Historical Platin Band 04
freundlich, sanft, schön und klug ist.“
„Warum fragst du mich erst, wenn du es selbst weißt?“
„Weil das genau die Gründe sind, weshalb auch mir so viel an ihr liegt.“
Die Miene des Jungen blieb hart und unversöhnlich. „Wenn dir so viel an ihr liegt, weshalb hast du ihr dann Gewalt angetan?“
„Das habe ich nicht getan. Ich habe sie geliebt, und sie hat mich geliebt.“ Er blickte dem Jungen direkt in die Augen. „Sie hat sich für mich entschieden, Adelar. Ich habe sie zu nichts gezwungen.“
Zornerfüllt sprang Adelar auf. „Ich glaube dir kein Wort!“
„Dann werde ich es dir selbst sagen.“
Einar drehte sich um und sah Meradyce herankommen. Sie war vollständig angekleidet und in einen warmen Umhang gehüllt.
„Setze dich wieder“, sagte sie zu dem Jungen.
Adelar hob zum Widerspruch an, setzte sich dann jedoch, wenn auch widerwillig.
Meradyce ließ sich neben ihm nieder und blickte ihm unverwandt ins Gesicht. „Adelar, ich habe Einar sehr gern. Du weißt inzwischen, was für ein Mensch er ist, nicht wahr?“
„Jawohl! Er ist ein wilder Barbar …“
„Aus dir spricht nur dein verletzter Stolz. Einar ist ein prächtiger Krieger, wie du auch einmal einer sein wirst. Außerdem ist er ehrenhaft, loyal und gütig. Er hat mich nicht genommen, sondern ich habe mich ihm geschenkt.“
„Du kannst möglicherweise vergessen, wer du bist“, sagte Adelar verächtlich. „Ich kann das niemals.“
Einar sah, wie Meradyce’ blasses Gesicht errötete – vor Scham?
„Die Sachsen sind keine besseren Menschen als andere Leute“, stellte er leise und nachdrücklich fest und blickte den Jungen dabei ernst an. „Weißt du, wie wir zu deinem Dorf fanden, Adelar? Dein …“ Er zögerte einen Moment. „Ihr habt einen Verräter mitten unter eurem glorreichen Volk.“
„Du lügst!“
„Ich lüge niemals.“
„Dann sage mir, wer es war.“
„Frage deinen Vater.“
„Ich glaube dir kein Wort!“, schrie Adelar und sprang wieder auf. „Ich hasse dich! Ich hasse euch beide!“
Bevor sie ihn aufhalten konnten, rannte der Junge den Pfad entlang zur Siedlung zurück. Meradyce wollte ihm erst folgen, doch Adelar hatte schon einen zu großen Vorsprung, und außerdem erkannte sie, dass er jetzt allein sein musste. Voller Sorge drehte sie sich zu Einar um.
„In unserem Dorf gab es einen Verräter?“
Einar nickte und nahm sie in die Arme. „Ja.“
„Wer war es?“
„Kendric.“
Vor Entsetzten stockte Meradyce der Atem. „Kendric? Warum nur? Weshalb sollte er sein eigenes Volk verraten?“
„Er wollte, dass wir jemanden umbrachten. Dafür hat er gut bezahlt, und das Dorf allein war schon eine reiche Beute.“
„Wen solltet ihr …“ Sie unterbrach sich. „Ludella! Er wollte, dass ihr Ludella umbrachtet. Deshalb hast du auch so auf das Kruzifix gestarrt, das ich am Hals trug. Deshalb dachtest du auch, ich sei die Mutter der beiden Kinder.“ Sie schüttelte kummervoll den Kopf. „Das ist kaum zu glauben – selbst von Kendric nicht.“
„Doch du glaubst mir?“
„Selbstverständlich. Doch Adelar sollte das nicht erfahren, nein?“
„Ich hätte ihn über den Verräter informiert, bevor er wieder heimkehrte. Adelar wird sein Volk eines Tages führen, und deshalb muss er lernen, dass der Feind überall sein kann.“
Einars Vorhersage über Adelars Zukunft wird wahrscheinlich eintreffen, dachte Meradyce; der Junge war der geborene Führer, genau wie Einar. „Muss er wirklich alles erfahren?“
„Adelar ist stark genug, um die Wahrheit zu ertragen, doch das hat noch Zeit.“ Einar rückte noch näher an sie heran. „Heute Abend steht mir nicht der Sinn nach Gesprächen über Verräter.“
Meradyce lächelte ihm zu – wegen seiner liebevollen Stimme und der Zärtlichkeit in seinem Blick. Er nahm ihre Hand in seine und hielt sie ganz fest.
„Du schämst dich doch nicht etwa, oder?“, fragte er unvermittelt.
„Schämen?“
„Weil du jetzt eine Wikingerfrau bist.“
Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich, und als sie sprach, wurde es Einar sehr unbehaglich. „Adelar hat so eine Art, die Dinge auszusprechen … ja, für einen Moment mag ich mich geschämt haben.“ Sie blickte Einar in die Augen. „Dennoch könnte ich niemals etwas anderes als Stolz darüber empfinden, dass ich deine Gemahlin bin.“
Er beugte sich zu ihr und küsste sie zärtlich. „Und ich bin stolz, dein Gemahl zu sein. Komm, hier draußen ist es wirklich zu kalt.“ Hand in Hand spazierten
Weitere Kostenlose Bücher