Historical Saison Band 17
werden könnte.“
„Ich bin nicht verletzt“, beschwerte Jessica sich.
„In jedem Fall ist es höchste Zeit, dass wir aufbrechen“, verkündete Lady Henry unerbittlich. Gleich darauf waren alle viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Sachen zusammenzupacken, um zu bemerken, dass Jessica sich von Brandt auf ihr Pferd helfen ließ, statt in einer der Kutschen mitzureisen.
„Und wohin warst du plötzlich so geheimnisvoll verschwunden?“, fragte sie Persephone, sobald sie nebeneinander und ein wenig von den anderen entfernt nach Hause ritten.
„Das ist nicht wichtig. Wie bist du in einen solchen Zustand geraten?“, lenkte Persephone ab.
„Ich bin über einen versteckten Stein gestolpert und habe mich in einem Brombeerstrauch verheddert.“
„Seltsam. Wenn mir so etwas passiert, habe ich nicht dieses Leuchten in den Augen, als wäre ich an einem wundervollen Ort gewesen“, neckte Persephone sie mit einem wissenden Lächeln.
Als Jessica nicht erwiderte, seufzte Persephone und schüttelte den Kopf, als wäre ihre Freundin ein hoffnungsloser Fall.
Irgendwie schien der Rest des Tages eher enttäuschend nach all der Aufregung des Ausflugs zu den Ruinen. Da Jessica zu geistesabwesend gewesen war, um das vorzügliche Picknick zu genießen, wusste sie das Dinner umso mehr zu schätzen. Sie schaffte es sogar, ihr Hinken ein wenig zu betonen, um der Geschichte von ihrem Sturz etwas mehr Farbe zu verleihen. Abgesehen von Lady Freyas bissiger Bemerkung, es müsse doch ungemein anstrengend sein für jemanden wie Jessica, eine solch temperamentvolle Stute zu reiten, die Jessica aber einfach ignorierte, schien es ihr tatsächlich gelungen zu sein, jenes skandalöse Zwischenspiel in der Ruine zu vertuschen.
Allerdings war sie recht erschöpft und sehr froh, endlich zu Bett gehen zu können, als die älteren Damen ebenfalls ihre Müdigkeit verkündeten. Jessica wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, dass Persephone sich auf ihr eigenes Zimmer zurückzog. Nichts würde sie davon ablenken können, an Jack zu denken, an seine berauschenden Küsse und den lächerlichen Antrag, der sie unsanft wieder in die Wirklichkeit zurückgebracht hatte.
Und so lag sie tatsächlich im luxuriösen, bequemen Bett der Königin und konnte, wie befürchtet, an nichts anderes denken. Wenn Jack nicht aufgehört hätte, wäre er jetzt ihr Liebhaber. Ein süßer Schauer der Erregung durchfuhr Jessica bei der bloßen Vorstellung. Unruhig regte sie sich unter dem feinen Bettlaken und fragte sich, ob es wirklich plötzlich ganz warm in diesem Zimmer geworden war oder ob die reine Vorstellung ihre Körpertemperatur abrupt ansteigen ließ. Zweifellos würde sie nicht zum Schlafen kommen, sollte er die Frechheit besitzen, sich zu ihr zu gesellen – und sie die Dummheit, es ihm zu erlauben. Dennoch hatte sie heute so viel Neues, Berauschendes erfahren, dass sie sich nach seiner Berührung, seinem Anblick, seinem Duft sehnte, und nach allem, was seine nackte, erregte Nähe versprach – wenn auch nur für eine Nacht.
Wäre sie doch nur erfahrener, dann hätte sie seinen Antrag mit einem Lachen abgetan, ohne einem so wundervollen Liebhaber die Tür zu ihrem Schlafgemach zu verschließen. Im fortgeschrittenen Alter von dreiundzwanzig durfte sie sich doch gewiss wenigstens eine Affäre erlauben, ohne dass man sie gleich deswegen verurteilte und zu einer Heirat mit eben diesem Mann zwang? Sie seufzte, überlegte, was ihr Vater und ihre Brüder und ihr Schwager zu dieser Idee sagen würden, und wusste, dass sie ihre Ehre bis zum Tod verteidigen würden, selbst wenn sie zwanzig Jahre älter wäre als jetzt und die beste Zeit hinter ihr läge. Früher hätten Jack und Rich sogar zu denjenigen gehört, die sie vor jedem Schaden hätten schützen wollen. Und jetzt würden alle sie ausgerechnet vor Jack beschützen müssen.
Wie seltsam das Leben doch manchmal war.
Jessica rollte sich auf die Seite. Hätte sie Jacks Antrag annehmen sollen, obwohl er sie ganz offensichtlich nicht liebte? Genau dieser Frage war sie ausgewichen, seit sie Jack abgewiesen hatte, und jetzt gab es leider nichts mehr, das sie von der Beantwortung ablenkte. Er würde ihr ein guter Mann sein, und der heutige Nachmittag hatte gezeigt, welche ungeahnten Freuden sie in ihrem Ehebett erwarten würden. Konnte ihr das also reichen?
Allein und voller Sehnsucht nach Jack, war sie nicht mehr sicher, dass sie das Richtige getan hatte. Wenn sie sich allerdings vorstellte, dass sie ihn
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