Historical Saison Band 15
Landgut zu prüfen, eine langweilige Pflicht, die jedoch äußerste Konzentration erforderte. Deshalb saß er an diesem Nachmittag in seiner Bibliothek, über Rechnungsbücher gebeugt, und hoffte seine Gedanken von Arabella Tatton ablenken zu können.
Doch diese Taktik war erfolglos, und so betrachtete er Hunters Ankunft als eine gewisse Erleichterung.
Der Freund inspizierte einige aufgeschlagene Buchseiten und nickte wissend. „Genug durchgestrichen und überschrieben, sodass es für einen ganzen Roman reichen würde – im Gegensatz zu deinem gewohnten peniblen Stil, Arlesford. Offensichtlich denkst du an etwas anderes – oder an jemand anderen“, fügte er hinzu und hob lächelnd die Brauen.
Ohne die Herausforderung zu beachten, starrte Dominic wieder eine Zahlenreihe an. Natürlich hat Hunter recht, gestand er sich melancholisch ein. Vor dem Beginn seiner „Prüfung“ waren die Seiten mühelos zu entziffern gewesen.
„Übrigens, ich bin hier, um dich zu warnen“, verkündete Hunter. „Und es wird dir nicht gefallen.“
Sofort dachte Dominic wieder an Arabella.
„Es geht um Misbourne“, erklärte Hunter, ergriff die Brandykaraffe und füllte zwei Gläser. „Soeben unternimmt der Earl einen neuen Annäherungsversuch.“
Beruhigt seufzte Dominic, nahm ein Glas entgegen und nippte daran, während sein Freund in den Sessel auf der anderen Seite des Schreibtisches sank.
„Er behauptet“, fuhr Hunter fort, „vor einigen Jahren habe dein Vater ein Abkommen mit ihm getroffen. Demzufolge sollen die beiden Familien verbunden werden, indem du Misbournes Tochter heiratest. Angeblich haben sie das einander sogar geschworen.“
Solche Neuigkeiten wollte Dominic nicht hören. Aber wenigstens betrafen sie nicht Arabella. „Damals waren die beiden noch jung, unverheiratet und betrunken. Mein Vater hätte mich nie gezwungen, einen Eid zu halten, der im Suff geleistet wurde. Und ich will verdammt sein, wenn ich mich von einem Ekel wie Misbourne einschüchtern lasse.“
„Mit dieser Strategie riskiert er eine ganze Menge. Anscheinend ist er wild entschlossen, diese Heirat zu erzwingen. Nimm dich in acht vor ihm, er wäre ein gefährlicher Feind.“
„Das weiß ich. Danke für die Warnung, mein Freund.“
„Um ein erfreuliches Thema anzuschneiden …“ Hunter prostete Dominic zu. „Mit deiner Miss Noir hast du gewaltiges Aufsehen erregt.“
Ohne einen Schluck zu nehmen, stellte Dominic sein Brandyglas auf den Tisch. „Was heißt das?“ Nachdem er sich so sehr bemüht hatte, um Arabellas Beförderung von Mrs Silvers Hure zu seiner Geliebten geheim zu halten … „Hast du etwas ausgeplaudert?“
Gekränkt runzelte Hunter die Stirn. „Da solltest du mich besser kennen!“
Dominic nickte. „Verzeih mir.“
„Keine Ahnung, wie es dazu kam. Jedenfalls tuschelt ganz London über dich und die mysteriöse Miss Noir. Diese Geschichte fasziniert die Leute. Verständlicherweise stellen sie Fragen.“
„Dann hoffen wir, sie werden keine Antworten finden“, murmelte Dominic. Eigentlich müsste es ihm gleichgültig sein, wenn die Londoner Hautevolee erfuhr, wer sich hinter dem Pseudonym „Miss Noir“ verbarg. Nach allem, was Arabella ihm angetan hatte, würde sie es verdienen. Aber er wusste, was die Klatschgeschichten für sie bedeuten würden – sie wäre endgültig ruiniert, und er brachte es nicht übers Herz, das tatenlos mit anzusehen.
„Wenn du sie so sorgsam versteckst, muss sie etwas Besonderes sein. Wer ist sie, Arlesford?“
„Das geht dich verdammt noch mal nichts an.“ Dominic hob sein Glas an die Lippen. Was würde sein Freund sagen, wenn er die Wahrheit erführe?
Hunter lachte. „Jetzt machst du mich neugierig – weil du das Geheimnis sogar vor mir hütest.“
„ Gerade vor dir“, konterte Dominic in scherzhaftem Ton, obwohl er es sehr ernst meinte.
„So ein Schurke bin ich nun auch wieder nicht, dass ich meinem besten Freund eine Frau ausspannen würde“, protestierte Hunter und leerte sein Glas.
Dominic grinste ironisch. „Da ich deinen Ruf kenne, möchte ich nichts riskieren.“ Gewiss war es besser, diesen Beweggrund vorzutäuschen, als Hunter über Arabellas Identität zu informieren.
„In der Tat, sie muss etwas ganz Besonderes sein.“
Jetzt erlosch Dominics Lächeln. Versonnen klopfte er mit seinem Brandyglas auf die Tischplatte und dachte an Arabella. „Ja, da ist sie“, stimmte er leise zu.
„Arlesford?“ Verwundert beugte Hunter sich vor.
Aber
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