Historical Saison Band 15
draußen.“
Wyn nickte reuevoll. „Ich verspreche es. Der Regen war kalt, und ich hatte Angst, der Wind würde mich ins Meer wehen.“
„Warum bist du weggelaufen?“ Die Frage schien Caroline fast gegen ihren Willen zu entschlüpfen.
„Ich habe dich und Papa schreien hören. Ihr habt was über mich gesagt, und ich dachte, ich bin schuld daran, dass ihr euch streitet.“
„Nein!“, riefen Bennett und Caroline fast gleichzeitig.
Bennett warf ihr einen Blick zu, der sie dazu bringen sollte, das Kind zu beschwichtigen. Obwohl er als einer der besten Redner im Oberhaus galt, war er nicht sicher, ob er einem kleinen Jungen diese komplizierte Situation erklären konnte. Deshalb hoffte er, dass Caroline die richtigen Worte finden würde.
Sie atmete tief ein und strich Wyn eine seiner braunen Locken aus der Stirn. „Dein Papa und ich haben uns nicht wegen dir gestritten, Liebling. Das Einzige, bei dem wir völlig einer Meinung sind, ist sogar, was für ein großartiger Junge du bist und wie sehr wir dich lieben. Stimmt das nicht, Bennett?“
„Ganz richtig.“ Es fiel ihm sehr schwer, seine Gefühle zuzugeben, aber er musste ihr zeigen, dass er dazu fähig war. „Wir beide … lieben dich mehr als alles andere auf der Welt.“
Der Kleine runzelte die Stirn. „Warum habt ihr euch dann so böse angeschrien?“
„Nun …“ Caroline seufzte leise. „Unsere Liebe für dich ist das Wichtigste, das wir gemeinsam haben. Aber abgesehen davon sind wir sehr unterschiedlich, weißt du. Uns gefallen verschiedene Dinge … wir haben verschiedene Ziele. Manchmal machen uns diese Unterschiede sehr wütend aufeinander.“
Wyn nickte, schien aber mit ihrer Erklärung noch nicht ganz zufrieden zu sein. „Ich habe euch noch nie vorher so streiten hören.“
„Das … ist wahr.“ Obwohl Caroline mit dem Jungen sprach, war auch Bennett seltsam neugierig, was sie sagen würde. „Sehr oft, wenn Menschen böse aufeinander sind, vielleicht weil ihre Gefühle verletzt wurden, sprechen sie überhaupt nicht miteinander. Sie denken vielleicht, das würde alles nur schlimmer machen. Oder sie sind zu stolz zuzugeben, dass irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte. Vielleicht haben sie auch Angst, die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren. Aber wenn sie nie miteinander reden, kann keins der Probleme aus der Welt geschafft werden, weil einer von beiden vielleicht gar nicht weiß, dass der andere böse auf ihn ist. Oder er versteht nicht, warum.“
Bennett sah sie betroffen an. Er hatte noch nie auf diese Weise über seine Ehe nachgedacht. Und doch klang vieles von dem, was seine Frau sagte, überzeugend. Er hatte nie versucht, mit ihr über die Kluft zwischen ihnen zu reden. Zum einen, weil er geglaubt hatte, es würde nichts nützen, zum anderen, weil er keinen Streit heraufbeschwören wollte. Doch jetzt, da der heutige Streit hinter ihnen lag, musste Bennett zugeben, dass die Bitterkeit in ihm nachgelassen hatte.
Wie es aussah, war Wyn nun davon überzeugt, dass ihn keine Schuld traf. Er entspannte sich, gab endlich seiner Erschöpfung nach und gähnte herzhaft. „Wäre es dann nicht besser“, sagte er schläfrig, „ihr würdet miteinander reden, aber ohne zu schreien?“
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, da fielen ihm schon die Augen zu.
Caroline streichelte ihm die Wange. „Wahrscheinlich.“ Ihr schien nicht bewusst zu sein, dass sie laut sprach. „Aber ich fürchte, es ist nicht immer so einfach.“
Insgeheim gab Bennett ihr recht. Es gab so vieles über sich und seine Vergangenheit, was er ihr nie verraten hatte, weil er dachte, dass es sie nicht interessieren würde. Doch einige ihrer Bemerkungen heute deuteten eher auf das Gegenteil hin. Sie hatte ihn nicht nur besser kennenlernen wollen, sie schien ihm seine Verschwiegenheit sogar übel zu nehmen. War das womöglich der Grund, weswegen sie sich ohne Bedenken anderen Männern zugewandt hatte – weil die ihr nicht weniger fremd gewesen waren als ihr eigener Gatte?
Doch es war nicht mehr wichtig, weswegen sie sich zur Untreue hatte hinreißen lassen, selbst wenn sein eigenes Verhalten dazu beigetragen hatte. Nach dem Skandal bei Almack’s ließ Caroline ihm keine andere Wahl mehr, als sich von ihr scheiden zu lassen.
Ob es nicht besser wäre, sie würden miteinander reden, ohne zu schreien … Der unschuldige, und doch so weise Ratschlag ihres kleinen Sohnes ging Caroline nicht aus dem Sinn, während sie und Bennett gemeinsam die anderen beiden
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