Historical Saison Band 16 (German Edition)
das Geheimnis des Diamanten anvertraut. „Mein Bruder Alexei war fast noch ein Kind, als ihn ottomanische Soldaten in Naoussa niederstachen.“
„Schon. Aber damals ging es nicht um den Diamanten. Nicht die Filiki Adamao haben Ihr Volk umgebracht!“, unterbrach Beldon sie.
„Das ist richtig“, antwortete Lilya scharf. „Aber es ging um die Unabhängigkeit. Und darum geht es auch jetzt. Die Freiheit und der Diamant gehören zusammen. Der Ältestenrat der Phanarioten kannte die Risiken, die mit dem Stein verbunden sind. Sie befürchteten, er würde benutzt werden, um eine Tyrannei zu errichten. Seine Macht lässt sich von niemandem kontrollieren.“
„Sie müssen Val und Philippa davon erzählen.“ Er setzte sich wieder und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. „Dann können wir beschließen, was wir tun sollen“
Energisch schüttelte sie den Kopf. „Ich werde es ihnen sagen. Aber nicht ‚wir‘ werden etwas beschließen. Was immer zu tun ist, werde ich alleine tun.“ In diesem Punkt durfte sie keine Zugeständnisse machen. Sie allein würde die Risiken übernehmen. „Ich werde es Val und Philippa um ihrer Sicherheit willen sagen und nicht, um ihre Unterstützung zu erhalten.“
„Seien sie nicht so stur, Lilya. Lassen Sie sich helfen. Sie können nicht alleine gegen einen unsichtbaren Gegner kämpfen.“
Das hätte er lieber nicht sagen sollen! Lilya sah ihn mit kalten Augen an. „Das habe ich bisher auch getan. Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen würden.“
Beldon lehnte sich in die Kissen des eleganten Sofas. In der vergangenen Nacht hatte ihm Lilyas Scharfzüngigkeit Vergnügen bereitet. Heute Morgen hatte sie immer noch eine scharfe Zunge, aber wie alle scharfen Dinge konnte sie verletzen. Er war sich sicher, dass sie Valerian und Philippa in diesem Moment das berichtete, was sie ihm bereits erzählt hatte. Sie wollte sich ihren Feinden alleine entgegenstellen. Sie war zu stolz, um sich helfen zu lassen.
Er würde ihr ihren Willen und ihren Stolz lassen. Er brauchte Zeit zum Nachdenken und um herauszufinden, was seine Rolle in dieser Geschichte sein würde. Er konnte künftig einfach nicken, Lilya zuhören und ansonsten in der Stadt seine eigenen Interessen verfolgen.
Allerdings war sie in den vergangenen Wochen zu einem dieser Interessen geworden. Wenn er beschloss, sich nicht weiter um den Diamanten zu kümmern, würde es auch bedeuten, Lilya vernachlässigen zu müssen. Der Gedanke behagte ihm nicht. Nicht mehr mit ihr tanzen, sprechen und streiten zu können, war unmöglich – ganz zu schweigen davon, dass er ihr auch keinen weiteren Kuss mehr würde stehlen dürfen.
Beldon wusste, dass er ehrlich mit sich selbst sein musste. Er hatte sie zweimal gegen die wenig ehrenhaften Absichten von Christoph Agyros verteidigt, im Garten und am gestrigen Abend, als er sich mit ihm angelegt hatte. Hatte er das als Gentleman getan oder hatten andere Absichten ihn dazu veranlasst? Im letzteren Fall musste er herausfinden, was diese anderen Absichten waren. Es ängstigte ihn, seiner Leidenschaft für sie einen Namen zu geben. Als er Lilya geküsst hatte, war sie in seinen Armen dahingeschmolzen und ihm war es ebenso gegangen.
Aber wenn er sich dazu entschloss, in Lilyas Leben eine wichtigere Rolle als bisher zu spielen, was würde er dann tun? Was konnte er überhaupt tun? Sie hatte erklärt, dass Christoph Agyros nur eines von vielen Häuptern einer Hydra namens Filiki Adamao war. Es gab noch andere. Lilyas schockierende Äußerungen hatten gezeigt, mit welcher Bedrohung sie leben musste.
Jetzt aber musste erst einmal die aktuelle Situation bedacht werden. Christoph Agyros nahm an, dass Lilya den Diamanten besaß. Er lief frei herum und konnte seine Mission beenden. Er war extrem gefährlich und würde nicht zögern, Lilya auf die eine oder andere Weise Angst einzujagen.
Die Logik sagte Beldon, dass er Abstand von alldem halten sollte. Lilya und ihre Geheimnisse bedrohten das, was er aufgebaut hatte. Sie konnte nicht die Frau sein, für die er nach London gekommen war. Aber je länger er über das nachdachte, was sie ihm erzählt hatte, desto mehr bewunderte er sie. Er verstand, was sie durchgemacht hatte, und er verstand ebenso, welche Bedeutung der Diamant für sie hatte. Er verstand die unausgesprochenen Gefühle, als sie von ihrem Vater und Alexei geredet hatte. Die Last des Diamanten hatte auf Alexeis Schultern gelegt werden sollen, nicht auf die von Lilya. Er war der älteste Sohn
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