Historical Saison Band 20
Sie kennen mich nicht sehr gut.“
So schnell verlosch ihr inneres Leuchten, ihre Lebhaftigkeit, dass er plötzlich eine andere Person vor sich zu haben schien. Im einen Augenblick sprühte sie förmlich vor Begeisterung, im nächsten war sie traurig und mutlos. Und die Verzweiflung, die sie verspürte, war ihm nicht unbekannt.
Ihre Bitte überhaupt zu erwägen war verrückt. Es ließ ihn nur nicht los, weil er sie begehrte. Und zwar heftig. Und ihr ging es nicht anders, nur würde sie nie zugeben, dass daraus ihr Wunsch resultierte, mit ihm irgendwo einzubrechen. Und wenn er ablehnte, was dann? Erwog er es etwa tatsächlich?
Langsam schüttelte er den Kopf.
„Bitte, sagen Sie nicht Nein! Ich meine es ernst, Elliot. Wenn Sie ablehnen, zeige ich Sie an.“
Wirklich, es gab wohl kaum eine originellere Frau. Sie war auf ihre Art ebenso rücksichtslos wie er selbst. Er lächelte schief und fuhr sachte mit einem Finger über ihre Lippen. Der Puls an ihrer Kehle pochte heftig. Er fühlte ihre flachen Atemzüge, doch sie wich nicht zurück. Lächerlich, und doch glaubte er, in ihren Augen eine verwandte Seele zu erkennen … Auch sie stand am Rande der Gesellschaft. Selbst der flüchtigste Gedanke, ihre Bitte zu erfüllen, zeugte von Irrsinn.
„Mit Drohungen werden Sie bei mir nichts ausrichten“, sagte er leise. „Wenn ich Sie mitnehme, dann nur, weil ich es will.“
Bei diesen Worten begann sie am ganzen Leib zu zittern. Wollte er es, wollte er sie ? Begehrte er sie? Niemand hatte sie je begehrt. „Und Sie … wollen mich?“, fragte sie, weil genau das Bella gesagt hätte, und weil sie, wenn sie zuließ, als Deborah zu denken, sofort kneifen und die Flucht ergreifen würde – um es dann den Rest ihres Lebens zu bereuen. Und sie war des Bereuens derart überdrüssig!
Waren sie ganz allein? Elliot schaute hastig umher, dann zog er sie an sich. Seine Augen funkelten geheimnisvoll. „Sie spielen ein sehr gefährliches Spiel, Deborah Napier. Ich an Ihrer Stelle nähme mich in Acht. Denn wer mit dem Teufel tanzt, landet leicht in der Hölle. Also, Sie dürfen mich begleiten! Aber nur, wenn Sie versprechen, meinen Anweisungen genauestens zu folgen.“
„Sie spaßen nicht!“ Oh, Gott, er meinte es wirklich ernst. Bald war sie eine Einbrecherin. Eine Diebin! Eine Diebin?
Da dieser wichtige Aspekt ihr bisher entgangen war, schwankte sie kurz. Doch die Tat würde ja auch ohne sie geschehen. Und derjenige, den Elliot als Opfer auserkor, verdiente höchstwahrscheinlich, bestohlen zu werden – so wie Jacob. Außerdem brauchte Bella diesen Anstoß … und sie, Deborah, brauchte Bella. Und Elliot wartete auf ihre Antwort. Nie wieder würde ihr eine solche Gelegenheit geboten werden. Niemals!
„Ich verspreche es“, sagte sie eifrig. „Ich tue alles, was Sie sagen.“
„Dann beweisen Sie es. Küssen Sie mich“, verlangte Elliot kühn, ohne auch nur eine Sekunde zu glauben, dass sie gehorchen würde.
Doch sie tat es. Mit wild klopfendem Herzen, ohne sich auch nur einen Moment des Überlegens zu gestatten, hob Deborah sich auf die Zehenspitzen, zog seinen Kopf zu sich herab und tat es. Mitten im Hyde Park, am helllichten Tage, küsste sie ihn.
3. KAPITEL
D er Kuss hätte lediglich ihren Handel besiegeln sollen, doch kaum dass sich ihre Lippen berührt hatten, kamen die Erinnerungen … und sein Mund fühlte sich verwirrend vertraut an. Elliot legte seine Hände auf ihre Hüfte, zog sie näher an sich, und Deborah kostete es aus, seinen sehnigen, harten Körper zu spüren.
Er lockte und reizte sie, bis sie ihre Lippen öffnete und ihre Zungen sich trafen. Sie erschauerte, hörte, wie er scharf einatmete. Deborah vergaß alles ringsum, als Elliot sie so dicht an seinen warmen Körper drückte, dass sie die Knöpfe seines Rockes spürte.
Es war ein Kuss, wie sie ihn noch nie empfangen hatte, heißer noch durch das Abkommen, das damit besiegelt wurde, und zusätzlich entflammt dadurch, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden und jeden Moment ertappt werden konnten. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass Küsse sie derart erregen könnten.
Als jedoch Hufgeklapper von der anderen Seite der hohen Hecke erklang, lösten sie sich eilig voneinander. Schwer atmend sahen sie einander an. Er zerrte an seiner Krawatte, als drohte er zu ersticken. Sie betastete mit ihren behandschuhten Fingern ihre Lippen.
Elliot, um eine Lässigkeit bemüht, die er mitnichten verspürte, bückte sich, um seinen Hut aufzuheben,
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