Historical Saison Band 15
nie hatte sein Gesicht so innige Liebe bezeugt. Keine Spur vom Zorn und Schmerz der letzten Begegnung … Bei ihrem Anblick sah er nur froh und erleichtert aus. Er schwang sich aus dem Sattel, ließ den Hut, die Peitsche und die Handschuhe fallen und eilte zu ihr.
Nun gab es keinen Zweifel mehr, er war es wirklich. „Oh Dominic!“ Sie warf sich in seine ausgebreiteten Arme, presste das Gesicht an seine Schulter, und er drückte sie an seine Brust.
Sie hörte, wie er Koseworte flüsterte, spürte, wie er seine Wange an ihr Haar schmiegte, sie zärtlich streichelte. Und dann erinnerte sie sich an Smith und seine Drohungen. Plötzlich erkannte sie angstvoll, welche Gefühle sie verraten haben könnte.
„Verzeih mein Ungestüm, das unerwartete Wiedersehen hat mich verwirrt.“ Arabella versuchte sich aus seiner Umarmung zu befreien. Aber er umfing sie noch fester, und sie wagte nicht, ihn anzuschauen, traute sich die Rolle nicht zu, die sie spielen musste, um ihn zu retten. „Sicher bist du nach Amersham gekommen, weil du Archie besuchen möchtest.“ Ihre Kehle war wie zugeschnürt, die Worte klangen gestelzt.
„Ich bin deinetwegen hier, Arabella.“
Nur das Wispern des Windes in den Eichenblättern war zu hören.
Langsam und unfähig, noch länger gegen ihre Liebe anzukämpfen, hob sie den Kopf, schaute in Dominics Augen, die ihr wie dunkler Samt erschienen. „Nein, du darfst nicht …“ In stummem Flehen umklammerte sie die Aufschläge seines Reitrocks. „Du verstehst nicht …“ Verzweifelt senkte sie die Wimpern und fürchtete, sie würde etwas falsch machen.
„Alles ist gut, Arabella, ich weiß über Smith Bescheid.“
„Was?“ Kaltes Entsetzen ließ sie frösteln. „Nein, das kannst du unmöglich wissen. Heiliger Himmel, Dominic, er wird dich ermorden …“
„Mit Smith habe ich kurzen Prozess gemacht. Gar nichts wird er tun. Du bist in Sicherheit, genauso wie Archie.“
„Um mich ging es nicht.“
„Worum es ging, weiß ich.“ Besänftigend streichelte er ihr Haar. „Auch mir wird nichts zustoßen.“
„Gott sei Dank!“ Arabella küsste sein Kinn, seine Wangen. „Ich hatte so schreckliche Angst um dich!“ Dann wurde sie von neuen Sorgen erfüllt. „Und seine Drohung, uns in den Zeitungen zu verunglimpfen?“
„Nein, er wird nichts veröffentlichen.“ In knappen Worten erklärte er, Smith sei in Wirklichkeit Linwood und warum sich der Viscount zu seinen üblen Machenschaften entschlossen habe.
Endlich verstand Arabella die Zusammenhänge. „Und jetzt ist alles in Ordnung? Bist du sicher, Dominic?“
„Nichts kann jemals völlig sicher sein, obwohl ich bezweifle, dass Linwood den guten Ruf seiner Schwester aufs Spiel setzen würde – oder Misbourne seiner Tochter alle Heiratschancen verderben will.“
Voller Mitgefühl dachte Arabella an das hübsche, schüchterne Mädchen, das sie damals in der Apotheke getroffen hatte. „Du wirst Lady Marianne doch nicht schaden?“
„Nein, natürlich nicht. Aber solange Linwood und Misbourne das für möglich halten, drohen uns keine Unannehmlichkeiten.“
Später wusste Arabella nicht mehr, wie lange sie in Dominics Armen auf dem idyllischen Waldweg gestanden hatte. Die Zeit verlor alle Bedeutung, nur eins zählte: Archie, sein Vater und sie selbst waren gerettet. Irgendwie würde sich alles zum Guten wenden.
Sie schaute in die Augen des Mannes, den sie liebte und dem sie so wehgetan hatte. „Seit jenem Abend in Mrs Silvers Haus habe ich dich in vieler Hinsicht belogen, Dominic, und das bedaure ich zutiefst. Ich liebe dich.“
„Und ich dich, Arabella. Gewiss musst du mir mehr verzeihen als ich dir. Was ich dir im Bordell antat, und danach … Statt dir auf anständige Weise zu helfen, habe ich dich zu meiner Geliebten gemacht.“
„Das ist sicher nicht richtig gewesen. Aber hätten wir uns anders entschlossen, wären wir jetzt wohl kaum vereint. Wäre das Täuschungsmanöver deines Vaters jemals ans Licht gekommen? Hätte ich dir von Archie erzählt? Das wissen wir nicht.“
„Nein, wir können es nicht wissen“, stimmte er zu. In seinen Augen las sie reine Liebe.
Mittlerweile war das letzte Sonnenlicht erloschen, die Dämmerung hüllte die Bäume in Schatten, die Luft kühlte ab. Trotzdem verspürte Arabella nichts als beglückende Wärme.
„Die Nacht bricht herein, Liebste“, sagte Dominic leise. „Nun sollte ich dich zu deiner Mutter bringen. Womöglich glaubt sie, ich hätte dich entführt. Als ich heute Abend
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