Historical Saison Band 06
Unsicherheit an. Der Wald gehörte immerhin zu Lyndhurst Chase, zu Anthonys Zuhause. Und damit auch zu ihrem eigenen Zuhause. Nichtsdestotrotz gab ihr die geladene Pistole, die sie in ihrer Tasche mit sich führte, ein Gefühl von Sicherheit.
Nach etwa zehn Minuten lichtete sich der Wald, und sie sah das Wasser des Sees im Abendlicht schimmern. Sie lief rasch darauf zu und atmete auf. Die untergehende Sonne tauchte die Wasseroberfläche in ein bezauberndes rotgoldenes Licht. Und zu ihrer großen Freude erblickte sie Stella, die genüsslich an der anderen Uferseite an den Schilfrohren schnupperte.
Im ersten Moment wollte sie laut nach ihr rufen, hielt sich dann jedoch zurück. Stella war beinahe taub und blind. Stattdessen lief Georgie am Ufer des Sees entlang auf die Hündin zu. Als sie Stella fast einholt hatte, versuchte die alte Setterhündin gerade, mit der Schnauze voran ein Loch zu erkunden. Georgie kam näher und schrie so laut wie möglich „Stella!“
Verwundert blickte sich die Hündin um, in jede Richtung, nur nicht in die richtige. Lächelnd lief Georgie weiter auf das Tier zu. „Komm her, du übelriechende alte Dame, bevor dein Herrchen merkt, dass wir zwei hier draußen im Wald herumstreunen!“
Diesmal schien Stella zu merken, aus welcher Richtung die Stimme gekommen war. Sie trottete langsam auf Georgie zu und schnüffelte an ihren Händen. Ganz sachte zog Georgie das Krawattentuch heraus, das sie eilig aus einer von Anthonys Schubladen genommen hatte, und befestigte es an Stellas Halsband. Die alte Hündin folgte ihr bereitwillig, wenn auch sehr gemächlich. Ein wenig zu spät wurde Georgie klar, dass der Heimweg weit mehr Zeit als der Hinweg in Anspruch nehmen würde. Sie drehte sich um, um zu sehen, ob das Haus von hier aus zu erkennen war.
Dann erblickte sie in der Ferne eine Gestalt am anderen Ufer. Das musste Cassie sein. Georgie winkte wie verrückt. Dann stellte sie mit übertriebenen Gesten pantomimisch eine schwerfällige und behäbige Gangart dar. Die kleine Gestalt am anderen Ufer winkte zurück.
Ermutigt machte sich Georgie mit Stella auf den Heimweg. Doch ihr wurde rasch bewusst, dass sie einen entscheidenden Fehler gemacht hatte. Vor lauter Eile, Stella einzufangen, hatte sie sich nicht genau eingeprägt, welcher der Pfade direkt zurück zum Haus und aus dem Wald hinaus führte. Inzwischen setzte die Dunkelheit ein, sodass alles anders aussah als zuvor. Sie murmelte ein paar undamenhafte Flüche, während sie die verschiedenen Wege musterte, die wieder in den Wald hineinführten. Sie wusste nicht mehr genau, auf welchem sie hergekommen war.
Einer der Pfade schien direkt zurückzuführen, aber der Weg, auf dem sie gekommen war, hatte eine Menge Kurven gemacht und war von zahlreichen anderen Wegen gekreuzt worden. Die Bäume standen dicht, und es war unmöglich, das Haus im Blick zu behalten. Daher schien es ihr am besten, einem der breiteren Hauptwege zu folgen. Irgendwohin musste er ja schließlich führen. Vielleicht erreichte sie auf diese Weise eine der Auffahrten nach Lyndhurst Chase. Wenigstens hatte sie Stella gefunden. Und wenn sie sich streng an einen der Hauptwege hielt, konnte sie sich nicht allzu weit von ihrem Ziel entfernen.
Mit finsterer Miene beobachtete Anthony, wie John sich wegdrehte und aus dem Bibliotheksfenster nach draußen starrte. Er hatte ihn noch nie derartig angespannt erlebt. Dieser gottverfluchte William! Zum Teufel mit ihm! Marcus und er hatten absichtlich gewartet, bis sie vom Ausritt zurück waren und ihn allein sprechen konnten. Townend war nach oben in die Kuppel gestiegen, um nach Cassie zu sehen, aber auch ihm musste man bald die Wahrheit offenbaren, ebenso wie all den anderen.
Er wartete ab.
Schließlich drehte sich John wieder zu ihnen um. „Es tut mir furchtbar leid, Anthony, Marcus. Es ist alles meine …“
„Es ist überhaupt nicht deine Schuld!“ Anthony platzte der Kragen. „Du hast alles für ihn getan, was man sich nur vorstellen kann!“
John schüttelte den Kopf. „Ich habe es nicht geschafft, ihn von solchen Taten abzuhalten“, sagte er verbittert.
„Er hat seine eigenen Entscheidungen getroffen, John“, beschwichtigte ihn Marcus. Ruhig stand er neben dem Kamin und lehnte sich mit einem Arm gegen den Sims. „Du konntest nichts dagegen ausrichten. Aber die entscheidende Frage bleibt – was sollen wir jetzt mit ihm tun? Wie Anthony eben erläutert hat, haben wir keine konkreten Beweise. Nichts, was vor Gericht
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