Historical Saison Band 16 (German Edition)
gewesen. Lilya hätte ohne diese Verantwortung leben können, aber Alexeis Tod in Naoussa und die Hinrichtung ihres Vaters hatten alles geändert.
Sie hatte sich nicht selbst dafür entschieden, ihr Schicksal mit dem des Diamanten zu verknüpfen. Beldon wusste auch, dass es Lilya nicht um das politische Erbe ging. Es ging um die Verbundenheit mit ihrer Familie. Wenn sie sich dieser Verantwortung nicht würdig zeigte, wäre es, als verrate sie ihren Vater. Lilya war in einem Netz gefangen, das lange vor ihrer Geburt gesponnen worden war. Beldon wollte sie darin nicht alleine lassen.
„Lord Pendennys, Ihre Anwesenheit wird im Arbeitszimmer erwünscht.“ Ein Diener unterbrach Beldons Gedanken. Lilya hatte ihre Erklärung wohl beendet. Val würde darüber reden wollen, was sie nun tun sollten. Das war gut, denn er hatte schon einige Pläne gefasst.
„Ich sollte gehen“, sagte Lilya gerade, als Beldon das Arbeitszimmer betrat. „Wenn ich rasch abreise, kann mir Christoph Agyros nicht folgen. Ich werde einige Tage Vorsprung vor ihm haben.“
„Das lasse ich nicht zu.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, schloss Beldon nachdrücklich die Tür hinter sich. „Sie werden nirgendwo hingehen.“ Er wusste, weshalb sie ihre Heimat verlassen hatte, aber die Zeiten der Flucht waren jetzt für sie zu Ende. Sie hatte nun ihn, Val und Philippa.
Lilya reckte abwehrend das Kinn. „Es ist die einzige Möglichkeit. Ich habe Ihnen erzählt, welche Sorte Männer hinter dem Diamanten her ist. Man kann sie nicht zum Narren halten. Sie haben ihr ganzes Leben diesem einzigen Ziel gewidmet. Sie werden nicht aufgeben, bevor sie davon überzeugt sind, dass der Diamant auf immer verloren ist.“
Beldon tauschte einen wissenden Blick mit Valerian. Es war offensichtlich nicht das erste Mal während des Gesprächs, dass Lilya das gesagt hatte.
„Vielleicht können wir ihr dabei helfen, einen sicheren Ort zu finden, an dem sie bleiben kann“, warf Philippa ein, die ungewöhnlich blass war.
„Philippa hat recht“, sagte Lilya. „Ich bin eine Gefahr für die Familie. Es ist ungerecht, wenn alle meinetwegen in Angst leben müssen. Val, du musst auch an deinen kleinen Sohn denken. Irgendwann wird Agyros oder ein anderer kommen, um mich durch euch zu finden. Wenn ich verschwinde, seid ihr nutzlos für ihn. Die Filiki verschwenden keine Zeit auf Sackgassen. Deshalb haben sie mich so lange in Ruhe gelassen.“ Sie warf Beldon einen bedeutungsvollen Blick zu. „Wie Sie haben auch die Filiki gedacht, dass eine Frau unmöglich die Wächterin des Diamanten sein könne.“
Beldon setzte sich auf einen Stuhl neben Philippa. „Ich sehe, dass ich mich für diese Bemerkung noch oft werde entschuldigen müssen. Abgesehen von meiner schlechten Wortwahl, können Sie nicht einfach fliehen. Wenn Sie gehen, erhärten Sie nur Christoph Agyros’ Verdacht. Nur wenn sie den Diamanten besitzen und wissen, warum Agyros gekommen ist, würden Sie fliehen.“
„Wenn ich bleibe, habe ich kaum Möglichkeiten zu agieren. Wir können nicht immer in einem bewachten Haus leben. Wenn Agyros merkt, dass wir Schutz angefordert haben, wird das ebenfalls seinen Verdacht verstärken“, konterte Lilya. Ihre dunklen Augen blitzten.
„Beldon hat recht. Die Wachen erregen keinen Verdacht. Wir können sie außerdem abziehen. Wir brauchen einen Plan, der es dir ermöglicht hierzubleiben und der gleichzeitig Agyros Vermutungen in eine andere Richtung lenkt.“ Val trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Er lächelte Lilya mitleidig an. „Wie schade, dass du keine normale Debütantin bist, meine Liebe.“
„Warum eigentlich nicht?“ Philippa rückte auf ihrem Stuhl nach vorne. Sie wirkte plötzlich energisch. „Warum kann sie keine ‚normale Debütantin‘ sein? Was will eine junge Dame der Gesellschaft? Partys, schöne Kleider, einen Heiratsantrag … Lilya hat das alles schon.“
„Bis auf den Teil mit dem Heiratsantrag“, warf Beldon ein.
„Versteht ihr nicht?“ Philippa schaute von Beldon zu ihrem Ehemann. Beldon war froh, dass Val offensichtlich ebenso perplex war wie er. Frauen dachten eben anders als Männer.
Aufgeregt fuhr Philippa fort: „Wenn Lilya den Diamanten hätte, dann wäre eine Heirat so ziemlich das Letzte, woran sie denken würde. Eine Ehe wird für das ganze Leben geschlossen. Sie würde ihren Mann und später auch ihre Kinder in große Schwierigkeiten bringen. Außerdem bindet eine Heirat sie an England. Sie könnte das
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