Historical Platin Band 04
das weniger besorgte als das Wohlergehen der Kinder.
Meradyce öffnete die Tür, um zum wiederholten Mal auszuschauen, doch diesmal stieß sie einen lauten Schrei aus und rannte aus dem Haus. Einar kam, und er hielt Betha im Arm!
Ohne sich erst einen Umhang umzulegen, lief Meradyce zu ihm durch den nassen Schnee. Sie sah einen zweiten Reiter herankommen – Ull mit Adelar.
„O Einar, ihr habt sie gefunden!“, rief sie überglücklich, und dann sah sie das Gesicht ihres Gemahls. Sie blickte Betha an. „Um Himmels willen! Gib sie mir!“
Das tat er; Meradyce drückte Bethas kleinen Körper fest an ihren und rannte zu Olvas Haus zurück. Sie fühlte, wie das Fieber in dem Kind wütete, und hörte, wie die Kleine im Delirium leise fantasierte.
„Hilf mir, ihr die nassen Kleider auszuziehen“, bat sie Olva. „Und dann brauche ich kühles Wasser.“
Einar erschien in der Tür.
Meradyce blickte ihn an. „Ist Adelar auch krank?“
„Nein.“
„Gott sei Dank!“, rief sie aus tiefstem Herzen. Rasch befreiten sie Betha von den nassen Kleidern, legten sie ins Bett und breiteten die Decke über sie.
„Ich benötige meinen Korb“, sagte Meradyce zu Einar. „Den mit den ganzen Arzneien. Olva, bitte geh hinaus – und lass niemanden herein.“
„Weshalb …“, begann Olva.
„Ihre Krankheit kann ansteckend sein.“
Einar erstarrte. „Ansteckend?“, flüsterte er. Natürlich sorgte er sich um das kleine Mädchen, doch noch mehr bangte er jetzt um Meradyce.
„Ja. Und jetzt geht bitte. Einar, ich brauche meine Arzneien. Olva, halte Endredi und Adelar fern. Sie werden bestimmt herkommen wollen.“
Einar machte sich sofort auf den Weg, um den Medizinkorb zu holen, und redete sich dabei unaufhörlich ein, dass die Krankheit nicht ansteckend sein würde. Meradyce würde das kleine Mädchen heilen. Alle würden gesund werden – oder bleiben.
Als er sich wieder auf dem Rückweg zu Olvas Haus befand, sah er Adelar, der noch immer auf Ulls Pferd saß. Ull selbst war nirgends zu sehen. „Steige ab und warte auf mich“, befahl Einar mit leiser, Unheil verkündender Stimme. Er wollte erst den Medizinkorb zu Meradyce bringen und anschließend mit dem Jungen ernsthaft reden.
„Wohin, in Odins Namen, wolltest du eigentlich gehen?“, verlangte Einar von dem jungen Sachsen zu wissen. Er musste unbedingt erfahren, was Adelar zu dessen törichter, gefährlicher Handlung getrieben hatte.
„Ich wollte heimgehen“, antwortete der Junge grämlich. In Einars pelzgefütterten Umhang eingehüllt, saß er verdrossen da. Seine durchweichte Kleidung lag am Boden aufgehäuft.
„Auf dem Landweg?“, fragte Einar verächtlich.
Adelar schüttelte den Kopf. „Nein. Ich wollte die Passage auf einem Schiff kaufen.“
„Im Winter? Bist du verrückt?“
„Nein, ich bin nicht verrückt. Ich bin ein Sachse, der gegen seinen Willen gefangen gehalten wird!“
„Wie hattest du die Heimreise geplant?“
„Thorston hat mir von Kaupang erzählt, auf der anderen Seite der Küste. Das sei eine große Stadt, hat er gesagt. Ich dachte, dort würde uns sicherlich jemand über das Meer heimbringen, wenn wir genug Geld hätten.“
„So, so.“ Einar streifte seine nasse Tunika ab und zog sich eine trockene an. Halb und halb hatte er vermutet, dass Ull mit diesem Wahnsinnsplan etwas zu tun haben könnte, weil er möglicherweise beabsichtigte, die Kinder zu ihrem Vater zurückzubringen und das Lösegeld selbst einzustreichen. Anscheinend habe ich mich geirrt, gestand sich Einar ein.
„Erzählst du mir auch die Wahrheit?“, fragte er und blickte dem Jungen streng in die Augen.
Adelar zögerte keinen Moment. „Jawohl“, antwortete er fest.
Einar glaubte ihm. Er legte noch Holz nach, damit das Feuer heißer und heller brannte. „Wie wolltest du dir das Geld beschaffen?“
„Ich hatte welches.“
Einar wollte gerade zwei Becher Wein einschenken. Jetzt drehte er sich langsam um und blickte den Jungen an. „Wie hattest du es dir beschafft? Oder ich sollte vielleicht besser sagen: Woher hattest du es dir genommen?“
Adelar schwieg.
„Hast du es gestohlen?“
Der Junge blickte Einar ins Gesicht. „Ja.“
Einar reichte ihm einen Becher, der zur Hälfte mit gutem Wein gefüllt war. „Trink dies, oder du wirst auch noch krank werden.“
Adelars tapferer Gesichtsausdruck veränderte sich. „Was hat Betha? Ist sie wirklich sehr krank?“
„Das weiß ich nicht genau“, antwortete Einar aufrichtig und setzte sich neben
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