Historical Weihnachtsband 1990
den Rücken zu strecken sowie Arme und Hände auszuruhen.
Obwohl sie an harte Arbeit gewöhnt war, schmerzten ihr die Muskeln, und in den Handflächen bildeten sich Blasen. Hätte sie nur an ihre Handschuhe gedacht, bevor sie aus dem Haus gestürmt war.
Bei jeder Unterbrechung ließ sie den Blick über die Männer schweifen, bis sie Daniel fand. Er war nicht schwer zu entdecken, da er immer mittendrin war, Befehle brüllte und sich auf die notwendigen Aufgaben stürzte. Sein Gesicht wurde vom Feuerschein in der dunklen Nacht unheimlich erleuchtet. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und trotz der Kälte bildeten sich dunkle feuchte Flecken auf seinem Hemd. Er wirkte hart, stark und fähig.
Während Melinda ihn beobachtete, zog sich ihr das Herz in der Brust zusammen, und ihr schien plötzlich schwindlig zu werden. Sie biß sich auf die Lippen und wandte sich mit erneuter Anstrengung der Pumpe zu. Das ist keine Liebe, mahnte sie sich streng. Für einen Mann wie Daniel MacKenzie kann ich unmöglich etwas empfinden.
Ihn zu begehren war etwas anderes. Schließlich war er ein gutaussehender, starker Mann, wie viele Fehler er auch haben mochte. Doch seine Fehler waren offensichtlich, und sie war nicht so töricht, sie zu mißachten. Er war rüde, grob und rauh. Er haßte Frauen und mochte ihren Sohn nicht um sich haben.
Doch dann dachte sie an das durchdringende Blau seiner Augen und sein dichtes schwarzes Haar. Die Wärme fiel ihr ein, die sie immer empfand, wenn er sie ansah.
Sie erinnerte sich an das traurige Schicksal, das sein Leben zerstört hatte. Wer weiß, sagte sie sich, vielleicht ist er nicht immer so gewesen. Sein Lachen an dem Morgen, als alles vereist gewesen war, und sein unerwartet aufleuchtendes Lächeln fielen Melinda ein, und sie dachte, vielleicht ändert er sich. Konnte diese harte Schale mit Hilfe der Liebe einer Frau nicht zerbrechen und von ihm abfallen?
Ihr Pumpen wurde langsamer. Plötzlich ging ihr auf, in welche Richtung ihre Gedanken strebten, und Melinda schob sie zur Seite. Eisern wandte sie sich der Pumpe zu. Sie schaute erst wieder auf, als sie eine Hand auf dem Arm spürte. Lula Moore stand neben ihr. „Die Männer haben jetzt alles befeuchtet", sagte sie. „Jetzt fangen sie an, einen Feuergraben auszuheben. Hier können Sie nichts mehr tun.
Aber ein paar belegte Brote und Kaffee könnten Sie machen. Ich glaube, wenn das hier vorbei ist, haben alle einen mächtigen Hunger."
Melinda nickte, froh, endlich aufhören zu können.
Sie ging zum Haupthaus, während Lula in ihr eigenes Haus zurückkehrte. In der Küche legte Melinda den Mantel ab. Durch das Feuer und die harte Arbeit war ihr heiß geworden. Am liebsten hätte sie ihn draußen schon ausgezogen, doch war ihr das zu kühn erschienen. Schließlich hatte sie darunter nur ein Nachthemd und ihren Morgenrock an.
Im Herd machte sie Feuer. Dann wusch sie sich Schmutz und Ruß von den Händen.
Sie bereitete zwei Kannen voll Kaffee zu und stellte sie auf die Herdplatte, während sie dicke Schnitten für die Cowboys richtete.
Nachdem sie ein Tablett mit Broten beladen hatte, rief sie Lee und gab es ihm, um es herumzureichen. Sie zog den Mantel wieder an und trug selbst ein Tablett mit Kaffeetassen und Kannen hinaus. Die Männer griffen nach den Schnitten und aßen hungrig. Anschließend stürzten sie den Kaffee hinunter. Sie waren fast fertig mit der Arbeit und wandten sich ihren Aufgaben nun, da sie etwas zu essen und heißen Kaffee im Magen hatten, mit neuer Energie zu.
Melinda kehrte zum Haus zurück, um beide Kaffeekannen wieder zu füllen. Auf der Veranda drehte sie sich noch einmal um. Der Viehstall brannte lichterloh vor dem schwarzen Nachthimmel und warf ein rotes, flackerndes Licht auf die sich plagenden Männer. Der Anblick erinnerte sie an eine bebilderte Ausgabe von Dantes „Inferno".
Aber das Feuer breitete sich nicht weiter aus, so schrecklich es auch aussah. Die Männer gewannen den Kampf. Melinda riß sich von dem Anblick los und ging hinein, um die Kannen auszuspülen und noch mehr Kaffee zu kochen.
Sie stand am Herd, wozu sie den Mantel wieder abgelegt hatte, und wartete darauf, daß der Kaffee fertig wurde. Da wurde die Tür geöffnet, und Daniel MacKenzie trat ein. Seine Kleidung war verschwitzt und voll Schmutz und Ruß. Das Hemd hing, vorn offen, immer noch über der Hose, die Ärmel waren aufgerollt. Offensichtlich hatte er sich draußen unter der Pumpe Gesicht und Arme gewaschen, denn sie waren sauber
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