Historical Saison Band 12
endlich eine Familie zu gründen. Aber nun …“ Sie winkte aufgebracht ab. „Richard hat mich gebeten, freundlich zu dir zu sein. Doch das fällt mir schwer. Ich bin keine Heilige. Ich kann nicht bei dir bleiben, sonst sage ich nur noch weitere Dinge, die ich besser für mich behalten hätte.“
Lexi blickte sie aus großen, von Kummer getrübten Augen an. „Ich bedaure, dass Sie wütend auf mich sind. Allerdings habe ich Richards Mitleid nie gewollt. Er hätte es sich besser für meinen Vater aufgespart. Das können Sie wohl aber nicht verstehen.“
„Nein, und ich glaube auch nicht, dass ich es jemals verstehen werde, warum du ausgerechnet gegen Richard solch schwere Anschuldigungen erhebst. Wie konntest du ihm das nur antun?“ Sie blickte Lexi einen Augenblick an, dann schüttelte sie den Kopf. „Es hat keinen Zweck. Ich werde Murdie holen. Ich kann nicht länger bei dir wachen.“
Die Tür fiel hinter ihr zu, und Lexi schloss, am ganzen Körper zitternd, die Augen. Seit ihre Welt aus den Fugen geraten war, hatte sie das Gefühl der Panik und des Verlustes nie ganz losgelassen. Nun brandete es erneut mit aller Macht auf und nahm von ihr Besitz. Warum hatte Richard um ihre Hand angehalten? Damals hatte sie geglaubt, er liebe sie so sehr wie sie ihn …
Der Moment, da er ihr den Antrag gemacht hatte, war ihr mit schmerzlicher Klarheit ins Gedächtnis gebrannt. Wie dumm war sie doch gewesen, zu glauben, er hege tiefere Gefühle für sie!
Als Richard damals in die Bibliothek gekommen war, hatte sie am Schreibtisch gestanden, um die Papiere ihres Vaters zu ordnen. Von Weinkrämpfen geschüttelt, musste sie ihre Arbeit immer wieder unterbrechen, denn das Bild ihres Vaters, zusammengesunken über eben jenen Papieren, stand ihr ständig vor Augen …
„Oh, Alexandra. Du solltest dieses Zimmer nicht allein aufsuchen“, sagte Richard beim Eintreten.
Blind vor Tränen wandte sie sich ihm zu, worauf er sie tröstend in die Arme nahm. Als sie den Kopf an seine Brust legte, fühlte sie sich wunderbar geborgen. Schon am vorangegangenen kummervollen Tag hatte er ihr zur Seite gestanden, den Dienstboten Anweisungen erteilt und dafür gesorgt, dass man sich um sie kümmerte. Indes hatte sich keine Gelegenheit für ein Gespräch ergeben.
Sie in den Armen haltend wartete er, bis sie sich wieder gefasst hatte, ehe er sie zum Sofa vor dem Kamin geleitete. „Dir scheint kalt zu sein. Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“
„Ich weiß nicht. Ist es wichtig?“
„Natürlich. Ich lasse dir etwas bringen.“
Nachdem sie wenig später ein paar Bissen verspeist und ein paar Schlucke Wein getrunken hatte, fragte er: „Ist dir jetzt besser?“
Sie nickte, und ihre Hände ergreifend lächelte er dieses besondere, liebevolle Lächeln, das er sich ganz allein für sie aufzusparen schien. Es entfaltete wie gewöhnlich seinen Zauber, und für einen Augenblick vergaß sie all ihren Kummer.
„Was wolltest du denn am Schreibtisch?“
„Papas Papiere sortieren.“
„Darum sollten sich besser die Anwälte deines Vaters kümmern. Du solltest dich schonen.“
„Das geht nicht“, widersprach sie. „Wenn ich die Papiere nicht ordne, wird Mark sich bestimmt darum kümmern wollen. Er war heute Morgen hier, als ich hereinkam. Ich kann es ihm nicht verübeln, schließlich ist er der Erbe. Obgleich er immer noch wie ein Fremder für mich ist. Und diese Papiere waren das Letzte … das Letzte, was Papa vor seinem Tod gelesen hat. Daher will ich mich darum kümmern.“
„Soll ich die Papiere für dich ordnen?“
Einen Moment sah sie ihn nachdenklich an. „Ja, gut“, sagte sie schließlich. „Du hast meinem Vater sehr nahegestanden. Aber du hast bereits so viel für mich getan. Und ich habe keinen Anspruch auf dich oder deine Zeit.“
Ernst blickte er sie aus grauen Augen an. „Du irrst, Alexandra. Du hast jeden Anspruch auf meine Zeit und alles andere von mir.“
Verwirrt schaute sie zu ihm auf.
„Ich verspüre schon lange den Wunsch, dich zu heiraten. Dein Vater hat das gewusst. Und ich möchte, dass unsere Hochzeit so schnell wie möglich stattfindet. Sagst du Ja? Wirst du mir vertrauen?“
Lexi zögerte nicht einen Augenblick. Von einer Welle des Glücks überflutet, die ihren Kummer ertränkte, warf sie sich ihm in die Arme. „Richard, oh Richard! Natürlich sage ich Ja. Das weißt du doch. Ich werde dich heiraten, sobald du es möchtest. Aber müssen wir nicht warten? Die Nachbarn werden sicher
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