Historical Platin Band 04
schwer bewaffnete Eskorte über Land zu reiten.“
„Ja, das habe ich vernommen, Micheil. Und ich habe auch gehört, dass deine Schwester mit dieser Vergeltung nicht zufrieden ist. Unter der Clansfehde haben die Leibeigenen am meisten zu leiden.“
„Das reicht nicht. Ich habe mit meinem Blut den Vater geleisteten Eid besiegelt. Und diesen Schwur breche ich nicht, auch wenn du mich noch so anflehst!“
„Du wirst Seana nicht töten?“
„Nein, ich will keine Gewalt gegen sie anwenden.“
„Zum Heil deiner Seele hoffe ich, dass dies keine hohlen Worte waren.“ Nachdem Ailis dem Neffen diese Zusicherung abgerungen hatte, sagte sie freundlicher: „Dann hast du meinen Segen, Micheil, Seana zu suchen. Die MacKeith’ machen die Grenzen unserer Hofmark unsicher. Daher fürchte ich um Seanas Wohl.“
„Ich werde sie finden“, äußerte er nachdrücklich und ging zur Tür. „Daran besteht kein Zweifel.“
„Bring Seana zu mir zurück“, rief Ailis ihm nach. „Und gestatte ihr, die Braut Christi zu werden. Ich habe dich oft genug um deine Einwilligung ersucht. Sie ist eine reine Maid. Vergiss das nicht.“
Er grinste belustigt.
Ailis wich einen Schritt zurück und bekreuzigte sich. Micheil wirkte auf sie wie einer der an den Kapitellen des Kreuzganges zu sehenden fratzenhaften Höllenböcke. Der Ausdruck in seinen Augen war jedoch unnachgiebig und kalt und erzeugte ihr Unbehagen. „Zweifelst du daran, dass Seana noch unberührt ist?“, fragte sie scharf.
„Nein“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Ich hege indes Zweifel an ihr.“
„Was soll das heißen? Du kennst sie doch nicht.“
„O doch!“, widersprach er und lächelte flüchtig. „Ich war gestern auf der Kirmes mit ihr zusammen.“
„Du hast sie entehrt!“
„Vorläufig habe ich ihr nur einige Küsse gestohlen.“
„Vorläufig?“, wiederholte Ailis bestürzt und ging zu ihm. „Was willst du damit andeuten?“
„Ich trage mich mit der Absicht, ihr noch mehr zu rauben, wenn ich sie gefunden habe.“
Ailis entschloss sich, nun als Tante und nicht mehr als die Ehrwürdige Mutter des Benediktinerinnenkonvents zu ihm zu sprechen. „Dann soll Beelzebub dich holen, Micheil!“, ereiferte sie sich. „Ich kann nicht gutheißen, was du mit Seana vorhast!“
„Nicht er wird sich meiner bemächtigen, sondern sie“, entgegnete Micheil hitzig, verließ den Raum und strebte an der Basilika entlang zum Gästehaus. Auf dem Weg begegnete ihm Fiona mit einer Dienerin.
„Mein Gepäck ist fast zur Gänze getrosst“, sagte sie. „Ich werde mit dir reiten.“
„Ich weiß nicht, warum du Deer Convent so überraschend aufgesucht hast“, erwiderte er verärgert, „aber du wirst ohne mich nach Haus reisen. Ich habe etwas anderes zu erledigen.“
Er wollte an Bridget vorbeigehen, doch rasch vertrat sie ihm den Weg. „Ich habe verlangt, Seana zu sehen“, verkündete sie. „Ich will, dass sie zu unserer Tante gebracht wird.“
„Dafür ist es zu spät, Bridget. Sie ist verschwunden.“ Micheil ging an der Schwester vorbei, drehte sich brüsk um und ergriff sie beim Arm. Er zog sie zu sich herum und fragte scharf: „Hat Fiona dich zu dieser Visite veranlasst?“
„Nein. Ich bin aus eigenem Antrieb hergekommen. Du musst Seana finden, Micheil! Du darfst sie nicht entwischen lassen. Du hast mir ein Versprechen gegeben und Vater einen Eid geleistet. Das darfst du nicht vergessen.“
Micheil ging die Furcht, die aus Bridgets Stimme geklungen hatte, nahe. Er schmiegte die Schwester an sich und erwiderte weich: „Hab keine Angst, Bridget. Ich werde Seana nicht entkommen lassen.“
„Du hast geschworen …“
„Ja“, fiel er Bridget ins Wort und ließ sie los. „Ich weiß, dass ich durch einen Eid gebunden bin.“
Bridget blieb stehen und schaute ihm hinterher.
Ellinor beobachtete sie und hoffte, Mistress Seana MacKendrick möge die Flucht gelingen.
Micheil traf sich mit den Brüdern und berichtete ihnen, was er wusste. Er war mit ihnen einer Ansicht, dass Seana nicht zur Kirmes zurückkehren würde. Sie würde versuchen, nach Craigell Castle zu gelangen. Das war ein weiter Weg, auf dem es viele Verstecke gab. Micheil beschloss, auf weitere Männer zu verzichten, die ihm halfen, Seana aufzufinden. „Je weniger Aufmerksamkeit wir auf ihr Verschwinden lenken, desto geringer ist die Möglichkeit, dass die MacKeith’ auf den Einfall kommen, sie ebenfalls zu suchen. Wir werden uns trennen und einzeln über Land reiten. Einer von uns
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