Historical Saison Band 18
die Begegnung vorbereitet hatte …
Sie spielte mit dem Gedanken, durch die Terrassentür aus dem Salon zu fliehen, ließ ihn jedoch wieder fallen. Ist es nicht besser, sich der Situation zu stellen, als künftig jeder Begegnung mit Gingham aus dem Weg zu gehen? fragte sie sich.
Während sie noch unentschlossen war, wie sie sich verhalten sollte, endeten die Contredances, und Sophia nahm ihr die Entscheidung ab, indem sie sich neben sie stellte.
„Mr Beresford ist so ein charmanter Gentleman, Georgie. Und so attraktiv. Männer mit blonden Locken gefallen mir mit Abstand am besten!“
„Ja, ich kann deine Vorliebe durchaus nachvollziehen“, erwiderte Georgiana augenzwinkernd. „Ich glaube, ich höre bald auf, Gentlemen mit einer dunklen Haarfarbe zu bevorzugen.“
„Wenn dem so ist, würde ich es nicht offenbaren, mein liebes Kind!“, riet Lady Pickering, die mit einem Mal ein wenig nervös wirkte. „Denn gerade nähert sich ein solcher Herr.“
Georgiana musste sich gar nicht erst umdrehen. Sie wusste, dass es sich nur um Lord Fincham handeln konnte. Aus den Augenwinkeln sah sie ihn und seinen Begleiter auf sich zukommen und konnte beinah hören, wie Charles Gingham nach Luft rang, als er sie erkannte. Doch als Lady Pickering sie einander vorstellte und er kurz ihre Hand ergriff, ließ er sich zum Glück nichts anmerken – ebenso wenig wie der Viscount, was Georgiana jedoch nicht weiter überraschte.
Nachdem Lord Fincham ihre Gegenwart nur mit einem frostigen Nicken zur Kenntnis genommen hatte, verwickelte er die plötzlich verschüchterte Sophia in ein Gespräch und verpflichtete sie zu einer Reihe von Tänzen. Dann tauschte er ein paar Artigkeiten mit Lady Pickering und schlenderte davon, ohne ein einziges Wort mit Georgiana gewechselt zu haben.
„Darf ich Sie um einen Tanz ein wenig später am Abend bitten, Miss Grey?“, fragte Charles Gingham, der damit dem peinlichen Schweigen, das nach dem Fortgang seines Freundes herrschte, ein Ende setzte. Obgleich sie freundlich zustimmte, spürte sie, dass es kein Vergnügen werden würde.
Die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit, die sie zu Beginn des Balls empfunden hatte, waren seit der Ankunft Lord Finchams verflogen. Stattdessen fühlte sie eine tiefe Traurigkeit in sich aufsteigen. Es gelang ihr nur mithilfe ihres unbeugsamen Stolzes, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Ihr erster Gedanke war, jede Aufforderung zum Tanz anzunehmen, um ihm zu zeigen, wie heiter und unbekümmert sie seine kalte Gleichgültigkeit hinnahm. Dann überlegte sie es sich anders. Der Viscount war viel zu klug und würde ihre vorgetäuschte Heiterkeit im Nu durchschauen. Daher beschloss sie, zur Countess of Grenville zurückzukehren und ihr bei ihren Pflichten als Gastgeberin zur Seite zu stehen.
Nachdem auch die letzten Gäste begrüßt waren, benötigte die alte Dame ihre Unterstützung nicht mehr. Georgiana machte es sich daraufhin zur Aufgabe, Tanzpartner für diejenigen jungen Damen zu finden, die ihre Fähigkeiten auf dem Parkett bisher noch nicht hatten unter Beweis stellen dürfen. Sie schlenderte durch die Räume und unterhielt sich freundlich mit den verschiedensten Gästen. Dabei wahrte sie die ganze Zeit über einen sicheren Abstand zu Lord Fincham und versuchte zu vermeiden, ihn auch nur aus den Augenwinkeln zu beobachten. Dennoch bemerkte sie, dass er mit Sophia die Tanzfläche betrat, und es blieb ihr auch nicht verborgen, dass er sich anschließend in das Kartenzimmer zurückzog.
Sie verspürte eine gewisse Erleichterung, als er das Gesellschaftszimmer verließ, und nutzte die Gelegenheit, um nach draußen auf die Terrasse zu schlüpfen. Für einen Moment wollte sie mit ihren Gedanken allein sein und wieder neue Kraft sammeln. Ihre ureigene Stärke, die sie kaum je im Stich ließ, schien sich an diesem Abend erschreckend schnell aufzubrauchen.
Als sie sich mit den Händen auf der steinernen Brüstung abstützte und in die warme Mainacht schaute, erschien ihr der Anblick des dunklen Gartens ebenso abweisend und düster wie der Verlauf ihrer ersten und einzigen Saison in London. Trotzdem umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Sie konnte dem Viscount wegen seines Verhaltens noch nicht einmal Vorwürfe machen. An seiner Stelle hätte sie sich ebenso verletzt gefühlt und wäre erzürnt gewesen, wenn jemand auf so empörende Weise ihre Gastfreundschaft missbraucht hätte und dann plötzlich ohne Erklärung verschwunden wäre. Welche Möglichkeit hatte sie jedoch, um
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