Historical Weihnachten Band 6
mehr zu sagen.“
„Ich habe Euch für einen ehrenwerten Mann gehalten, Sir Myles.“
„Sagt die Jungfer, die sich mir im Nachtgewand nähert“, versetzte er grimmig.
„Das meinte ich nicht. Ich spreche von der Abmachung, die wir im Privatgemach meines Onkels getroffen haben, erinnert Ihr Euch?“
„Was soll damit sein? Ich habe verloren, es ist vorbei. Ihr seid frei.“
„Einerseits ja, und dann wieder auch nicht“, erwiderte sie sanft. „Ich muss Euch offen gestehen, dass Ihr am Ende doch gewonnen habt. Ihr habt es geschafft. Ich liebe Euch.“
Giselle hielt den Atem an, genau so lange, wie Myles brauchte, um zu begreifen, was sie gesagt hatte. Doch dann sprang er auf, zog sie an sich und küsste sie so tief und leidenschaftlich, dass sich ihr ganzer Körper erhitzte, als stünde er in Flammen.
„Ach, Giselle, Giselle“, flüsterte er, strich mit den Lippen zart über ihre Wangen, um sie sogleich mit derselben Heftigkeit noch einmal zu küssen. Er war ihr so nah, dass sie das rasende Klopfen ihrer beider Herzen spüren konnte, und er hielt sie so fest, als wolle er sie nie wieder loslassen. „Bist du auch ganz sicher?“
„Wäre ich wohl hier, wenn ich es nicht wäre?“
„Aber du warst so abweisend und so klar in deiner Entscheidung.“
„Ich habe nachgedacht und in mich hineingehorcht, und meine Meinung hat sich geändert – es sei denn, du willst mich jetzt nicht mehr.“
„Ich habe noch nie in meinem Leben etwas mehr gewollt als dich“, sagte er, und seine Augen strahlten vor Glück.
Giselle schmiegte sich an seine breite, muskulöse Brust. „Dann sind wir also schon zwei.“
„Ich habe mich benommen wie ein aufgeblasener, arroganter Narr. Kannst du mir das verzeihen?“
„Wenn du mir verzeihst, dass ich dir von Anfang an keine Chance gegeben habe, zu zeigen, wer du wirklich bist.“ Sie streichelte seinen Rücken und spürte seine harten Muskeln unter dem Stoff seiner Jacke. Er war so stark, so männlich und so anziehend, dass sie nicht anders konnte, als ihn hemmungslos zu begehren.
Sie legte den Kopf in den Nacken und bot ihm ihre Lippen dar, und während sie sich wild und atemlos küssten, streichelte er sie am ganzen Körper, fordernd und verführerisch.
Doch als auch sie begann, ihn zu streicheln, stöhnte er auf und schob ihre Hand weg.
„Giselle, wenn du nicht möchtest, dass wir hier an Ort und Stelle unsere Ehe vollziehen, dann bitte ich dich, aufzuhören.“
Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn voller Ernst und Anerkennung. Er war von nobler Gesinnung, und sie wusste, dass er recht hatte. Genauso überzeugt aber war sie von der Echtheit seiner Gefühle, und was hinderte sie daran, gleich morgen zu heiraten, wenn sie es wollten? Ihr Onkel würde ihnen sicher nicht im Wege stehen. Sie öffnete die Schnallen ihres Umhangs und ließ ihn zu Boden gleiten.
„Nein, mein Lieber“, sagte sie leise. „Ich will dir auch ein Geschenk machen. Nimm es an. Nimm mich.“
Und ohne Widerspruch oder Reue nahm er sie in den Arm und legte sie auf das Lager aus Stroh.
Sir Wilfrid gab sich große Mühe, den beiden jungen Leuten, die da vor ihm standen, den alten Brummbären vorzuspielen.
„Wie war das noch gleich, mein Kind? Hast du nicht alles dafür getan, um dieser Heirat widersprechen zu können?“
„Ja, aber ich habe meine Meinung geändert“, verkündete Giselle stolz.
„Das Vorrecht der Frauen“, warf Myles milde lächelnd ein.
„Genauso ist es, lieber Onkel. Frauen sind nun einmal wankelmütig.“
Sie muss ihn schon sehr lieben, dachte Sir Wilfrid gerührt, wenn sie einem solchen Vorurteil nicht widerspricht. „Ich soll also den Ehevertrag unterzeichnen?“
„Ja, lieber Onkel.“
„Und Ihr, Sir Myles, wollt meine Nichte immer noch heiraten?“
„Ja, Sir, das will ich.“
„Nun, dann freue ich mich sehr für euch beide“, sagte der Alte, und sein bärtiges Gesicht verzog sich zu einem breiten, glücklichen Lächeln.
„Da ist noch etwas, lieber Onkel“, begann Giselle. „Wir würden gern so bald wie möglich heiraten. Wenn es geht, sogar schon heute.“
„Wie bitte?“ Sir Wilfrid hatte den Sinneswandel seiner Nichte gerade verdaut, doch nun konnte er kaum noch mithalten.
„Warum sollten wir damit warten? Heute Abend geben wir unser großes Abschiedsfest, warum nicht gleich ein Hochzeitsfest daraus machen? Unsere Freunde sind alle noch hier, selbst Cecily, wir ersparen ihnen eine erneute Anreise. Vater Paul kann uns während der
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