Historical Platin Band 04
wieder in Gefangenschaft zu befinden“, erwiderte Seana verbittert. „Ich flehe dich an, James! Lass mich frei!“
Er ließ sie los, sprang auf und sagte barsch: „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns!“
Er hatte kein Mitleid, und sein Verlangen war sichtlich erloschen. Langsam erhob sie sich. Sie wusste, es war ein Fehler gewesen, ihm zu zeigen, dass sie Angst hatte. Sie konnte sie indes nicht unterdrücken. „Wie lange wird es dauern, bis du mich dem Laird von Halberry Castle übergibst?“, erkundigte sie sich verstört.
„Ich habe nie behauptet, dass ich dich ihm übergeben werde“, antwortete er und ging zum Pferd.
Hastig verschwand sie hinter der Ecke der verfallenen Kate, verrichtete die Notdurft und kehrte zurück. Er hatte den Apfelschimmel aufgezäumt, die Decke gefaltet und hinter dem Sattel festgebunden. Seana machte keine Anstalten, zu ihm zu gehen.
„Ich warte! Du weißt, dass ich nicht sehr geduldig bin!“
„Ich hoffe, eines Tages wird Satan sich deine Seele holen!“, schrie sie wütend.
„Dein Sinnen ist müßig“, entgegnete Micheil mit kaltem Lächeln. „Er hat sie bereits. Komm jetzt!“
Aufsässig blieb Seana stehen. „Nein“, weigerte sie sich, griff nach dem Dolch und merkte, dass er verschwunden war. Hastig ließ sie den Blick über die Stelle schweifen, wo sie genächtigt hatte, hob dann den Kopf und sagte zornig: „Gib mir das Messer zurück, James!“
„Bei mir ist es gut aufgehoben“, entgegnete Micheil gelassen. „Da du es gestohlen hast, konnte ich es dir ebenso gut wegnehmen. Die Klinge ist scharf genug, um jemandem die Kehle zu durchtrennen.“
„Ich bedauere, dass ich sie dir nicht durchgeschnitten habe! Du hast mir allen Grund dazu gegeben!“
„Da jetzt ich die Waffe habe, ist sichergestellt, dass du mich nicht töten kannst. Komm endlich, Seana! Der Tag ist angebrochen.“
Noch war es nicht warm, und die anhaltende Kühle der Nacht machte Seana frösteln. Ihr war klar, dass sie nicht fliehen konnte. James würde sie mühelos einholen. Sie wusste, er zog gen Norden, und wenn sie vorläufig mit ihm ritt, kam sie näher an Craigell Castle heran. Widerstrebend ging sie zu ihm und sträubte sich nicht, als er sie aufs Pferd hob.
Er schwang sich hinter ihr in den Sattel, beugte sich vor und drückte ihr einen Kuss auf den Nacken. „Halt dich gut fest, Seana!“, befahl er ihr dann. „Ich will nicht, dass du herunterfällst und dich verletzt.“
„Ich werde nicht fallen!“, erwiderte sie schnippisch und setzte sich aufrecht hin, um nicht mit ihm in Berührung zu kommen. „Aber ich verspreche dir, dass ich dir entfliehen werde!“
Er legte ihr den Arm um die Taille, drückte sie an sich und schwor sich, sie nie freizugeben.
9. KAPITEL
James ritt forsch den ganzen Vormittag hindurch. Verspürte Seana Hunger, bemühte sie sich, ihn nicht zu beachten. Nichts konnte sie dazu bringen, James um
eine Rast zu ersuchen. Moore und Wälder, Berge und Täler zogen in rascher Folge vorbei. Sehnsüchtig blickte Seana auf die strohgedeckten Dächer der Häuser, doch er hielt nicht an. Schließlich schloss sie die Augen. Sie merkte, sobald man ein Gewässer durchquerte, da dann kühles Wasser aufspritzte. Die Zeit war bedeutungslos geworden. Seana bemühte sich, an nichts anderes als daran zu denken, wie sie die Freiheit erlangen könne.
Am späten Nachmittag wurde endlich Rast gemacht und der letzte Proviant miteinander geteilt. Der leere Lederbeutel blieb zurück. Die Achtlosigkeit, mit der James ihn liegen ließ, war für Seana ein Zeichen mehr, dass er vermögend und in seiner Sippe angesehen war. Indes war nicht sicher, ob er dem Clan der MacGlendons angehörte.
Nachdem man sich gestärkt hatte, verstrich die Zeit nur langsam. Er hielt sich abseits belebter Wege. Manchmal erblickte Seana in der Ferne ein Fahrzeug und nahm an, man befinde sich in der Nähe einer Ortschaft. Dann schaute sie ihn an, doch seine Miene ließ jede Hoffnung im Keim ersticken. Sie weigerte sich, ihn nochmals darum zu bitten, sie freizulassen. Der Allmächtige würde sie nicht im Stich lassen. Sie würde eine Gelegenheit zur Flucht finden. Das hoffte sie inständig.
Die Tag neigte sich. Schließlich durchbrach Micheil das lange Schweigen: „Lehn dich an mich, Seana. Sonst tut dir bald jeder Knochen im Leibe weh.“
„Ich schmiege mich nicht an eine Natter“, erwiderte sie spitz.
„Wir werden bald bei der Fähre am Loch Ness sein.
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