Historical Saison Band 08
ausgegangen, eine Anstellung zu bekommen“, räumte sie schließlich ein. „Es muss dennoch eine Alternative geben. Ich bin eine gute Näherin und könnte von Schneiderarbeiten leben.“
„Jetzt greifst du aber wirklich nach dem letzten Strohhalm, Felicia. Du musst mich heiraten, oder du wirst verhungern.“
Sie schloss die Augen und wünschte, auch ihre Ohren vor seinen Worten verschließen zu können. Ihre Stimme bebte. „Ich kann immer noch zurück zu meinem Vater gehen. Es wird ihm nicht gefallen, aber er kann mich nicht rauswerfen.“
„Das kann und wird er“, widersprach Guy verärgert. „Du weißt vermutlich noch nicht, dass er längst einen neuen Ehemann für dich ausgesucht hat.“
Sie zuckte zusammen. „Was?“ Ihr kam ein schrecklicher Verdacht. „Woher weißt du das?“
„Weil Dunston es mir gesagt hat.“
„Er hat dich ausgesucht?“, fragte sie erschüttert.
„Ja.“
Sie sank in den Sitz zurück. „Er ist zu weit gegangen“, flüsterte sie, und ihr kam ein schrecklicher Gedanke. „Also deshalb hast du mir einen Antrag gemacht.“
Er schwieg.
Sie drehte sich zur Seite und wünschte, von der Kutsche zu springen und Guy nie mehr in die Augen sehen zu müssen. Ohne seine Schuld war er mit in die Abgründe ihres Lebens gezogen worden. Und nun hatte ihr Vater auch noch versucht, ihn zu einer Ehe mit ihr zu zwingen.
Als sie sich wieder ein wenig gefasst hatte, sagte sie: „Es tut mir wirklich leid.“
„Das muss es nicht“, erwiderte er knapp. „Dein Vater kann mich zu nichts zwingen, was ich nicht selbst möchte. Der Antrag ist allein meine Sache.“
Wie betäubt saß Felicia da. „Warum?“, fragte sie schließlich.
Er zuckte mit den Schultern, und der Wind bauschte seinen Wintermantel auf. „Jedenfalls nicht um eines Erben willen.“
„Warum dann?“, wiederholte sie ihre Frage und wünschte sich wider besseres Wissen, er würde beteuern, dass er sie liebte.
„Wie ich bereits erklärte, handelt es sich um eine Frage der Ehre.“
„Ehre und nichts anderes?“
Abrupt brachte er den Phaeton am Rand der Straße zum Halten. Dann zog er sie an sich und küsste sie ungestüm. „Leidenschaft, Felicia, eine Leidenschaft, wie ich sie nie zuvor gekannt habe.“
Sie erwiderte seinen Kuss, obwohl ein Teil ihres Herzens blutete. Leidenschaft, keine Liebe. Für ihn war es nie Liebe gewesen. Aber wenigstens empfand er überhaupt etwas für sie, ein machtvolles Gefühl, aus dem vielleicht eines Tages Liebe werden konnte.
Als er sie endlich losließ, war ihr ganz schwindelig zumute. Glücklicherweise hielt er sie noch am Arm fest, sonst wäre sie zu Boden gefallen. Alles in ihrem Kopf schien sich zu drehen.
„Deshalb heirate ich dich, Felicia“, sagte er, und seine tiefe Stimme klang heiser.
Sie sah ihn aus großen Augen an. Eine solche Anziehung, wie sie zwischen ihnen herrschte, war immerhin ein Anfang. Liebe würde folgen.
„Ich nehme deinen Antrag an“, flüsterte sie.
„Du wirst es nicht bereuen, Felicia. Das verspreche ich dir.“
Sie nickte nur stumm, denn sie konnte ihm nicht von ihrer geheimen Hoffnung erzählen.
Am späten Nachmittag, als die Dämmerung bereits eingesetzt hatte, bogen sie in die Rotunde von The Folly ein. Da Oswald noch in London war, kam ihnen ein Lakai entgegen. Felicia war rasch wieder in dem vertrauten Sylphiden-Zimmer untergebracht, wo sie sich müde auf das Bett fallen ließ. Sie fühlte sich, als ob sie nach einer langen und gefahrvollen Reise nach Hause zurückgekehrt wäre.
Mit dem Gefühl, sich in Sicherheit zu befinden, schlief sie sofort ein.
Ruckartig fuhr Felicia aus dem Schlaf hoch. Sie richtete sich auf, und ihr wurde klar, dass sie in ihren Reisekleidern auf der Tagesdecke eingeschlafen war. Im Kamin brannte ein Feuer, das für eine angenehme Wärme sorgte.
Sie bemerkte eine Bewegung. Guy. Er hatte einen Stuhl an ihr Bett gezogen und betrachtete sie.
„Ich wollte dich nicht aufwecken“, sagte er. „Aber vielleicht ist es besser so. Es sah nicht gerade bequem aus. Offensichtlich warst du so erschöpft.“
Sie erhob sich. „Weshalb bist du hier?“
Er stand ebenfalls auf und zog eine kleine Samtschatulle aus seiner Tasche. „Ich wollte dir das hier geben.“
Ungeschickt öffnete sie die Schatulle. Im Inneren funkelte ihr ein herrlicher Ring mit großem Rubin entgegen.
„Ein Ring?“
Er nickte. „Der Verlobungsring der Chillings.“
„Er ist wunderschön“, sagte sie leise. „Ich kann ihn nicht tragen. Was,
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