Historical Saison Band 16 (German Edition)
Farbe hatte und auf diese Art geschliffen war.“
„Es ist ein rosafarbener Diamant. Er ist sehr selten. Ich weiß auch von keinem, der mit diesem zu vergleichen wäre. Er hat 52 Karat.“ Sie wusste es auswendig.
Wissend nickte er. „Agyros ist hinter diesem Diamanten her.“
Einen Moment lang sah er sehr ernst aus. Sie wünschte, sie hätte lügen können. Sie sah, dass er nachdachte. „Nicht nur Christoph Agyros“, sagte sie rasch. „Es gibt da eine Geheimgesellschaft, die Filiki Adamao . Ihre Mitglieder suchen ihn seit seinem Verschwinden vor schätzungsweise vierhundert Jahren.“
Er runzelte die Stirn und blickte sie unverwandt an. Der Diamant war zwar im Vergleich zu anderen Edelsteinen sehr groß, in Beldons Hand nahm er sich aber eher klein aus. Er legte ihn in die Hutschachtel zurück und schloss den Deckel. „Vierhundert Jahre? War er schon immer im Besitz Ihrer Familie?“
„Ja. Mein Vater hat ihn mir am Tag vor seiner Hinrichtung übergeben“, sagte sie leise und nahm die Hutschachtel wieder an sich. Sie war beeindruckt, dass er ihr den Diamanten ohne Widerstand zurückgab. Christoph Agyros hätte das nicht getan! „Nach der Eroberung von Konstantinopel 1453 entschied der Ältestenrat der Phanarioten, den Diamanten in unsere Obhut zu geben. Wir bewahren ihn im Geheimen. Der Diamant führt Menschen leicht in Versuchung.“
„Aber die Filiki Adamao glauben nicht, dass der Diamant verloren gegangen ist“, vermutete Beldon. „Denken ihre Mitglieder vielleicht, dass er ihnen Macht bescheren wird?“
Sie sah, dass die Idee ihn empörte. Ein einziger Edelstein sollte eine Krone wert sein? „Natürlich. Sie glauben, sie können den Thron für sechzig Milliarden Francs kaufen.“
„Also wollen die Filiki Adamao die Macht hinter dem Thron sein?“
Sie nickte. „Vor allem, seit Leopold von Belgien die Krone abgelehnt hat und Europa nach einem anderen Kandidaten sucht.“
„Es gibt Gerüchte, dass der Thron Prinz Otto von Bayern angeboten werden soll“, warf Beldon ein.
Unbeeindruckt zuckte sie mit den Schultern. „Er ist nur ein Kind. Alles ist unsicherer denn je. Leopolds Absage hat ein Machtvakuum hinterlassen. Einflussreiche Männer sehen das und wollen es ausfüllen. Die Filiki müssen jetzt handeln, wenn sie Einfluss auf das neue Griechenland nehmen wollen. Wenn sie den Diamanten in Händen halten, können sie jemanden wie Otto kaufen und ihn kontrollieren – vorausgesetzt, sie wollen überhaupt einen König.“
„Glauben Sie, sie wollen keinen?“ Sie hörte den Zweifel in seiner Stimme.
„Nein, für mich ist es durchaus nicht klar, dass die Filiki Adamao einen König wollen. Vielleicht lehnen sie sogar die Unabhängigkeit Griechenlands ab. Ohne König hätten sie das Sagen.“ Die Geschichte war voller Männer, die Einfluss hatten, ohne Könige zu sein: Bankiers, Diplomaten, Politiker …
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Diamant so entscheidend ist.“ Skeptisch schüttelte er den Kopf.
Sie lächelte wissend. „Vielleicht ändert dies Ihre Ansicht: Der Adamao ist nicht wegen seines finanziellen Wertes wichtig. Sein Name bedeutet ‚Ich zähme‘ oder auch ‚Ich unterwerfe‘. Genügend Menschen glauben an Mythen und Legenden. Vom Adamao wird erzählt, dass Helena von Troja ihn trug, als sie mit Paris davonlief. Manche Leute glauben, dass Paris Helena nicht wegen ihrer Schönheit, sondern wegen ihres Schmucks entführte. Der Stein – so wird erzählt – brachte seinem Besitzer Glück und Wohlstand.“
„Und Ihnen ist dieses Glück beschieden gewesen?“, fragte Beldon ironisch.
„Ich kann nicht von mir sagen, dass ich die ungewöhnliche Kraft des Diamanten aus erster Hand kenne“, antwortete Lilya mit einem Lächeln. Sie war dankbar, dass Beldons Humor das Gespräch ein wenig aufhellte. Der Diamant war zwar für das Glück bekannt, das er mit sich brachte, er hatte seine Besitzer aber auch ins Verderben gestürzt. Wenn man den Mythen glaubte, musste man sich nur den Trojanischen Krieg vor Augen führen, um das zu erkennen.
Beldon stand auf und begann, in dem kleinen Raum umherzugehen. „Was bedeutet das alles für Sie, Lilya? Ist Ihnen die Unabhängigkeit Griechenlands so wichtig? Sie waren ein Kind, als der Krieg begann, und – um ehrlich zu sein – sind Sie auch jetzt noch sehr jung.“
Diese Bemerkung machte sie wütend. „Noch sehr jung? Was soll das heißen?“ Sie hatte etwas anderes von Beldon erwartet. Schließlich hatte sie ihm gerade
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