Historical Saison Band 17
Mann, für den sie ihn gehalten hatte. Vor ihr stand ein anderer Mensch, eine Person, der sie nicht länger vertrauen, die sie nicht mehr achten konnte. Wieder einmal glaubte sie, in einen schwarzen Abgrund zu starren.
Aber diesmal rannte sie nicht davon. Stattdessen nahm sie ihre ganze innere Kraft zusammen und sagte mit einer Stimme, die kaum zitterte: „Ich kann dich nicht heiraten, Joshua.“
„Was?“
„Ich kann dich nicht heiraten“, wiederholte sie tonlos.
„Welch ein Unsinn, Domino! Erst gestern Abend hast du deinem Vater versichert, ich würde einen idealen Ehemann abgeben.“
„Gestern erfuhr ich auch von einem Ereignis in deiner Vergangenheit, das ich dir nicht verzeihen kann.“
Ungläubig schüttelte er den Kopf und begann umherzuwandern. Unter seinen Stiefeln knirschte der Kies. Nach einer Weile blieb er vor Domino stehen, der Glanz in seinen goldbraunen Augen war erloschen. „Mein Liebes …“ Als er näher zu ihr trat, wich sie zurück. „Von meiner Vergangenheit wusstest du schon vorher, wenn auch nicht in Einzelheiten. Ich bin zu lange auf dieser Welt, um keine Vergangenheit zu haben. Aber das alles ist vorbei. Jetzt bist du die einzige Frau, die ich brauche – die ich begehre.“
„Einen Mann, den ich verachte, werde ich nicht heiraten.“
Wie konnte sie so etwas Schreckliches sagen? Hatte sie das ernst gemeint? Offenbar, denn sie hatte die Worte unwillkürlich ausgesprochen.
„Auf meine Vergangenheit bin ich nicht stolz.“ In seiner Stimme schwang unverhohlener Zorn mit. „Aber erklär mir bitte – was genau hat mir deine Verachtung eingehandelt?“
„Die Menschen, die du verletzt hast, waren meine Freunde. Christabel Tallis und Richard Veryan.“
Plötzlich errötete sie, und das erregte seine Aufmerksamkeit. „Christabel Tallis und Richard Veryan!“ Sekundenlang runzelte er die Stirn, dann erriet er die Wahrheit. „Also war Richard der Mann, den du hoffnungslos geliebt hast?“
Die Frage klang spöttisch. Aber Domino ignorierte die Provokation. „Das spielt keine Rolle. Er war dein Freund, und du hast ihn hintergangen – und Christabel im Stich gelassen.“
„Um mich zu wiederholen, darauf bin ich nicht stolz. Doch es ist vor langer Zeit passiert. Du selber hast gesagt, nach so vielen Jahren müsste man mir verzeihen. Wie ich mich entsinne, hast du meinem Bruder seine unnachgiebige Haltung verübelt. Und jetzt benimmst du dich genauso.“
„Ja, ich war wütend auf ihn – bevor ich wusste, was du getan hast.“
„Ich habe es dir erzählt.“ Kampflustig reckte er sein Kinn vor. Verdammt wollte er sein, wenn er sich geschlagen gab.
Ihre Entschlossenheit ließ nach. Doch Domino bot ihre ganze Willenskraft auf und verteidigte ihren Standpunkt. „Damals hast du erwähnt, du hättest Freunde enttäuscht, aber nicht, in welchem Ausmaß. Und ich erfuhr nicht, dass es auch meine lieben Freunde waren, denen du so übel mitgespielt hast.“
„Also sind deine Moralbegriffe relativ? Sind meine Missetaten nur verzeihlich, wenn dir die geschädigten Personen nichts bedeuten?“
Sie musste ihm recht geben, ihr Verhalten war unlogisch. Doch das änderte nichts an ihren Gefühlen. Nur zu gut erinnerte sie sich an Richards Verzweiflung, an ihr erfolgloses Bemühen, ihn zu trösten.
Ihr langes Schweigen schien Joshua zu ermutigen, und seine Stimme nahm einen sanfteren Klang an. „Jetzt sind Christabel und Richard glücklich, oder? Ist das nicht am wichtigsten? Gewiss, was ich tat, war verwerflich. Aber letzten Endes hat sich alles zum Guten gewendet.“
Dem konnte sie nicht widersprechen. Ja, alles war gut geworden. Nach qualvollem Leid …
„Wenn die beiden glücklich sind – können wir es nicht auch sein, Domino?“
Diese Frage ließ sich leicht beantworten. „Niemals kann ich mit einem Mann glücklich werden, der absichtlich zwei Herzen gebrochen hat.“
„Warum klammerst du dich so hartnäckig an die Vergangenheit?“
„Und warum gehst du so gleichmütig über deine Verfehlungen hinweg?“
„Das tue ich nicht. Ich bin mir meiner Sünden sehr wohl bewusst. Aber jetzt führe ich ein anderes Leben.“
Hätte er echte Reue gezeigt und sie aufrichtig um Verzeihung gebeten, wäre sie vielleicht schwach geworden. Doch er tat nichts dergleichen. Stattdessen verteidigte er sich arrogant, sogar spöttisch.
„Reden wir zur Abwechslung mal über dich, Domino. In den letzten Wochen hast du dich bereitwillig mit einem Wüstling eingelassen – falls ich mir
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