Historical Saison Band 16 (German Edition)
nötig, dass Sie noch bleiben, Colonel. Ich werde mich um alles kümmern.“
„Vielen Dank. Ich muss zu meinem Regiment zurückkehren. Die Schlacht steht unmittelbar bevor. Morgen werden viele Männer sterben. Dann werden Ihre Dienste als Priester ebenfalls gebraucht werden.“
Erfüllt von Gefühlen, die er nicht beschreiben konnte, verließ Lance das Bauernhaus.
1. KAPITEL
M iss Belle, Ihre Großmutter wartet im Speisezimmer auf Sie, und sie hasst es, wenn man sie warten lässt. Nun beeilen Sie sich doch. Sie sehen hübsch aus, ganz ohne jeden Zweifel.“
Isabelle „Belle“ Ainsley wirbelte herum und kehrte dem Spiegel den Rücken zu. Ihre strahlenden grünen Augen funkelten hell, während ihr hitziges Temperament zum Ausbruch kam. „Um Himmels willen, Daisy. Ich bin neunzehn Jahre alt und lasse es mir nicht gefallen, gedrängt zu werden. Und ich sehe nicht hübsch aus, bevor ich zufrieden mit meinem Anblick bin.“
Sie drehte sich wieder zum Spiegel um und musterte gereizt ihre Haare, die wie üblich äußerst widerspenstig waren.
Unbeeindruckt vom Wutausbruch ihrer neuen Herrin, schüttelte Daisy amüsiert den Kopf. „Sie haben zweifellos das Temperament Ihrer Großmutter geerbt, aber sie ist die Ältere, und wenn ich Sie wäre, würde ich mir nicht mehr allzu viel Zeit lassen, sonst bekommen Sie ihre scharfe Zunge zu spüren.“
Belle stöhnte auf, griff in einem Anfall von Verzweiflung nach einer Schere und schnitt die störende Locke ab. Dann eilte sie zur Tür hinaus, ohne sich um Daisys verwirrten Gesichtsausdruck zu kümmern.
Belle stürmte wenig damenhaft die breite Treppe hinunter, was dazu führte, dass die Diener ihre Tätigkeiten unterbrachen und ihr mit ihren Blicken folgten. Miss Isabelle bot zweifellos einen erstaunlichen Anblick. In der friedhofsartigen Stille des hochherrschaftlichen Hauses der verwitweten Countess of Harworth wurde die Ankunft ihrer Enkelin aus Amerika als außergewöhnlicher Aufruhr empfunden. Nicht nur die Diener kratzten sich die Köpfe, auch die Countess selber war ratlos.
Beim Betreten des Speisezimmers bereitete Belle sich innerlich auf die unangenehme Szene vor, die ihr wahrscheinlich bevorstand. Ihre Großmutter erhob sich steif aus dem Sessel, in dem sie gesessen hatte. Mit einer Hand umklammerte sie den vergoldeten Griff ihres Gehstocks. Mit ihren zweiundsiebzig Jahren war sie immer noch eine gut aussehende Frau, mit einer majestätischen Körperhaltung, dem unerschütterlichen Selbstbewusstsein und der unnahbaren Art, wie sie nur Menschen besitzen, die ein privilegiertes Leben führen. Trotz der steifen Würde und der strengen Selbstbeherrschung, mit denen sie sich zu bewegen pflegte, waren Kummer und Leid ihr nicht unbekannt, denn sie hatte ihren Ehemann und zwei ihrer Söhne zu Grabe getragen.
„Guten Abend, Isabelle“, begrüßte sie ihre Enkelin und musterte missbilligend deren Kleid, das schon sehr abgetragen war und auf keinem Fall die Art von Kleidung darstellte, die von einer jungen Dame guter Herkunft in einem herrschaftlichen englischen Salon erwartet wurde. Je eher die Schneiderin eintraf, um bei Isabelle Maß für eine neue Garderobe zu nehmen, umso besser. „Du kommst viel zu spät. Was hast du zu deiner Entschuldigung zu sagen?“
„Es tut mir leid, Großmutter. Ich wollte dich nicht ärgern. Es war nur einfach so, dass ich mich nicht entscheiden konnte, welches Kleid ich anziehen sollte. Ich habe dieses gewählt, weil es eine so hübsche Farbe hat und mir so gut steht. Du hättest ohne mich mit dem Dinner anfangen sollen. Es war nicht nötig, auf mich zu warten.“
Lady Harworth warf ihr einen eisigen Blick zu. „In diesem Haus nehmen wir die Mahlzeiten gemeinsam ein, Isabelle, und ich mag es nicht, wenn man mich warten lässt. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich absolute Pünktlichkeit von dir erwarte? Du hast der Köchin großen Kummer bereitet. Sie hat vergeblich versucht, das Dinner warm zu halten, ohne dass der Wohlgeschmack verloren geht.“
„Dann werde ich mich bei der Köchin entschuldigen“, versprach Belle. Sie verstand nicht, warum ihre Großmutter wegen dieser Kleinigkeit einen solchen Aufstand machte. „Ich möchte niemandem zur Last fallen. Es macht mir nichts aus, mir mein Essen selbst aus der Küche zu holen.“
„Das ist auch so eine Sache. Du wirst auf keinen Fall Arbeiten verrichten, die zu den Aufgaben der Dienerschaft gehören.“ Die Countess seufzte. „Du musst so viel lernen, dass ich gar nicht
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