Historical Saison Band 09
mehrere von den Gästen nach den Neuankömmlingen um und nicht wenige Männer betrachteten Esme mit unverhohlener Bewunderung.
Quinn konnte sich denken, was ihnen durch den Kopf ging. Sie fanden Esme schön und begehrenswert. Und sie würden sie liebend gern in ihr Bett locken, wenn ihnen sich die Gelegenheit bieten würde.
Plötzlich wurde er von Eifersucht gepackt, heftig und ungewohnt, und er funkelte die Männer finster an, als wären sie Diebe, die ihm seinen kostbarsten Besitz stehlen wollten.
Nicht, dass Esme seiner Hilfe bedurfte. Sie konnte einen Mann mit einem Blick und einigen gewählten scharfen Worten in seine Schranken weisen, wenn sie das Gefühl hatte, man wollte sie beleidigen.
„Hier entlang, Madam, Sir“, sagte der Gastwirt, nachdem sie den ersten Stock erreicht hatten. Er öffnete die Tür zu einem kleinen, aber gemütlich ausgestatteten Zimmer. Zwar gab es eine Kommode und einen Waschtisch, doch den meisten Raum nahm ein großes, mit Vorhängen versehenes Himmelbett ein, das aussah, als wäre es mindestens zweihundert Jahre alt. „Wann möchten Sie zu Abend essen?“
„Um acht Uhr“, erwiderte Quinn, während Esme zum kleinen Fenster hinüberging und auf den Hof hinuntersah. „Frühstücken werden wir um sechs.“
„Wie Sie wünschen, Mylord. Die Stiefel stellen Sie bitte vor die Tür zum Putzen, wenn Sie so freundlich sein möchten.“
„Danke.“
Mit einem Nicken verließ der Gastwirt das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Quintus MacLachlann befand sich in einem Raum mit einem großen, wahrscheinlich sehr gemütlichen Bett.
Und einer schönen Frau, die ihn verabscheute.
Aus dem Augenwinkel beobachtete Esme, wie MacLachlann auf das Himmelbett zuging und die Hand auf die braune Wolltagesdecke legte, als wolle er prüfen, ob es weich war oder stabil genug.
Lieber Himmel, er dachte doch wohl nicht … „Sie werden selbstverständlich auf dem Boden schlafen heute Nacht“, sagte sie, während sie sich zu ihm umwandte.
MacLachlann ließ sich ungerührt auf die Matratze fallen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine an den Knöcheln gekreuzt. Dabei hatte er noch immer seine Stiefel an.
„Haben Sie vergessen, dass wir angeblich miteinander verheiratet sind?“, fragte er, als hielte er sie für schwer von Begriff.
Erbost blickte sie wieder aus dem Fenster. „Angeblich“, betonte sie. „Sie sind der letzte Mann auf Erden, den ich je …“
Ein Bild erschien ungebeten vor ihrem inneren Auge: Quintus MacLachlann in derselben Haltung auf dem Bett, nur nackt und lächelnd mit einem einladenden Blick …
„Den Sie je was?“, ermutigte er sie. Seine Stimme klang tief und ein wenig heiser, und seltsamerweise sehr dicht hinter ihr.
Esme fuhr zusammen. War er aufgestanden?
Wo er auch sein mochte, er sollte nicht wissen, dass sie sich dafür interessierte, wo er gerade war. Also wandte sie nicht einmal den Kopf, um in den kleinen Spiegel über dem Waschtisch zu schauen.
„Den ich je heiraten würde“, fuhr sie fort. „Wenn Sie das Beste sind, was ich mir erhoffen könnte, bleibe ich liebend gern unverheiratet. Sie sind mir zu anmaßend, unhöflich, grob und ungesittet. Wie ja auch Ihr Benehmen in der Kutsche bewiesen hat.“
„Ich nehme an, Sie beziehen sich auf den Kuss.“
Natürlich bezog sie sich darauf. Wie konnte er nur denken, sie hätte eine so freche Vertraulichkeit genossen?
Nur, dass sie genau das getan hatte, und zwar viel zu sehr. Selbst jetzt musste sie ständig daran denken und fragte sich, ob sie dasselbe Verlangen, dieselbe Erregung empfinden würde, wenn er sie wieder küsste. „Ich beziehe mich auch auf Ihre unverschämte Art, mich anzureden. Und auf Ihre respektlos lässige Haltung.“
„Du meine Güte!“, rief er spöttisch wie immer. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass sogar meine Körperhaltung mich in Ihren kritischen Augen zum Unhold verdammt.“
Entschlossen, sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen, drehte Esme sich um und stellte leicht erschrocken fest, dass er nicht weit von ihr entfernt stand und aussah wie der Inbegriff des attraktiven Gentleman. Aber natürlich war er kein Gentleman.
Und sie war kein lockeres Mädchen, sondern Jamie McCallans Schwester und eine tugendhafte Frau, die erwartete, dass man sie mit Respekt behandelte. „Ihre Redeweise ist äußerst unpassend, genau wie jener Kuss.“
„Unpassend, aber angenehm.“
„Für Sie vielleicht, nicht für mich.“
Sein Lächeln vertiefte sich.
Weitere Kostenlose Bücher