Historical Saison Band 16 (German Edition)
seine Pflichten als Erbe so lange vernachlässigen konnte. Er ist erst vor Kurzem nach London zurückgekehrt – nicht dass dich das interessieren sollte, denn mir ist es lieber, wenn du nichts mit ihm zu tun hast. Ich habe bemerkt, wie du ihn angeschaut hast, Isabelle. Er sieht zweifellos teuflisch gut aus, aber er ist ein eiskalter Mann.“
Belle erinnerte sich an die Wärme in seinen blauen Augen und zweifelte an den Worten ihrer Großmutter. Sie hatte in Lance Binghams Blick pulsierendes Leben und so viel Gefühl gesehen, dass niemand behaupten konnte, er sei ohne jede Empfindung.
Die Countess fuhr fort: „Ich erinnere mich gut daran, wie hochmütig er schon immer war. Die Frau, die ihn heiraten wird, tut mir leid. Er mag ein ausgezeichneter Soldat sein, doch bevor er nach Spanien ging, war er einer der schlimmsten Draufgänger Londons. Dessen sollten sich junge Damen wie du bewusst sein, denn ich bezweifle, dass sich das inzwischen geändert hat. Ich will nicht, dass du etwas mit ihm zu tun hast, ist das klar?“
Belle nickte. „Ja, Großmutter“, erwiderte sie gehorsam und schüttelte den Kopf, um das Bild des Mannes zu verscheuchen, der ihr nicht aus dem Sinn gehen wollte. Die Erinnerung daran, wie er sie angeschaut hatte, sorgte dafür, dass ein schwindelerregender Schauer sie durchlief.
„Entschuldige, Lance, ich komme zu spät“, sagte Rowland. „Es war verdammt schwierig, mich aus dem Club loszueisen.“ Er atmete tief durch. „Himmel, sieh dir dieses Haus an. Der Prinzregent scheint halb London eingeladen zu haben.“
Als er die Stimme seines Freundes erkannte, riss Lance, dankbar für die Ablenkung, seinen Blick von der reizenden Isabelle Ainsley los und wandte sich Rowland zu. „Wie ich sehe, hast du dich immer noch nicht rasiert“, stellte er fest und zog seinen Freud in eine ruhige Ecke. „Wie lange soll diese Rebellion gegen die elegante Gesellschaft noch andauern?“
Rowland grinste und strich sich stolz über den Bart. „Was das betrifft, bin ich noch unentschlossen. Mein Kammerdiener schimpft deswegen jeden Tag mit mir.“ Er wechselte das Thema. „Es ist gut, dass du wieder hier bist, Lance, und dass du deinen Titel angenommen hast. Warst du schon in Ryhill?“
„Da komme ich gerade her.“
„Deine Mutter ist sicher erleichtert, dich zurückzuhaben. Geht es ihr gut?“
Lance nickte. „Sie hatte mich auf Ryhill besucht, bevor sie nach Irland zu Sophie aufgebrochen ist. Meine Schwester erwartet ihr erstes Kind, und natürlich besteht Mutter darauf, jetzt bei ihr zu sein.“
„Und deine Tochter – Charlotte?“, erkundigte Rowland sich vorsichtig. „Du hast das Kind gesehen, nehme ich an?“
Lance wich dem prüfenden Blick seines Freundes aus. „Nein, aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie wächst und gedeiht und kräftig verwöhnt wird. Sie ist mit Mutter in Irland.“
Rowland wusste, dass es besser war, das Thema nicht weiter zu verfolgen, denn Lance sprach nie über seine Tochter. „Und du hast der Armee jetzt endgültig den Rücken gekehrt?“
Lance nickte und ließ den Blick an seiner Kleidung hinabwandern. „Die alte Uniform werde ich ablegen müssen, aber ich habe nichts Besseres anzuziehen, bis mein Schneider die neuen Sachen liefert – morgen, hoffe ich. Nach Waterloo hatte ich vor, meine militärische Karriere weiter zu verfolgen, doch als ich vom Tod meines Onkels erfuhr, habe ich meine Pläne geändert. Also verließ ich die Armee und richtete meinen Blick wieder in Richtung Heimat. Ich schwor mir, als Earl meine Pflicht zu tun. Allein der Gedanke, den Besitz zu verkaufen, ist mir unerträglich.“
„Nun, seit deiner Rückkehr wird sicher ausgiebig über dich getratscht. Jede Mutter mit einer heiratsfähigen Tochter hat dich garantiert im Blick. Da ist gerade eine“, bemerkte Rowland und deutete unauffällig auf eine junge Frau, die mit ihrer Mutter in der Nähe stand.
Lance schaute beiläufig in ihre Richtung und grüßte zunächst die ältere, dann die jüngere Dame mit einer leichten Neigung des Kopfes. Die Mutter lächelte krampfhaft, und die Tochter errötete.
„Da hast du ’s mal wieder. Schon immer haben dir die Frauen in Scharen zu Füßen gelegen“, stellte Rowland fest. „Sobald du in der Stadt auftauchst, werfen sie ihre Netze aus, in der Hoffnung, dich an Land zu ziehen.“
„Ich bin wählerisch, Rowland, und dieses Häppchen da drüben ist nicht köstlich genug für mich.“ Lance wandte sich von der jungen Frau ab und
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