Historical Platin Band 04
zuwidergehandelt. Ich hatte Euch geboten, das Windspiel zur Koppel zu schaffen!“
„Dort war er ja“, entgegnete Mellisynt verstimmt. „Der Aufseher der Rotte hat mir jedoch ausrichten lassen, das Tier vertrage sich nicht mit den anderen. Daher habe ich Monsieur Colet beauftragt, es herzubringen.“
„Und was gedenkt Ihr, hinfort mit dem Sloughi zu tun, Madame?“, erkundigte Richard sich erzürnt.
„Noch bin ich unschlüssig, Sieur“, antwortete sie verlegen. „Ich dachte, Ihr könntet einen Knecht mit dem Hund nach Trémont schicken. Allerdings müssten die Wunden des Tieres zuvor noch behandelt werden.“
„Dann übergebt es einem Bediensteten, der sich um es kümmern will“, erwiderte Richard stirnrunzelnd. „Ich möchte nicht, dass es sich hier aufhält.“
„Gewiss, das wäre eine Lösung“, musste Mellisynt einräumen. „Andererseits schaut der Hund mich so treuherzig an, dass ich mich nicht dazu überwinden kann, ihn fortzugeben. Ich bin es gewohnt, Sieche zu pflegen, und folglich stört es mich nicht, mich auch mit einem Tier zu befassen.“
„Dazu werdet Ihr nicht mehr die Zeit haben, Madame“, entgegnete Richard, sich nur noch mühsam beherrschend. „Mit der ersten auslaufenden Flut stechen wir morgen gen England in See. Monsieur Colet“, wandte er sich an den Pagen, „holt zwei Mägde her, die Madames und meine Bagage richten. Dann geht Ihr in das Rüsthaus und tragt Monsieur Barthélemy auf, mein Kampfwerk und das Zaumzeug meiner Rosse zu fetten. Und wenn Ihr jetzt geht, nehmt Ihr den Hund mit!“
Kalter Wind fegte um den Reisewagen und drang durch die geschlossenen Planen. Mellisynt raffte den pelzgefütterten Mantel fester um sich und lehnte sich weiter zurück. An Mademoiselle de Brissacs ständige Beschwerden gewohnt, achtete sie nicht mehr auf das unaufhörliche Gejammer ihrer Begleiterin. Es war ihr verständlich, dass der Demoiselle, nachdem sie nur kurze Zeit bei Hofe hatte weilen können, die Aussicht nicht behagte, hinfort an einem ihr unbekannten, längst nicht so von Leben erfüllten Ort verbleiben zu müssen.
Mellisynt war nicht erbaut gewesen, als sie vernommen hatte, dass Mademoiselle de Brissac sich ihr auf ausdrückliche Order der Fürstin anschließen musste. Es widerstrebte ihr sehr, die ersten Wintermonate in der Veste des Gatten mit ihr verbringen zu sollen. Sie war eifersüchtig, wenngleich sie sich zwang, das nicht zu erkennen zu geben. Es war nicht der Demoiselle anzulasten, dass die Männer, auch der eigene Gatte, ihr schöntaten.
Der Morgen graute, als der Tross an die aus dicken Bohlen gefügte Begrenzung des Flusses gelangte. Colet half Mellisynt vom Wagen, und sogleich raffte sie die Röcke, um sie vor Schmutz zu bewahren. Dann war der Page Mademoiselle de Brissac behilflich, die laut über den eisigen Wind klagend zu Boden stieg. Danach kletterte Robine hinunter, eine junge Magd, die der Gatte für Mellisynt gedungen hatte, sowie Herlève, das Kammerweib der Demoiselle.
Richard kam den von Bord ausgelegten Planksteg herüber, ging an Land und sagte: „Ihr seid rechtzeitig eingetroffen, Mesdames. Die Rosse sind bereits angebunden, und der Kielmeister drängt auf unverzügliche Abreise. Kommt, ich geleite Euch auf das Schiff. Wenn Ihr Euch einen Moment gedulden würdet, Demoiselle“, wandte er sich an sie. „Ich kehre gleich zurück und bringe Euch …“ Entgeistert hielt er inne, da plötzlich der Sloughi herbeihumpelte.
Mellisynt sah seine Miene sich verfinstern und äußerte hastig: „Auf mein Wort, Sieur! Ich wollte den Hund zurücklassen, Sieur. Aber er ließ sich nicht einfangen und lief hinter dem Wagen her.“
„Ich werfe ihn eigenhändig ins Wasser, sollte er die Rosse verstören und wild machen!“, drohte Richard.
Mellisynt enthielt sich einer Erwiderung, da es ihr geraten schien, den Gatten nicht noch mehr zu erzürnen.
Der Kielmeister war sichtlich ungehalten, als Richard mit der Gemahlin, gefolgt von dem hinkenden Windspiel, über die Laufbrücke kam. Richard befahl, den Hund an einer Verstrebung anzubinden.
Aufgeregt lehnte Mellisynt sich an die Brüstung der Außenwand und beobachtete ihn, während er an Land zurückkehrte, Mademoiselle de Brissac abholte und über die Planke an Bord führte. Neugierig schaute sie den Männern zu, die noch einige Fässer verluden und dann die Luken schlossen.
Geschäftig lösten die Schiffer von den in den weichen Untergrund gerammten Holzpfosten die Seile, warfen sie auf die Bohlen,
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