Historical Saison Band 17
geliebte Tante“, antwortete er leise und ertappte Jessica dabei, wie sie rasch ein Lächeln unterdrückte und dann hastig den Anschein gab, Lady Freyas schwerfälliger Interpretation eines Liedes von Tom Moore zu lauschen, das Jack bis zu diesem Augenblick eigentlich geglaubt hatte zu mögen.
„Zweifellos wird jeder wahre Musikliebhaber unter uns schon bald über welche klagen“, fügte er in der Hoffnung hinzu, Jessica ein weiteres Lächeln zu entlocken. Sie enttäuschte ihn zwar, aber er sah ihr an, dass es ihr sehr schwerfiel.
„Lady Freyas Mama beobachtet uns“, flüsterte sie warnend.
Ein Blick in Lady Bowlands Richtung bestätigte Jessicas Worte. „Jetzt weiß ich, wie den Löwen in Prinnys Zoo zumute sein muss“, sagte er seufzend, und es gelang ihm, wenn auch nur mühsam, seine Ohren vor den Bemühungen der untalentierten Pianospielerin zu verschließen und stattdessen über die mitternächtliche Begegnung nachzugrübeln.
Doch schon bald kehrten seine Gedanken wieder zu Jessica zurück – wie die Kompassnadel zum Norden. Vorsicht war geboten, solange Lady Bowland jede seiner Bewegungen beobachtete. Der schwache Lavendelduft, der von Jessica ausging, erinnerte Jack viel zu sehr an das unvergessliche Zwischenspiel im Kräutergarten. Besser, er dachte jetzt nicht daran, sonst würde er nicht in der Lage sein, die Wirkung dieser allzu aufregenden Erinnerungen auf seinen Körper zu verbergen. Also saß er scheinbar gelassen da und wartete, bis die musikalische Darbietung ein Ende nahm. Zur Erleichterung fast aller Anwesenden wurde Lady Freya bald darauf von Lady Clare vertrieben, damit ihre Tochter übernehmen konnte.
Alle Bienen der Grafschaft mussten sich verausgabt haben, dachte Jack belustigt, um so viele Wachskerzen zu liefern, wie sie heute in meinem Salon brennen. Doch er war ihnen dankbar, da der goldene Schein Jessicas braunes Haar rötlich schimmern ließ und Jack sich fragen musste, warum ihm etwas so ausgesprochen Faszinierendes erst seit Kurzem auffiel.
Es sah so seidig aus, dass der Wunsch in ihm erwachte, es wieder offen auf ihren Schultern zu bewundern. Wenn er die Augen schloss, glaubte er, ihre Locken auf seiner Haut zu spüren. Offen und frei über den Rücken fließend, musste es lang genug sein, um ihr festes Gesäß bedecken zu können und sein Verlangen noch mehr zu schüren als sowieso schon. Recht bald würde er dafür sorgen, dass er Jessica nackt und schön, wie sie die Natur geschaffen hatte, in seinem Bett betrachten konnte …
Schließlich hatte er es doch geschafft, sich mitten in einer sehr faden Abendveranstaltung in der Gesellschaft junger, unschuldiger Debütantinnen in einen Zustand heftigster Erregung zu versetzen. Hastig schlug er ein Bein über das andere und beugte sich scheinbar interessiert vor. Jetzt war nicht der passende Augenblick, um sich Jessica als seine Duchess vorzustellen. Sie jedenfalls schien völlig ungerührt zu sein von seiner Anwesenheit, stellte er verstimmt fest.
Um sich abzulenken, ließ er den Blick über die Schar junger Damen gleiten und verwünschte sie insgeheim für ihre Anwesenheit. Er fragte sich, ob er sich überhaupt für eine von ihnen begeistert hätte, wenn Jessica ihn nicht von dem Moment an sich gefesselt hätte, als er sie die Treppe hinaufgetragen hatte.
Lady Freya tat er sofort schaudernd ab. Er konnte sich kaum ein schlimmeres Schicksal vorstellen, als mit dieser hochmütigen, dünkelhaften Frau verheiratet zu sein. Miss Clare war gewiss eine sehr viel angenehmere Person und würde eines Tages einen Mann sehr glücklich machen. Aber er war nicht dieser Mann. Damit blieben nur noch die schönen Byffant-Schwestern und die bezaubernde Miss Corbridge im Rennen, da Miss Julia Ware bereits so gut wie verlobt war. Sie und ihre Eltern waren der Einladung nur gefolgt, um ihm nach den Gerüchten, die im ton über ihn und Rich kursierten, ihre Loyalität zu beweisen.
Nein, selbst wenn Jessica seine Einladung abgelehnt oder mit ihren Eltern zu ihrer Schwester gefahren wäre, wusste er jetzt, dass er niemals eins dieser Mädchen zu seiner Frau gemacht hätte. Ein wenig schuldbewusst, weil seine Tante und Großmutter so viele reizende Damen versammelt hatten, damit er sich eine aussuchen konnte, überlegte er, wie er ihnen zuliebe eine Anzahl geeigneter Junggesellen nach Ashburton locken konnte, bevor sie abreisten.
Mit diesem äußerst interessanten Einfall sowie einer Sammlung all jener Argumente, die Jessica davon überzeugen
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