Historical Saison Band 16 (German Edition)
die Kette sah, versteinerte sich ihre Miene.
Die Countess kniff drohend die Lider zusammen, denn ihre Enkelin hatte eine Grenze überschritten. Isabelle schaute sie mit ihren grünen Augen, die so sehr ihren eigenen ähnelten, ängstlich an, doch gleichzeitig lag auf ihrem Gesicht ein trotziger Ausdruck.
Ihre Stimme, die sie gesenkt hatte, damit niemand sie hörte, war ebenso kalt wie ihre Miene. „Ich habe dir das Collier zu treuen Händen übergeben, Isabelle – in dem Glauben, du würdest es mir zurückgeben, wie ich es dir gesagt hatte. Ich wollte nicht, dass du sie trägst. Wie konntest du es wagen, mir nicht zu gehorchen?“
„Großmutter … es … es tut mir leid …“
„Es ist äußerst ungehörig, mich vor so vielen Leuten in Verlegenheit zu bringen.“
„Das war nicht meine Absicht. Ich meinte es nicht böse, als ich beschloss, die Kette zu tragen. Sie ist so wunderschön, und die Gelegenheit schien mir passend zu sein.“ Belle hob die Hände zu ihrem Nacken. „Wenn es dich so sehr ärgerst, nehme ich sie natürlich ab …“
„Lass das!“, fauchte die Countess, und ihr scharfer Ton sorgte dafür, dass Belle sofort die Arme sinken ließ. „Dafür ist es zu spät. Wenn du sie abnimmst, nachdem absolut jeder sie gesehen hat, gibt das nur Gerede. Also bleibt das Collier, wo es ist. Ich bin äußerst verärgert über dich, Isabelle, äußerst verärgert.“ Sie wandte sich ab, um mit einer Bekannten zu reden, und setzte ein Lächeln auf. Innerlich schäumte sie jedoch noch immer wegen des Ungehorsams ihrer Enkelin.
Erleichtert, die Standpauke vorerst überstanden zu haben und die Kette noch um den Hals zu tragen, nahm Belle sehr deutlich wahr, dass sich ihr alle Blicke zugewandt hatten. Wie üblich begann das Getuschel, und Dutzende Menschen umringten sie, die meisten von ihnen junge Männer, die offensichtlich glaubten, sie hätten eine Chance bei der amerikanischen Enkeltochter der Countess of Harworth.
Wann immer Belle einen Raum betrat, erregte sie die Aufmerksamkeit sämtlicher männlicher und weiblicher Anwesender. Seit dem Skandal, den ihre kurze Liaison mit Carlton Robinson ausgelöst hatte, eilte ihr ein gewisser Ruf voraus. Nachdem sie offiziell in die Gesellschaft eingeführt worden war, hatte sie sich an die bewundernden Blicke gewöhnte, die ihr die jungen Männer bei Abendgesellschaften zuwarfen. Und wenn sie mit ihrer Großmutter durch den Hyde Park fuhr, warteten ihre Verehrer am Wegesrand und hofften, ihr vorgestellt zu werden.
Als schönste Debütantin der Saison und als beste Partie auf dem Heiratsmarkt betrachtet zu werden, war eine ziemlicher Erfolg für ein Mädchen, das vor Kurzem aus Amerika nach London gekommen war. Sie wünschte sich oft, nicht so schön zu sein, weil die Leute, ganz besonders die jungen Männer, sich in ihrer Gegenwart wie komplette Idioten benahmen.
Für einige der Herren war jedoch das Interessanteste an ihr, dass derjenige, der sie heiratete, mithilfe ihrer großzügigen Mitgift seine Stellung in der Gesellschaft erheblich verbessern würde. Kaum ein Tag verging, ohne dass jemand bei ihrer Großmutter um ihre Hand anhielt.
Belle hatte reiche Männer kennengelernt, sie war auch gut aussehenden Männern vorgestellt worden, aber sie hatte sich nicht verliebt. Entmutigt und gründlich aller Illusionen über das männliche Geschlecht beraubt, verschmähte sie sie alle. Sehr zum Missfallen ihrer Großmutter, die sie gut verheiraten wollte.
Nachdem sie einen ihrer langen Handschuhe zurechtgezupft hatte, hob Belle den Kopf und schaute direkt in die Augen eines Fremden. Er sah unverschämt gut aus, hatte jedoch das Gesicht zu einer höchst gelangweilten Miene verzogen, die sich schlagartig änderte, als sein Blick dem ihren begegnete. Nun schaute er halb erstaunt und halb amüsiert drein, und da war auch noch etwas anderes – etwas irgendwie Sinnliches, das ungewohnte Gefühle in ihr weckte und ihre Wangen zum Glühen brachte. Zwei Dinge irritieren sie: das unübersehbar gute Aussehen des Mannes und der hochmütige Ausdruck in seinen Augen, eine Überheblichkeit, die ihr zeigte, dass er wusste, wer sie war, und dass sie einen Skandal verursacht hatte.
Seine kurz geschnittenen Haare glänzten schwarz wie die Rabenflügel, doch es waren seine Augen, die ihre Aufmerksamkeit weckten. In seinem braun gebrannten Gesicht funkelten sie lebhaft und verblüffend, denn sie waren blau wie Kornblumen. Dichte schwarze Wimpern umrahmten sie und über ihnen
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