Historical Weihnachtsband 1992
Gregory trug einen langen weißen Kittel über dem Anzug. Er war knapp vierzig, mit einem schwarzen Vollbart und vergnügt blickenden Augen.
Beim Anblick des Hundes in Jeds Armen wurde er sofort ernst. „Was ist geschehen?"
fragte er ohne Umschweife.
„Das wissen wir nicht", antwortete Peter. „Mein Freund hier sah ihn auf der Straße liegen. Anscheinend wurde er angefahren."
Dr. Gregory schüttelte zornig den Kopf. Vorsichtig nahm er Jed den Hund ab. „Solche Leute sollte man auspeitschen. Es kümmert sie kein bißchen, was sie einem Tier antun."
Da Dr. Gregory sich plötzlich an Cornelias Anwesenheit erinnerte, entschuldigte er sich. „Ich bitte um Verzeihung, Miss. Nun, wir wollen sehen, was dem Hund fehlt.
Das wird
eine Weile dauern, Lowell. Soll ich Sie anrufen?"
Peter nickte. „Das wäre mir sehr recht. Tun Sie für ihn, was Sie können, Gregory. Es scheint ein netter Hund zu sein."
Der Arzt versicherte, daß er alles tun würde, was in seinen Kräften stünde, und verschwand mit seinem Patienten in einen anderen Raum. Peter wandte sich an die Zwillinge. „Ich werde mich mit Ihnen in Verbindung setzen, sobald ich etwas erfahre.
Haben Sie Telefon?"
Jed nickte. Er hatte im vergangenen Jahr seine Mutter überredet, einen Apparat installieren zu lassen. Mrs. Neville hatte gejammert, das Ding würde bestimmt explodieren und sie alle umbringen, wahrscheinlich mitten in der Nacht. Bis zu diesem Zeitpunkt war jedoch nichts Schlimmes geschehen, wenn man davon absah, daß die Familie bei irgendwelchen Beschäftigungen durch schrilles Klingeln unterbrochen wurde.
„Das war sehr großzügig von Ihnen", sagte Cornelia beim Verlassen der Praxis. Es hatte sie überrascht, eine so mitfühlende Seite an Peter Lowells Charakter zu entdecken. Oder standen für ihn kleine Hunde eine Klasse über Romanautorinnen?
„Keineswegs", wehrte er ihr Lob ab. „Jetzt können wir nur hoffen, daß alles gutgeht." Er wandte sich an die Zwillinge. „Meine Mutter veranstaltet morgen eine Schlittschuhparty. Ich würde mich freuen, wenn Sie alle kommen könnten."
Jed schaute ziemlich verwirrt drein. Trotz seiner Jugend wußte er, was eine Einladung bei den Lowells bedeutete. Zuerst bekamen sie die Grauschimmel geliehen, und nun dies. Ihm fehlten die Worte.
Ted hingegen strahlte über das ganze Gesicht. „Mit dem größten Vergnügen, Sir."
Niemand dachte daran, Cornelia zu fragen. Peter Lowell hatte, was durchaus korrekt war, die Einladung ihren Brüdern gegenüber ausgesprochen. Schließlich waren sie die Männer und daher die Oberhäupter der Familie.
Die Zwillinge waren ungeheuer aufgeregt, daß sie als solche anerkannt wurden. Erst als sie später, nachdem Mr. Lowell
sich verabschiedet hatte, wieder in der Mietkutsche saßen und nach Hause fuhren, äußerte Jed: „Mr. Lowell scheint deine Gesellschaft zu schätzen, Cornelia. Ich vermute, daß sein Interesse für dich hinter der Einladung zur Schlittschuhparty steckt." Der junge Mann schien sehr mit sich zufrieden, daß er das durchschaut hatte.
Die Freude über seine Hellsichtigkeit legte sich, als Cornelia, die aus dem Fenster geschaut hatte, das Kinn hob und erwiderte: „Wenn das so sein sollte, täte mir das leid, da ich euch nicht begleiten werde."
„Selbstverständlich begleitest du uns", sagte Melanie Neville zu Cornelia. Sie saßen kurze Zeit später im Salon, tranken Tee und wärmten sich die Hände am Kaminfeuer. Die Zwillinge hatten ihren Bericht über die Begegnung mit Mr. Lowell beendet. Die Neuigkeit von der Einladung hatte Mrs. Neville äußerst erfreut aufgenommen.
Melanie Nevilles Wangen waren rosig angehaucht, und ihre Augen leuchteten. „Ich kann es kaum glauben", sagte sie. „Die Lowells gehören, wie ihr sicher wißt, zu den angesehensten Familien der Stadt. Außerdem sind sie sehr reich und verfügen über einen ungeheuren Einfluß. Nicht einmal Mrs. Astor kann ihnen das Wasser reichen, obwohl sie sich alle Mühe gibt." Melanie Neville preßte die Hand gegen die Brust und schaute geradeaus, während offenbar Visionen von gesellschaftlichen Höhepunkten vor ihrem geistigen Auge erschienen.
„Ich werde das maronenfarbene Samtkleid tragen", redete sie nach einer Pause weiter. „Cornelia, du wirst in dem blauen Kostüm sehr hübsch aussehen. Aber bitte, tu mir den Gefallen und halte dich zurück, Liebes. Ich weiß, wie gern du Schlittschuh läufst, doch einige der gewagten Figuren sind nicht das richtige für eine derartige
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