Historical Saison Band 16 (German Edition)
weiß, wo ich anfangen soll.“
„Aber es gefällt mir, etwas zu tun zu haben“, erwiderte Belle lächelnd.
„Ich werde dafür sorgen, dass du beschäftigt bist – mit Dingen, die dich auf deine künftige Rolle im Leben vorbereiten. Mir war von Anfang an klar, wie schwierig und störrisch deine Natur ist.“
„Papa hätte dir zweifellos zugestimmt. Er ist oft an mir verzweifelt.“ Beim Gedanken an ihren Vater musste Belle sich räuspern, und sofort stiegen ihr Tränen in die Augen. „Er fehlt mir so sehr.“
„So geht es mir auch.“ Die plötzliche Heiserkeit der Countess zeigte Belle, wie sehr ihre Großmutter unter dem Tod ihres zweiten Sohnes litt. „Es war sein Wunsch, dass du nach England kommst und hier alles lernst, was eine Dame wissen muss. Und ich werde dafür sorgen, dass du es tust, und wenn es mich meine letzte Kraft kostet.“
Belle schluckte den Kloß hinunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Wie kompliziert ihr das Leben plötzlich erschien, und wie schwer es ihr gefallen war, ihr geliebtes Charleston zu verlassen und nach London zu kommen. Sie vermisste ihre Heimat schrecklich. Würde sie jemals hierherpassen? Wie sie es hasste, nach den strengen Regeln ihrer Großmutter zu leben. Zu Hause hatte ihr Vater ihr all die Jahre erlaubt, frei wie ein Vogel herumzustreifen. Zur Dame zu werden, wie ihre Großmutter es wünschte, erschien ihr furchtbar abschreckend und offenbar unmöglich.
„Ich bin sicher, dass ich eine schreckliche Enttäuschung für dich bin, Großmutter, aber ich werde mir Mühe geben. Deine Art zu leben ist mir fremd, aber ich werde es lernen.“
„Dann hast du viel Arbeit vor dir.“
Lady Harworth war klar, dass ihr mit ihrer Enkelin viel Mühe bevorstand. Isabelle hatte keine Ahnung von vornehmem Verhalten. Sie war ein echter Wildfang. Bei ihrer ersten Begegnung hatten sie sich schweigend gemustert und sich sofort gegenseitig als das erkannt, was sie waren: zwei Frauen mit unbezwingbarem Willen. Dass ihre Enkelin stolz und stark war und ihren eigenen Regeln folgte, war offensichtlich, aber Lady Harworth war entschlossen, nicht nachzugeben.
Belle ging zu dem langen Tisch und wartete, bis Gosforth, der Butler, ihrer Großmutter den Stuhl hervorgezogen hatte. Dann setzte sie sich, was ihr ein weiteres missbilligendes Stirnrunzeln der älteren Dame einbrachte.
„Wir können nun anfangen, Gosforth, nachdem meine Enkelin geruht hat, sich zu mir zu gesellen.“
Belle seufzte. Wenn es nur irgendeine Ablenkung geben würde. Alles wäre besser, als den ganzen Abend allein mit ihrer Großmutter zu verbringen, die sich bemühen würde, ihrer ungebildeten amerikanischen Enkelin beizubringen, wie eine englische Dame sich zu benehmen hatte. Sosehr Belle auch versuchte, ihre Ruhelosigkeit zu zügeln und sich sittsam zu verhalten, sie war von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Auf ihren täglichen Ritten über die Heide von Hampstead hatte sie bereits die Aufmerksamkeit einiger abenteuerlustiger junger Dandys aus der Gegend geweckt. Davon ahnte ihre Großmutter jedoch nichts. Einer von ihnen, Carlton Robinson, sah ziemlich gut aus und war offensichtlich beliebt bei den Damen. Dann und wann hatte er nach ihr Ausschau gehalten. Und als es ihr gelungen war, den Reitknecht abzuschütteln, der sie begleitete, hatte Mr Robinson sich ihr angeschlossen.
Carlton hatte noch nie jemanden wie sie getroffen. Er pries ihre Schönheit und wurde zu Wachs in ihren Händen. Belle spielte dieses Spiel aus reiner Langeweile, und als sie ihn vollkommen in ihren Bann geschlagen hatte, begann sie sich zu langweilen und zeigte ihm die kalte Schulter.
Belle seufzte, nahm einen großen, wenig damenhaften Schluck aus ihrem Weinglas und wünschte inständig, der Abend möge schon zu Ende sein und sie könnte in ihrem Zimmer verschwinden.
Am nächsten Vormittag stand die Countess an ihrem Schlafzimmerfenster und sah zu, wie ihre Enkelin die Auffahrt entlang auf das Haus zugaloppierte. Belle trug keinen Hut und saß rittlings auf dem Pferd!
Kurz zuvor hatte sie von einer Bekannten von dem Skandal um Isabelle erfahren. Einem Skandal, an dem ganz allein Isabelle schuld war, wenn man den Worten der Frau Glauben schenken konnte. Das Verhalten ihrer Enkelin machte die Countess wütend. Niemals hätte sie geglaubt, dass das reizende, unerfahrene junge Mädchen, kaum in London eingetroffen, eine Liaison mit einem Mann beginnen würde, über dessen Eskapaden ganz London sprach. Carlton Robinson! Kein
Weitere Kostenlose Bücher