Historical Platin Band 04
hielt sie an, lehnte sich an einen Baum und ließ den Kopf hängen. Tief durchatmend, wusste sie, dass sie sich hoffnungslos verirrt hatte. Zudem war sie mit den Kräften am Ende. Dunkle Wolken zogen am Mond vorbei, und sie befürchtete, ein Unwetter könne über sie hereinbrechen. Ängstlich starrte sie zum nächtlichen Himmel und betete darum, es möge nicht zu stürmen beginnen. Ihr knurrte der Magen, und nun bedauerte sie, dass sie den Mundvorrat nicht mitgenommen hatte.
„Fahr zur Hölle, James, oder wer immer du in Wirklichkeit sein magst!“, schimpfte sie erbittert, brachte indes nicht mehr die Kraft auf, die Faust zum Firmament zu recken. Sie sank auf den Erdboden und bemühte sich, die Ruhe zu bewahren. Sie musste die Kräfte sammeln, um weiterfliehen zu können. Eine andere Wahl hatte sie nicht. Noch einmal konnte sie James nicht ins Gesicht sehen. Nach allem, was sie ihm angetan hatte, war das ausgeschlossen.
Sie schämte sich, weil sie sich ihm hingegeben hatte, presste die zitternde Hand auf den Mund, um nicht vor Wut und Enttäuschung aufzuschreien, und verbannte James’ sich ihr ungebeten aufdrängendes Bild. Der Zorn verlieh ihr neuen Mut. Sie stand auf und strebte weiter. Noch einmal würde sie sich nicht gefangen nehmen lassen. Eher starb sie.
13. KAPITEL
Plötzlich stolperte Seana in einen Bach. Die Kälte des Wassers brachte jäh ihre Lebensgeister zurück. Sie löschte den Durst und fröstelte. Leichter Regen hatte eingesetzt, und am Horizont zeigte sich das erste fahle Licht. Sie raffte das feuchte Gewand fester vor der Brust zusammen, stellte den breiten Kragen auf und hastete weiter. Sie würde sich nicht geschlagen geben.
Unvermittelt nahm sie Rauch wahr. Eine Weile später kam eine Kate in Sicht. Seana flehte zu allen Heiligen, sie möge dort Schutz und Wärme finden. Schlimmstenfalls handelte es sich um ein Anwesen, das sehr weit von der Veste der MacGlendons entfernt war. Die Bewohner würden dann noch nichts davon wissen, dass Seana verfolgt wurde. Sie ermahnte sich, auf der Hut zu sein, ehe sie sich ihnen zu erkennen gab. Sie beäugte das Strohdach, den sich kräuselnden Rauch und das Gebäude, nahm jedoch nichts Verdächtiges wahr.
Sie konnte nicht weiter, ohne sich aufzuwärmen, zu stärken und auszuruhen. Sie achtete nicht auf die sie warnende innere Stimme und starrte das Gehölz neben dem Koben an. Als habe sie herausgefordert, dass die Entscheidung ihr abgenommen wurde, erschien im gleichen Augenblick ein zerlumpt gewandeter weißhaariger Mann aus dem Tann. Einem jähen Impuls folgend, lief sie zu ihm und rief: „Hast du für eine müde Reisende eine milde Gabe?“
Er blinzelte, hielt die Hand über die Augen und schaute die wie ein Guhl wirkende, sich ihm eilig nähernde Gestalt an.
Einem Zusammenbruch nahe, streckte sie ihm bittend die Hand entgegen und äußerte eindringlich: „Rasch, sag mir, auf wessen Hofgut ich mich befinde!“
„Auf meinem Land“, antwortete er und empfand Mitleid mit der Maid. Sie war in sehr schlechter Verfassung. In all den verflossenen Sommern hatte er jedoch schon Schlimmeres gesehen. „Komm und wärme dich am Herd“, erwiderte er freundlich.
„Um Christi willen, ich brauche dich, damit du Hilfe holst“, flüsterte sie und fiel auf die Knie.
Er half ihr auf die Füße und brachte sie in die Kate. „Du bist vollkommen ausgezehrt“, sagte er mitfühlend.
Im Stillen segnete sie ihn für seine Güte. Sie hockte sich nahe vor das Feuer und flehte den Mann an: „Kannst du jemand zu den MacKendricks schicken und sie auffordern, herzukommen?“
„Master Liam MacKendrick wird dir keinen Schutz gewähren, so du das angenommen hast. Er ist seinen Sassen ein schlechter Herr.“
Diese Mitteilung bestürzte sie, und verzweifelt schloss sie die Augen. Sie musste den Fremden bestechen, hatte indes nichts, das sie ihm geben konnte. Sie schob die Hand unter den Umhang und berührte den James gestohlenen Hirschfänger. Der Dolch war kostbar genug, ihr zu dem zu verhelfen, was sie verlangte. „Glaub mir, Master Liam wird herkommen“, widersprach sie. „Richte ihm aus, Seana kehre heim. Ja, teile ihm das mit, alter Mann. Sag ihm, seine Schwester sei hier.“
Angus hatte ihr ein Schaffell um die Schultern legen wollen und ließ es jäh fallen. Er bekreuzigte sich und starrte das Weib an.
Da er schwieg, drehte sie sich zu ihm um und schaute ihn an. Fast hätte sie laut aufgelacht. Er starrte sie an, als
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