Historical Saison Band 17
selbstverständlich alles mitteilen, was Sie über mich wissen wollen. Aber Domino und ich sind fest entschlossen zu heiraten – ob nächsten Monat oder nächstes Jahr.“
Alfredo richtete sich voller Stolz auf, jeder Zoll ein spanischer Aristokrat. „Vielleicht ist Ihnen das nicht ganz klar, Mr Marchmain. Welchen Ehemann meine Tochter wählen wird, dürfte von allergrößter Bedeutung sein. Aus der Familie ihrer Mutter wird sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag ein beachtliches Vermögen erben, und das könnte Ihren Entschluss beeinflussen.“
„Auf welche Weise?“
„Natürlich möchten Sie nicht für einen Mitgiftjäger gehalten werden.“
„Papa!“, mahnte Domino erschrocken.
„Da haben Sie völlig recht, Señor da Silva, das möchte ich nicht“, bestätigte Joshua gleichmütig. „Aber ich habe selber ein beträchtliches Vermögen geerbt, das ich nur zu gern mit meiner künftigen Gemahlin teilen werde.“
Seine heitere Gelassenheit ärgerte Alfredo. „Vermutlich haben Sie keine Ahnung vom Ausmaß des Erbes, das auf meine Tochter wartet.“
„Verstehst du es denn nicht, Papa?“, seufzte Domino, erbost über ihren uneinsichtigen Vater. „Mein Erbe interessiert weder Joshua noch mich. Er besitzt ein großes Landgut und genug Geld, um uns beiden ein komfortables Leben zu ermöglichen.“
„Ein so immenses Vermögen interessiert euch nicht?“, stieß Alfredo hervor. „Was ist denn das für ein Unsinn?“
Mit einem besänftigenden Lächeln neigte sie sich zu ihm. „Könnten meine Tanten nicht entscheiden, wie das Geld am besten zu nutzen wäre? Soviel ich weiß, engagieren sie sich für mehrere Wohlfahrtsorganisationen, und mein Vermögen würde einen guten Zweck erfüllen.“
Diesen Vorschlag schien Alfredo da Silva ungeheuerlich zu finden. Für ein paar Sekunden entstand ein drückendes Schweigen.
„Papa, lieber Papa!“ Beschwörend schaute sie ihn an. „Ich liebe Joshua. Ist das nicht am wichtigsten?“
„Und glauben Sie mir, Sir, ich werde Ihre Tochter auf Händen tragen“, beteuerte Joshua. „Wer könnte das besser als ein ehemaliger Wüstling?“
Domino warf ihm einen scharfen Blick zu. Diesen Kommentar fand sie nicht besonders hilfreich.
Alfredo hingegen stimmten diese Worte nachdenklich. Aus einem ersten Impuls heraus hatte er die Hand seiner Tochter ergreifen und mit ihr das Restaurant verlassen wollen, um sie in seinem Haus an der Marine Parade einzusperren, bis ihre Reise nach Spanien arrangiert werden konnte. Lady Veryan würde sich dann eben ohne den Beistand ihrer jungen Freundin in Brighton zurechtfinden müssen.
Doch was Marchmain gesagt hatte, ergab einen gewissen Sinn. Wer könnte besser für ein junges, naives Mädchen sorgen als ein Mann, der die Laster dieser Welt kannte – und ihnen entsagt hatte? Wenn Domino jemanden heiratete, den sie nicht liebte – was er niemals von ihr verlangen würde, aber die Tanten konnten sehr energisch auf ihren Wünschen bestehen –, zu welchen Schwierigkeiten mochte das führen? Beim Flamenco-Tanz seiner Tochter hatte er ihre erwachende Sinnlichkeit bemerkt. Nun erschauerte er bei dem Gedanken, wie sich solche Gefühle in einer lieblosen Ehe auswirken könnten.
Und das Vermögen, das sie erben würde, schien Marchmain tatsächlich nicht zu interessieren. Was das betraf, würde man sich im Ehevertrag sicher auf eine Regelung einigen, die alle Beteiligten zufriedenstellte.
Der dritte Gang – Crèmes, Gelees und Kuchen – blieb fast unberührt. Aber die Stimmung hatte sich spürbar gebessert, als sie zum Theatre Royal fuhren, wo Charles Kemble erneut brillierte. Vor fünfzehn Jahren hatte der Schauspieler das Theater mit einer genialen Darstellung des „Hamlet“ aus der Taufe gehoben. An diesem Abend würde er in einer Komödie auftreten und zweifellos einen ebenso großen Erfolg feiern. Die Loge, die Joshua hatte reservieren lassen, bot einen ungehinderten Ausblick zur Bühne und in den Zuschauerraum.
Entzückt betrachtete Domino das üppig vergoldete Dekor, das im Licht der neuen Gaslampen schimmerte. Lebhaftes Stimmengewirr erfüllte den ganzen Raum, von der königlichen Loge bis zu den billigen Plätzen im Hintergrund. Nie zuvor hatte sie das Theatre Royal besucht, da Carmela die Schauspielerei natürlich für sündhaft hielt.
An der Seite des geliebten Mannes empfand Domino das Erlebnis als einen doppelten Genuss. Gebannt lauschte sie den albernen Streitigkeiten zwischen Beatrice und Benedict in „Viel
Weitere Kostenlose Bücher