nähern.
Mellisynt sah, dass er vollkommen durchnässt war. Wasser troff ihm von den strähnigen Locken. „Was führt Euch bei diesem schrecklichen Wetter zu mir?“, fragte sie erstaunt. „Warum habt Ihr nicht im Haus auf meinen Gemahl gewartet?“
„Ich bin Euch gefolgt, Madame, da er mir aufgetragen hat, bei Euch zu verweilen.“
„Sorgt dafür“, wandte sie sich an die Dienerin, „dass der junge Herr trockene Kleidung bekommt.“
„Sehr wohl, Madame“, erwiderte Yolande und ließ ihm den Vortritt.
Der stetig herabprasselnde Regen war Richard durch die Augenschlitze des Visiers gedrungen, rann ihm über das Gesicht und sickerte am Hals entlang unter die Rüstung. Der Waffenrock hing restlos durchweicht an ihm herunter, und mehr und mehr spürte er die Nässe auf Brust und Rücken. Sein Ingrimm steigerte sich mit jedem Schritt seines Rosses, und im Stillen verwünschte er die Vasallen des Herzogs. Sollte einer von ihnen ihm nochmals das Recht streitig machen, ihm den Aufbruch gen England befehlen zu dürfen, würde er eigenhändig den aufsässigen Chevalier in den Fluss schleudern. Noch immer war die Hälfte der Schiffe, die anderntags in See stechen sollten, nicht beladen. Nicht genug damit, war er nun genötigt, sich in die Residenz des Fürsten zu begeben, wiewohl er sich auf einen erholsamen Abend in seinem Haus gefreut
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