Historical Saison Band 15
durchsichtige schwarze Seidenleid, obszön an alle Rundungen geschmiegt, die schwarze Federmaske über den Augen …
Jemand hat mich gesehen – jemand weiß Bescheid …
„Miss Noir?“, wiederholte ihre Mutter verwirrt. „Was bedeutet das?“
Glücklicherweise spielte Archie mit den Karten und merkte nicht, was in seiner Nähe vorging.
Mühsam rang Arabella nach Fassung. „Das werde ich feststellen, Mama. Dann wird der Gentleman uns nicht mehr stören. Führen Sie ihn bitte in die Bibliothek, Gemmell.“
„Sehr wohl, Madam.“ Unbehaglich räusperte sich der Butler wieder, als hätte auch er von der berüchtigten Miss Noir gehört, und kehrte in die Halle zurück.
Arabella stand auf, glättete ihre Röcke und trat vor den Spiegel, um herauszufinden, ob sie so verängstigt aussah, wie sie sich fühlte. Nach einem tiefen Atemzug verließ sie den Salon.
Leise schloss Arabella die Bibliothekstür hinter sich. Der Mann stand vor einem der Regale, seinen Hut und die Handschuhe in einer Hand, und studierte die Titel der in Leder gebundenen Bücher.
Als er das Klicken hörte, drehte er sich um. Er war mittelgroß und schlank, mit rabenschwarzem Haar und ebenso dunklen Augen. Voller Wut und Hass starrte er sie an – genauso wie damals im Ballsaal von Arlesford House, wo sie ihn an der Seite des Earl of Misbourne gesehen hatte.
„Mrs Marlbrook“, begann er mit unangenehm freundlicher Stimme, „ich dachte mir sofort, Sie würden vernünftig sein und meine Botschaft beachten.“
„Mr Smith …“ Kaum merklich neigte sie den Kopf und ging ohne Zögern zum Angriff über, in der Hoffnung, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Ich will ganz offen mit Ihnen sprechen, genauso rücksichtlos, wie Sie sich mit einem sonderbaren Namen Zutritt verschafften. Wer Sie sind oder welche bösartige Mission Sie erfüllen, weiß ich nicht. Aber ich versichere Ihnen – falls Sie zwischen dem Duke und mir Zwietracht zu säen versuchen, verschwenden Sie Ihre Zeit. Ich bin verwitwet, Sir, und nicht völlig ahnungslos, was den Lauf dieser Welt betrifft. Was Seine Gnaden in der Vergangenheit tat und mit wem, geht mich nichts an. Also haben Sie sich umsonst hierher bemüht, Mr Smith. Wenn Sie so freundlich wären und jetzt gehen würden …“ Die Schultern gestrafft, hielt sie seinem durchdringenden Blick stand.
Spöttisch klatschte er in die Hände. „Welch eine fabelhafte schauspielerische Leistung, wahrlich des Drury Lane Theatres würdig.“
„Wie können Sie es wagen!“ Heller Zorn trieb ihr brennendes Blut in die Wangen. „Nun wird mein Butler Sie hinausbegleiten.“
„Nicht so schnell, Mrs Marlbrook. Wollen Sie nicht wissen, dass Arlesfords ehrbare verwitwete Verlobte dieselbe Frau ist, die sein Haus vor ein paar Wochen spätabends allein besucht hat? Außerdem sieht sie der Hure, die er in Mrs Silvers Bordell kaufte und zum Maskenball in die Vauxhall Gardens eskortierte, verblüffend ähnlich. Diese Geschichten kann ich in mehreren Londoner Zeitungen veröffentlichen lassen. Daraus werden die Leute ihre eigenen Schlüsse ziehen. Aber ich garantiere Ihnen – danach wird man Sie nicht mehr so warmherzig in der Gesellschaft aufnehmen, trotz des beträchtlichen Einflusses, den der Duke ausübt.“
„Noch nie in meinem Leben wurde ich dermaßen beleidigt!“ In der Tat, die Darbietung einer Schauspielerin … „Und ich werde mich gewiss nicht zu einer Antwort auf diese lächerlichen Anschuldigungen herablassen.“
„Protestieren Sie, wie es Ihnen beliebt, Madam. Das gelingt Ihnen sehr eindrucksvoll, und ich würde Ihnen sogar glauben, hätte ich Sie nicht mit eigenen Augen in verfänglichen Situationen gesehen. In wenigen Wochen von einer Dirne zur Duchess – bewundernswert …“
„Hinaus!“ Arabella wies zur Tür und verbarg ihre wachsende Angst. „Und seien Sie versichert, ich werde dem Duke mitteilen, wozu Sie sich erdreisten, Mr Smith.“
„Bitte, tun Sie das, Mrs Marlbrook. Und sagen Sie ihm auch, er sei sehr umsichtig gewesen, als er bei Mrs Silver und Madame Boisseron Ihre Tarnung inszenierte. Aber es gibt immer irgendwelche Personen im Hintergrund, die man übersieht. Und es würde Sie verblüffen, Madam, wozu manche Leute bereit sind, wenn man sie entsprechend bezahlt. Jedenfalls weiß ich ganz genau, wer Sie sind, Miss Noir.“
„Verschwinden Sie! Noch länger werde ich Ihre Anwesenheit unter diesem Dach nicht dulden!“
Mr Smith legte den Kopf schief. „Wollen Sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher