Historical Saison Band 19
dessen Vorschlag erfuhr.
„Ich weiß es nicht, Imogen. Wir sollten aber nicht länger in derartig geschwätziger Manier Mutmaßungen über die Absichten von Menschen anstellen, die sich als Gäste unter dem Dach eures Hauses befinden.“
„Vielleicht nicht, doch nachdem ich in letzter Zeit ein paar Einblicke in die feine Gesellschaft gewonnen habe und Damen wie Mrs Garret-Lowden begegnet bin, ist mir klar geworden, dass Papa als wohlhabender Witwer eine attraktive Beute darstellt. Bevor ich zum ersten Mal ein paar ländliche Abendgesellschaften besuchte, war er für mich einfach nur mein Vater. Jetzt wird mir bewusst, dass er Sir Gyffard Frayne ist – und eine gute Partie, zumindest aus der Sicht von verwitweten Damen in wenig begüterten Umständen wie denen von Mama Garret-Lowden.
„Nenne sie bitte nicht so, Imogen. Das ist weder nett noch gehört es sich für eine Dame.“
„Bemühen Sie sich nicht mehr, mein Benehmen zu verbessern, liebe Rosie. Wenn Sie sich immer noch nicht sicher sind, ob ich Sie in der Öffentlichkeit blamiere, sollten Sie aufhören, Gouvernante zu sein und sich stattdessen nach einem Ehemann umsehen“, stellte Imogen spöttisch fest.
Sophie war zu müde und durch das Wiedersehen mit Peter und Sir Gyffards Antrag zu aufgewühlt, um diese lächerliche Aufforderung einfach zu übergehen, wie sie es normalerweise getan hätte. „Ich bin keine achtzehn Jahre mehr und auch keine Dame aus einer reichen Familie mit blendenden Aussichten“, sagte sie leise.
Wehmütig erinnerte sie sich daran, wie aufregend es sich angefühlt hatte, ein Jahr knapp achtzehn zu sein und mit Peter ein Leben voller Liebe und Lachen vor sich zu haben. Was dann geschah, glich aus ihrer Sicht eher einer Naturkatastrophe als einer gescheiterten Liebesaffäre. Sie war mit gebrochenem Herzen aus Holm Park verschwunden, und all ihre Träume waren von heute auf morgen zerplatzt.
„Nun gut, aber Sie sind eine sehr hübsche Dame von gerade einmal fünfundzwanzig Jahren, die sich weigert, nach einer besseren Position im Leben zu trachten, während sie noch jung genug ist, um das Leben zu genießen. Was auch immer Sie über familiäre Verbindungen gesagt haben, und wie wenig Sie und Lord Sylbourne jetzt voneinander wüssten, er hat Sie den ganzen Abend genau beobachtet, Rosie. Jedes Mal wenn er dachte, niemand würde es bemerken, hat er zu Ihnen hingesehen, als ob seine Blicke magisch von Ihnen angezogen würden.“
„Unsinn. Seine Lordschaft ist ein welterfahrener Gentleman von beachtlichem Rang. Er kann sich eine Braut in den feinsten Kreisen aussuchen. Wenn er von meiner Existenz überhaupt Notiz nimmt, dann wohl eher als einer Art von Kuriosität.“
„Es sieht nicht so aus, als ob er Sie für eine Absonderlichkeit hält“, widersprach Imogen beharrlich.
Nein, dazu weiß er in der Tat zu viel über mich, dachte Sophie. Sie versuchte, ihr Unbehagen zu überspielen, und blickte so ungerührt wie möglich in den Spiegel, während sie das lange dunkle Haar noch gründlicher als sonst bürstete.
„Nein, ich bezweifle, dass meine Person für ihn von Interesse ist“, behauptete sie trotz unwiderlegbarer Gegenbeweise und vermied es, sich im Spiegel in die eigenen Augen zu sehen, aus Furcht darin mehr zu erkennen, als ihr lieb war.
Peter lehnte sie ab, und nach den Auseinandersetzungen und Enthüllungen dieses Abends war es sogar möglich, dass er sie wirklich hasste. Dennoch ließ ihn das, was sie einander gewesen waren, nicht so ungerührt, wie er es gern gehabt hätte.
„Nun, er wirkt auf mich wie ein sehr scharfsinniger und einfühlsamer Gentleman. Deshalb könnte ich mir denken, dass er trotz dieses scheußlichen mausgrauen Kleides, der übertrieben strengen Frisur und dieser abschreckenden Haube erkannt hat, dass Sie alles andere als die altmodische alte Jungfer sind, als die Sie heute unbedingt erscheinen wollten.“
„Ich hoffe nicht“, bestritt Sophie beinahe glaubhaft.
Doch die unerwünschte Erinnerung an den überstürzten Kuss auf dem dunklen Gang und an die intensivere und bittersüße Umarmung von eben ließen wenig Zweifel daran aufkommen, dass sie sich etwas vormachte.
Im Nachhinein betrachtet wäre es klüger gewesen, sie hätte sich in ihrem normalen, zurückhaltenden Stil gekleidet und sich selbstbewusst als eine Dame von Stand mit gewissen Ansprüchen im Hinblick auf das Äußere präsentiert, auch wenn sie sich gezwungen sah, als Gouvernante zu arbeiten. Ihre absurde Verkleidung hatte
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