Historical Saison Band 17
denkt, interessiert mich nicht mehr.“
Das verblüffte Alfredo. Trotzdem verfolgte er das Thema nicht weiter.
„Lass dir wenigstens von Flora beim Auskleiden helfen.“
Domino nickte und hoffte, danach würde man sie nicht mehr stören.
Doch das Grauen dieses Abends war noch nicht beendet, denn ihr Vater teilte ihr unwillkommene Neuigkeiten mit.
„Hat Carmela nichts erwähnt? Während wir im Old Ship diniert haben, ist Lady Veryan eingetroffen.“
„Lady Veryan?“, wisperte sie atemlos.
„Deine Freundin, die du so gern wiedersehen wolltest“, erklärte Alfredo ungeduldig.
„Aber – sie sollte erst morgen kommen.“
„Das dachte ich auch. Offenbar beschloss sie, nicht in Winchester zu übernachten, sondern sofort nach Brighton zu reisen. Ihr Vater ist bereits auf dem Rückweg nach Cornwall.“
„Christabel ist hier …“, flüsterte Domino.
„Ja, und an welcher Krankheit du auch immer leidest – du solltest möglichst schnell genesen. Carmela hat mir erklärt, unser Gast sei müde von der Reise und früh zu Bett gegangen. Aber Lady Veryan freut sich darauf, dich morgen zu sehen, und sie hat dir viel zu erzählen. Sicher willst du ihr auch einiges anvertrauen.“
Alfredo rief Flora ins Zimmer und wies sie an, der jungen Herrin sofort ins Bett zu helfen. Teilnahmslos ließ Domino sich auskleiden und nahm die Anwesenheit ihrer Zofe kaum wahr. Nach der Abendtoilette kroch sie unter die Decke. Endlich allein starrte sie ins Dunkel. Sie fühlte nichts, ihr ganzer Körper schien im Nichts zu versinken. Als sie in ihren Arm kniff, tat es nicht weh. Das sollte sie erschrecken, doch es störte sie kein bisschen. Nichts störte sie, nichts würde sie jemals wieder beunruhigen.
Vor einigen Jahren hatte sie den geliebten Mann an Christabel verloren. Dass Richard ihre Liebe nicht erwidert hatte und dass ihr jene Liebe jetzt nur mehr wie eine jugendliche Schwärmerei vorkam, spielte keine Rolle. Damals hatte der Kummer ihr Herz gebrochen, und sie war sicher gewesen, es würde nie mehr heilen. Aber im Lauf der Jahre hatte sie den Schmerz verwunden.
Und schließlich war sie dem Mann begegnet, den sie ihr Leben lang lieben würde. Nun hatte sie auch ihn verloren, und dieser Verlust war viel schlimmer als der erste.
Diesmal würden sich die Scherben ihres Herzens nicht mehr zusammenfügen. Und auf welche Weise hatte sie den Mann verloren, der ihre Zukunft mit Romantik und Abenteuern, mit Liebe und Freude erfüllen sollte? An dieselbe Frau wie damals Richard hatte sie ihn verloren. Vielleicht indirekt, aber unbestreitbar. Welch eine bittere Ironie!
8. KAPITEL
A ls Flora ihr den Brief brachte, lag Domino noch im Bett. Auf dem Nachttisch war die Schokolade kalt geworden, ebenso wie das Waschwasser in der Schüssel. Domino hatte sich nicht gerührt. Nie wieder wollte sie sich bewegen, diesen Raum nie mehr verlassen.
„Diesen Brief sollten Sie lesen, Miss Domino“, wagte die Zofe vorzuschlagen. Sie spürte, dass etwas Schreckliches geschehen war, konnte aber nur erraten, worum es ging. Sicher um den Mann, der ihrer Herrin seit Wochen nachstellte.
Heute Morgen war er in die Halle gekommen und hatte ihr den Brief gegeben, mit der eindringlichen Anweisung, ihn nur ihrer Herrin auszuhändigen. Nun drückte sie das Kuvert in Dominos schlaffe Hand, dann ging sie seufzend zur Tür hinaus.
Gleichmütig betrachtete Domino den Brief. Von wem er stammte, wusste sie, und sie wollte ihn nicht lesen. Aber irgendetwas bewog sie schließlich doch, das Siegel zu brechen und die wenigen Zeilen zu überfliegen.
Ich muss wissen, was geschehen ist! Hoffentlich fühlst du dich imstande, mir das persönlich mitzuteilen. Heute Mittag warte ich am Strand gegenüber deinem Haus. Bitte, triff dich dort mit mir.
Die Unterschrift lautete einfach nur: Joshua .
Als Treffpunkt hatte er den Ort angegeben, wo sie sich vor zwei Monaten zum ersten Mal begegnet waren. Vor so kurzer Zeit? Seither schien eine Ewigkeit verstrichen zu sein. Sie erinnerte sich an ihre Gefühle in jenem Moment – eine seltsame Erregung, ein gewisses Unbehagen. Beharrlich hatte Joshua ihre Nähe gesucht, ohne Rücksicht auf ihr Missfallen. Ein Omen für die Zukunft? So hatte er sich später immer wieder verhalten. Aber was sie viel schlimmer fand – er hatte sie getäuscht, was seine Vergangenheit betraf, ihr Vertrauen missbraucht und sie der Grausamkeit einer Frau wie der Duchess of Severn ausgeliefert.
Doch das ergab keinen Sinn. Hatte er sie nicht
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