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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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aus."
    Isabelle starrte ihn an, dann stieg sie vom Pferd, warf die Zügel über das Verandageländer. Sie raffte ihre Rockschöße zusammen und eilte die Stufen hinauf ins Haus.
    Einer der Soldaten bemühte sich, ein Feuer im Kamin zu entfachen. Der andere kniete neben dem Sofa, auf das er den alten Mann gelegt hatte, und hielt eine Feldflasche an seine Lippen. Als Isabelle herantrat, wich der Yankee höflich zur Seite.
    Sie schluckte, als sie sah, daß der Alte auf dem Sofa gar kein Yankee war, sondern ein Rebell in seiner grauen Uniform, mit den goldenen Verzierungen der Artillerie. Er war mindestens sechzig, schätzte sie, und doch war er in den Kampf gezogen und hatte nun versucht, durch die schneidende Kälte nach Hause zu laufen, mit nichts als Lumpen an den Füßen.
    Sie kniete neben ihm nieder, zog die Decke dichter um ihn zusammen. „Ich habe getan, was ich konnte", sagte der Yankee neben ihr. Er neigte höflich den Kopf.
    „Frederick Walker, Ma'am, Feldarzt bei der Neunten Wisconsin-Infantrie. Ich versichere Ihnen, ich habe alles Menschenmögliche getan."
    Isabelle nickte ihm kurz zu, blieb aber an der Seite des alten Mannes. Sie nahm seine Hand.
    „Er wollte nach Hause, wollte Weihnachten zu Hause verbringen. Wir versuchten, es ihm zu ermöglichen, aber . . . Nun, manchmal ist es ein weiter Weg bis nach Hause."
    Plötzlich schlug der alte Mann die Augen auf. Sie waren von einem verwaschenen Blau, rot gerändert, aber als er Isabelle sah, war ein Funkeln darin. „Gott! Ich bin im Himmel, und die Engel sind blond und wunderschön."
    Isabelle lächelte. „Nein, Sir, das ist nicht der Himmel. Ich beobachtete, wie die Yanks Sie hereinbrachten, und wollte sehen, ob ich was für Sie tun kann. Ich bin Isabelle Hinton, Sir." Sie warf dem Militärarzt einen Blick zu und fragte sich, ob sie den alten Mann zum Reden ermuntern sollte. Die Augen des Doktors verrieten ihr, daß es ein Akt der Menschlichkeit wäre.
    Der alte Mann keuchte, sein Atem rasselte, aber er verlor sein Lächeln nicht. „Was treiben Sie denn am Heiligen Abend hier draußen, an einem Tag wie heute? Sie sollten warm und gemütlich zu Hause sitzen, junge Dame."
    „Und Sie hätten nicht mit nackten Füßen durch die Gegend laufen sollen."
    „Sie waren nicht nackt. Sie steckten in den besten Stiefeln, die die Konföderierten dieser Tage zu bieten haben", erwiderte er entrüstet. Er seufzte leise. „Ach, Mädel, schau nicht so traurig drein. Ich wußte, daß es mit mir zu Ende geht. Ich wollte nur mal sehen, ob ich es noch bis nach Hause schaffe. Diese jungen Männer haben mich netterweise mitgenommen." Er bedeutete ihr, sich weiter herabzubeugen. „Yanks!"
    flüsterte er ihr verschwörerisch zu, als hätte sie das nicht längst bemerkt. Dann lächelte er breit. „Der Doktor hier kennt meinen Sohn Jeremy. Jeremy ist als Arzt bei einer Westvirginia-Division. Sie haben zusammen Felddienst geleistet. In Spotsylvania und am Antietam Creek. Sogar bei Gettysburg. Stimmt's Doktor?"
    „Ihr Sohn ist bei der Union?" fragte Isabelle.

    „Einer von ihnen. Meine beiden anderen Jungs dienen unter Lee und sind noch am Leben, und meine Töchter sind zu Hause. Aber wissen Sie, Miss Hinton, all diese Jahre ist jeder meiner Jungs, sofern er Urlaub ergattern konnte, zu Weihnachten nach Hause gekommen. Nicht, daß wir viel Urlaub gehabt hätten, aber geschrieben haben wir uns auf jeden Fall. Meine Jungs schrieben mir jedesmal, egal was, egal welche Farbe ihre Uniform jeweils hat. Und diese Briefe bedeuteten mir alles. Sie bedeuteten, daß ich Weihnachten zu Hause war." Er brach ab, wurde von einem lang anhaltenden Hustenanfall geschüttelt. Besorgt klopfte ihm Isabelle auf die Brust. Der junge Yankee-Doktor bot ihm einen weiteren Schluck aus seiner Flasche an, der den Husten beruhigte. Erschöpft legte sich der alte Mann zurück, sah Isabelle dabei besorgt an. „Seien Sie nicht so schreckhaft, Mädel. Ich begebe mich an einen schöneren Ort, wo die Engel wirklich singen. Können Sie sich vorstellen, wie ein Weihnachtsfest im Himmel aussieht? Wo der Krieg keinen Einfluß hat? Hören Sie auf, sich meinetwegen zu sorgen. Gehen Sie heim. Verbringen Sie Weihnachten zu Hause."
    Isabelle schüttelte den Kopf. Sie schluckte. „Ich — ich will Sie nicht verlassen."
    Er schloß die Augen, ein Lächeln auf seinen verdörrten Lippen. „Dann bleiben Sie bei mir. Aber wenn ich davongegangen bin, versprechen Sie mir, daß Sie dann nach Hause gehen."
    „Ich weiß nicht,

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