Historical Saison Band 16 (German Edition)
wünschte, du hättest gewartet, bis … bis wir verheiratet sind. Man hat mir gesagt, die Unschuld einer Frau sei ein wertvolles Geschenk an ihren Ehemann. Solltest du dich entschließen, mich doch nicht zu heiraten, wer wird mich dann noch nehmen?“
„Wenn ich mein Wort gegeben habe, Belle, nehme ich mein Versprechen niemals zurück. Wir werden heiraten, und die Tatsache, dass du keine Jungfrau mehr bist, bedeutet mir wenig. Ich persönlich habe Unschuld noch nie sonderlich geschätzt.“ Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Bist du bereit, zurück ins Haus zu gehen?“
„Ja, ich glaube, das sollten wir tun.“
Während er sie in den Ballsaal führte, wünschte Belle sich, er hätte sich nicht so gleichgültig über ihre verlorene Jungfräulichkeit geäußert.
An dem Tag, an dem die Verlobung des Earl of Ryhill mit Miss Isabelle Ainsley in der Zeitung bekannt gegeben wurde, ritt Lance nach Hampstead, um mit Belles Großmutter die Hochzeitsvorbereitungen zu besprechen.
Als Lady Harworth den Salon betrat, in dem Lance Bingham auf sie wartete, dachte sie mit bitterem Humor über die unerwartete Wendung des Schicksals nach. Wie war es dazu gekommen, dass ihre Enkeltochter in die Familie einheiratete, der sie selber fünfzig Jahre lang aus dem Weg gegangen war, weil Lance Binghams Großvater ihre Liebe verschmäht hatte?
Doch nun war nicht die Zeit, über vergangenen Kummer nachzudenken. Die harte Realität sah so aus, dass die Chancen ihrer Enkelin auf eine passende Partie verschwindend gering waren, wenn sie diese Ehe nicht einging.
Während sie sich in ihrem Lieblingssessel neben dem Kamin niederließ, deutete sie mit einer Kopfbewegung auf den gegenüberstehenden Stuhl. „Isabelle wird gleich kommen. Sie hat einen Ausritt über die Heide unternommen und ist soeben zurückgekehrt.“ Mit stechendem Blick musterte sie Lance, der sich soeben hinsetzte. Unter anderen Umständen hätte sie jemanden ganz genau wie ihn für ihre Enkelin ausgesucht. Er war ein energischer, starker Mann, der gut auf Isabelle aufpassen würde. „Natürlich wäre es mir lieber gewesen, wenn es hierzu nicht gekommen wäre“, teilte sie ihm mit.
„Das ist mir vollkommen klar. Und zweifellos wird meine Mutter ebenfalls nicht ganz glücklich sein, wenn ich es ihr erzähle. Obwohl Ihre Enkelin ihr Herz sicher im Sturm erobern wird. Wenn meine Mutter die Umstände erfährt, die zu unserer Verlobung geführt haben, wird sie mit mir darin übereinstimmen, dass ich das Richtige tue.“
„Verstehe ich es richtig, dass Ihre Mutter nicht auf Ryhill lebt?“
„Nein. Sie wohnt in Bilton House. Dort bin ich aufgewachsen. Zurzeit hält meine Mutter sich in Irland auf. Meine Schwester Sophie erwartet ihr erstes Kind, und meine Mutter ist dorthin gereist, um ihr beizustehen. Wenn wir ein Datum für die Hochzeit festgelegt haben, werde ich ihr schreiben und sie über die Ereignisse informieren. Unglücklicherweise wird sie vielleicht nicht rechtzeitig zurückkehren können.“
„Das ist ein unglücklicher Umstand. Sind Sie vollkommen sicher, dass Sie Isabelle heiraten wollen?“
„Als ich der Armee den Rücken kehrte, beschloss ich, dass eine Ehe nicht zu meinen baldigen Plänen gehören sollte. Doch was geschehen ist, ist geschehen, und ich versichere Ihnen, wenn Isabelle meine Frau ist, werde ich gut für sie sorgen und mein Möglichstes tun, um sie glücklich zu machen.“
Belle stieß die Tür auf und betrat den Salon. Sie war erstaunt über die kribbelnde Aufregung, mit der sie auf Lances Gegenwart reagierte, bevor sie auch nur in seine Richtung geschaut hatte. Als sie ihn ansah, durchlief sie eine Welle der schon vertrauten Erregung. Ihre Wangen brannten, als sie sich an die wilde Leidenschaft erinnerte, die sie geteilt hatten. Misstrauisch beobachtete sie, wie er mit der Anmut eines Panthers aufstand. Ausgerechnet jetzt, da ihre Beziehung sich in die eines verlobten Paares verwandelte, fühlte sie sich entwaffnet und trat ihm äußerst schüchtern gegenüber, was sie empörte. Sie war jedoch nicht so naiv, zu glauben, dass sein Charakter sich während der drei Tage, die seit dem Ball vergangen waren, verändert hatte.
Sie wusste, dass sich hinter der Maske wohlerzogener Männlichkeit ein skrupelloser Lebemann verbarg, der sich keinerlei Gedanken darüber machte, wie er verliebte junge Frauen zu seinem eigenen Vergnügen benutzte. Und dieses Wissen half ihr auch nicht gerade dabei, ihre Fassung wiederzugewinnen. Seine
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