Historical Saison Band 20
vielleicht auch nicht.“
Claudia holte eine Münze aus ihrem Retikül. Schnell packte die Frau die unverhoffte Gabe und wies mit einer heftigen Kopfbewegung auf die Wohnung gegenüber.
„Da drüben. Aber sie ist nicht da. Tagsüber arbeitet sie.“
„Und wo?“
„In der Wäscherei unten am Kanal.“
Und damit schlug ihr die alte Frau die Tür vor der Nase zu. Claudia seufzte und ging die Treppe wieder hinunter. Anthony sah angespannt zu ihr auf.
„Und?“
„Wir hatten kein Glück.“ Sie berichtete ihm kurz, was sie erfahren hatte.
Die Wäscherei war nicht schwer zu finden, da sie sich nur zwei Straßen weiter befand. Der kräftige Geruch nach Laugenseife und nasser Wäsche hätte sie in jedem Fall hingeführt. Eine diskrete Nachfrage bei einer stämmigen Frau an der Tür ergab, dass Madeleine Fournier tatsächlich hier arbeitete.
„Ich muss sie einen Moment sprechen.“
„Sie hat zu tun. Außerdem wird der Boss nicht erfreut sein, wenn er es herausfindet.“
Claudia schenkte ihr ein verschwörerisches Lächeln. „Ich werde es ihm nicht verraten, wenn Sie es nicht tun.“
Die Frau zuckte mit den Achseln. „Ich hole sie.“
Kurz darauf kam eine weitere Frau vom Hof herein, etwa Ende zwanzig, von durchschnittlicher Größe und schlank. Früher musste sie einmal sehr hübsch gewesen sein, aber jetzt war ihr Gesicht mager und verhärmt, umrahmt von unordentlichem braunem Haar. Sie blieb mehrere Schritte entfernt stehen und musterte ihre Besucherin verhohlen.
Claudia lächelte. „Mademoiselle Fournier?“
„Wer sind Sie? Warum sind Sie hier?“
„Mein Name ist Claudia Brudenell. Ich muss mit Ihnen über Alain Poiret sprechen.“
Die blauen Augen der Frau verengten sich voller Misstrauen. „Was wissen Sie über Alain?“
„Ich weiß, dass er tot ist und man ihn verraten hat.“
„Ich kann Ihnen nichts sagen.“
„Mademoiselle, ich möchte herausfinden, wer für seinen Tod verantwortlich ist, und ihn seiner gerechten Strafe zuführen.“
„Ich sagte doch, ich weiß nichts. Alain hat nie über seine Arbeit geredet, und ich bin nie einem von seinen Mitarbeitern begegnet. Ich kann Ihnen nicht helfen.“
„Ich verstehe. Nun, wenn Ihnen doch noch etwas einfallen sollte, können Sie mich unter dieser Adresse finden.“ Claudia reichte ihr eine kleine Karte.
„Es wird nichts nützen.“
„Bitte nehmen Sie sie. Für alle Fälle. Sie können vielleicht andere Menschen davor bewahren, dasselbe Schicksal zu erleiden wie Alain.“
Nach kurzem Zögern nahm die Frau die Karte und steckte sie in ihre Tasche. Dann ging sie, ohne sich umzuschauen.
Seufzend trat Claudia wieder auf die Straße, wo Anthony auf sie wartete.
„Ich nehme an, Mademoiselle Fournier war nicht besonders entgegenkommend“, sagte er.
„Sie hat Angst, Anthony. Ich könnte darauf schwören.“
„Wahrscheinlich, und aus gutem Grund.“
„Ich wünschte, ich könnte ihr helfen.“
Er warf ihr einen durchdringenden Blick zu. „Du hast getan, worum Genet dich gebeten hat. Damit endet die Sache, Claudia.“
Sie seufzte. „Ja, ich weiß.“
Als sie wieder in der Mietskutsche saßen, sah sie ihn ernst an. „Ich danke dir, dass du heute mit mir gekommen bist.“
Die Worte trafen ihn ebenso unerwartet wie auch der Ton ihrer Stimme und der Ausdruck in ihren Augen. „Gern geschehen.“
„Irgendwie habe ich das Gefühl, alle enttäuscht zu haben.“
„Das hast du nicht“, widersprach er. „Dein Bruder wäre mit Recht stolz auf dich.“
Sie errötete leicht. „Danke. Das würde mich freuen.“
„Zweifle nicht daran, Claudia.“
Die Aufrichtigkeit, mit der er sprach, ließ ihr Herz schneller schlagen. Ihre Mission mochte ein Misserfolg gewesen sein, aber Anthony hatte sie jenseits aller Erwartungen dabei unterstützt. Sie war ihm unendlich dankbar.
Dann kam ihr plötzlich ein Gedanke, der so offensichtlich war, dass sie nicht glauben konnte, wie sie ihn hatte übersehen können.
„Ich frage mich …“
„Was fragst du dich?“
„Du erinnerst dich doch an die beiden Agenten, die aus Paris fliehen konnten.“
„Was ist mit ihnen?“
„Wäre es nicht eine gute Idee, mit ihnen zu reden?“
„Denk nicht einmal im Traum daran, Claudia.“
„Ich meinte ja nicht, dass ich es tun sollte, aber du könntest es doch tun.“
„Und dann?“
Sie biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Dann könntest du mir sagen, was sie dir erzählt haben.“
Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Du raffinierte
Weitere Kostenlose Bücher