Historical Saison Band 08
verhüllt zu sehen.
Er ließ die Unterwäsche fallen, atmete tief durch und zwang sich, vernünftig zu sein. Sie war nur eine Frau und noch dazu eine, die er nicht einmal kannte. Das Letzte, was er oder sie brauchen konnten, war, dass er sie begehrte.
Er ließ die Wäsche am Boden liegen und griff nach dem nächsten Kleidungsstück. Ein Mieder. Erneut strömte ihm Lavendelduft entgegen. Er stellte sich vor, wie der Stoff ihre Brüste umschloss.
Reiner Wahnsinn!
Er ließ auch das Mieder fallen und trat ans Fenster, das er weit öffnete, um die frostige Abendluft einzuatmen. Seine ungewollte Leidenschaft für die fremde Frau musste er dringend abkühlen.
Seine Reaktion war absurd. Niemals hatte er so heftig auf Suzanne oder irgendeine andere Frau reagiert. Er hatte Suzanne beschützen und in Ehren halten wollen. Zwar hatte er es genossen, mit ihr zu schlafen, doch er hatte sie niemals so rasend begehrt wie es jetzt bei dieser Unbekannten der Fall war. Nie.
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen inakzeptablen Gedanken. „Herein“, rief er, ohne sich vom geöffneten Fenster zu entfernen.
„Mylord“, sagte Mrs Drummond, „die junge Dame ist aufgewacht.“ Sie senkte ihre Stimme. „Leider erinnert sie sich noch immer nicht daran, wer sie ist.“
„Ich glaube, ihr Name ist Felicia, oder ihre Mutter heißt so. Wenn sie so heißt, ist sie vermutlich mit Edmund verheiratet. Andernfalls handelt es sich bei ihm um ihren Vater.“
„Oh“, entgegnete Mrs Drummond, die weiter ins Zimmer trat und auf den Reisekoffer und die fallen gelassene Unterwäsche zuging. Sie hob die Sachen auf. „Die Kleidungsstücke sind teuer.“
„Ja, in der Tat“, bestätigte Guy, der sich endlich umdrehte und seine Haushälterin ansah.
Mrs Drummond nahm das Kleid und drehte den Stoff nach links. „Sehr gut verarbeitet. Nicht gerade der letzte Schrei, aber von hervorragender Qualität.“
„Das habe ich mir auch schon gedacht“, bemerkte Guy trocken. Er lächelte müde. „Offensichtlich handelt es sich um eine wohlhabende Dame, wer auch immer sie ist.“
„Alle Kleidungsstücke sind schwarz, ebenso wie die Sachen, die sie angehabt hat“, stellte Mrs Drummond fest.
„Ja“, bestätigte Guy ernst.
„War Schmuck dabei?“ Mrs Drummond faltete die Kleidung wieder zusammen und legte sie zurück in den Reisekoffer, bevor sie sich dem Köfferchen zuwandte. Sogleich entdeckte sie den goldenen Ring, der daneben auf dem Tisch lag. Sie hob ihn hoch und blinzelte bei dem Versuch, etwas zu entziffern.
Guy erbarmte sich ihrer schwachen Augen. „Es sind nur die Namen Felicia und Edmund eingraviert.“
Mrs Drummond sah ihn erstaunt an. „Kein Liebesspruch?“
Guy schüttelte den Kopf. Erstmals kam ihm in den Sinn, dass ein Kosewort oder Liebesspruch hätte eingraviert sein können. „Vielleicht ist es nur ein Freundschaftsring.“
„Oder ein Ring, der bei einer Vernunftehe überreicht wurde.“
„Das ist auch möglich.“
Mrs Drummond hielt das Schmuckstück nach wie vor in der Hand. „Die junge Dame wünscht, mit Ihnen zu sprechen. Zeigen Sie ihr den Ring. Vielleicht hilft er ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.“
„Je eher sie sich erinnert, wer sie ist, desto besser.“ Guy nahm den Ring und verließ den Raum.
Wenig später klopfte er an die Tür des Sylphiden-Zimmers, öffnete aber bereits, bevor die Frau geantwortet hatte.
Sie lag halb aufgerichtet auf dem Bett, gegen mehrere Kissen gelehnt. Ihr Haar breitete sich wie ein Fächer um sie herum aus. Eine einzelne Kerze brannte, und die orangeroten Flammen des Kaminfeuers tauchten den Raum in ein warmes Schummerlicht, in dem ihre Haarpracht kupfern, golden und bronzefarben leuchtete. Er sehnte sich danach, mit seinen Fingern durch die seidigen Locken zu fahren.
Ich scheine den Verstand zu verlieren, schalt er sich.
Sie beobachtete, wie er auf sie zukam.
Groß, mit selbstbewusst angehobenem Kinn und edlen Zügen war er ein Aristokrat vom Scheitel bis zur teuren Ledersohle. Ein kurzer schwarzer Bart milderte seine kantigen Züge. Sein Mund war groß und wohlgeformt, das genaue Gegenteil von dünn und verkniffen. Sie hielt einen Moment in der Betrachtung inne und überlegte, woher dieser letzte Gedanke gekommen war. Kannte sie einen Mann mit dünnem, verkniffenem Mund?
Er stellte sich zwischen sie und das Kaminfeuer, sodass sein Schatten auf das Bett fiel. Aus dieser Entfernung schienen seine Augen ebenso dunkel zu sein wie seine Brauen, die er angespannt
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