Historical Saison Band 12
getan?“
„Zunächst einmal mussten wir die Dokumente zurückbeschaffen, das hatte höchste Priorität. Einer meiner Sergeanten hat den Franzosen verhaftet. Dabei kam es zu einem Handgemenge. Die Leute in der Kneipe, die es für den Streit zwischen zwei Gästen hielten, haben sich eingemischt, und die Verhaftung endete in einer Schlägerei, während deren es dem Mann im Mantel gelungen ist, zu entkommen.“
„Mein Vater war davon überzeugt, dass du diesen Mann absichtlich hast entkommen lassen.“
„Ach ja?“ Richards Miene war verschlossen. „Vielleicht habe ich das.“
„Warum?“
„Weil ich ihn erkannt habe. Es war Johnny.“
„Das kann nicht sein! Wieso bist du dir so sicher? Eine dunkle Taverne, ein Mantel, ein Hut. Wie konntest du ihn da eindeutig erkennen?“
„Ich habe sein Gesicht flüchtig gesehen.“
„Pah! Flüchtig. Unter dem Hut!“
„Der Hut gehörte eindeutig Johnny. Ich habe ihn wiedererkannt. Es war ein alter Filzhut, den er in Spanien oft zum Schutz vor der Sonne getragen hat. Er sah albern damit aus, wir haben oft Scherze darüber gemacht, aber er hat ihn trotzdem getragen.“
„Solche Hüte gibt es gewiss zuhauf. Deverell, das überzeugt mich nicht.“
„Das ist ja auch noch nicht alles.“
„So? Dann erzähl weiter.“
„Ich habe zwar tatsächlich dafür gesorgt, dass seine Flucht gelang, ihn aber trotzdem im Auge behalten. Als er zur Tür hinauslief, stieß einer der Männer aus der Kneipe gegen ihn und hat ihm dabei den Hut vom Kopf gerissen. Und Johnnys rotes Haar war unverkennbar.“
So schnell gab sich Lexi indes nicht geschlagen. „Wir sind nicht die einzige rothaarige Familie in England. Dein Mann könnte auch Ire gewesen sein. Hunderte von Iren leben in der Stadt.“
Richard fuhr fort, als hätte sie nichts gesagt. „Ich nahm die Dokumente an mich und ließ den Franzosen abführen. Danach ging ich zu unserer Wohnung und fand Johnny über dem Tisch zusammengesunken vor. Er hatte sich ganz offensichtlich erschossen.“
Lexi stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Richard den Rücken zukehrend, meinte sie bedrückt: „Das ist das Einzige, was ich nicht bestreiten kann. Johnny starb in jener Nacht, und ich glaube dir, dass du es wie einen Unfall hast aussehen lassen, in der Annahme, du würdest uns damit schonen und öffentliche Schande ersparen.“
„Danke“, sagte er mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme.
Sie wirbelte herum. „Alles andere aber glaube ich nicht!“
„Zur Hölle, was willst du denn noch? Warum sollte sich Johnny wohl sonst erschossen haben? Er hat nicht damit gerechnet, in der Taverne auf mich zu treffen. Sicher hat er gewusst, dass ich ihn erkannt habe und dass ihm die Flucht nur vorläufig gelungen war.“ Richard vergrub das Gesicht in den Händen. „Oh Gott, Alexandra“, sagte er mit erstickter Stimme. „Wie glaubst du wohl, war mir zumute, als ich ihn fand? Wenn es eine andere Lösung gegeben hätte, denkst du nicht, ich hätte mit beiden Händen danach gegriffen?“
„Johnny war kein Verräter“, wiederholte sie beharrlich.
Richard sah auf. „Die Dokumente, die an diesem Abend verkauft werden sollten, waren den ganzen Tag über in Johnnys Obhut gewesen“, sagte er bedächtig. „Ich habe sie am Nachmittag selbst auf dem Tisch liegen sehen. Wir haben sogar darüber gestritten, weil ich verärgert war, dass er sie so sorglos herumliegen ließ.“
Vor Schreck über diese Hiobsbotschaft wurden Lexi die Knie weich, und sie setzte sich rasch. Richard schenkte ihr ein weiteres Glas Wein ein. „Hier, trink.“
Sie nahm das Glas und nippte daran, ehe sie es ihm wieder gab.
Richard stellte das Glas zur Seite. „Ich wünsche von ganzem Herzen, es wäre anders, aber Johnnys Schuld ist erwiesen. Als ich mir dies eingestehen musste, war ich ebenso entsetzt, wie du es jetzt bist. Und ich bin es noch. Es ist, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Monatelang grüble ich schon, was ihn zu dieser Tat getrieben hat. Doch es bleibt uns nichts weiter übrig, als uns damit abzufinden, dass er schuldig war, und zu versuchen, ihm zu vergeben.“
Lexi sprang auf. „Sei doch kein solcher Narr!“, rief sie. „Es gibt nichts zu vergeben. Ja, ich bin entsetzt, und ja, ich bin auch außer mir. Aber ich bin nicht wahnsinnig. Und ich müsste schon meinen Verstand verloren haben, um mich aufgrund dessen, was du mir erzählt hast, damit abzufinden, dass Johnny schuldig war.“
„Dein Vater war anderer
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