Historical Weihnachtsband 1993
gewesen.
Am nächsten Tag erfuhr Matt, daß Laura eine dritte Wahl getroffen hatte, vielleicht aber auch bloß der Vater. Das rosenfarbene Kleid hing wieder im Krämerladen, so daß weiterhin alle Frauen davon träumen konnten, es zu besitzen, und Ned Harrison gab Matt Braden den Betrag zurück, den er dafür bezahlt hatte . . .
Matt nahm einen letzten Zug seiner Zigarette und warf den Stummel ins Feuer.
Einen Moment glühte sie noch auf, dann zerfiel sie und wurde zu Asche. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ging in sein Zimmer. Jene Weihnachten waren dann auch die letzten gewesen, die er hatte feiern wollen. Von dem Tage an hatte Matt gewußt, daß seine Wünsche niemals Wirklichkeit werden würden. Ja, der Stolz der Conners! Er war erschreckend.
Er zog die Stiefel aus und ging zu Bett. Dort lag er, die Hände unter dem Kopf verschränkt, ein kleines Lächeln um den Mund. Der bloße Gedanke an Laura stimmte ihn heiter. Er konnte es heute wie damals einfach nicht begreifen, was sie an ihm fand. Was mochte einem Unschuldslamm wie Laura Conners an einem Rauhbein wie ihm anziehend erscheinen? Ihr, dem Einzelkind, von den Eltern innig geliebt, an ihm, dem Jüngsten eines Wurfes von vieren, die ohne führende Hand aufwuchsen und nichts kannten als das Recht der Faust? Matt hatte immer versucht, dem Vater Freude zu bereiten, doch dabei stets gegen die drei Brüder ankämpfen müssen, die älter waren als er und sich keineswegs darum kümmerten, ob er mithalten konnte oder auf der Strecke blieb. Aber er hatte mitgehalten, erst mit Jase, Cal und Dan Pferde zuzureiten, dann gleich ihnen am Eisenbahnbau mitzuarbeiten, und schließlich sogar, als sie sich ein Halfter um die Hüften schnallten, einen Revolver hineinsteckten und besser damit umgehen konnten als andere. Während all der Jahre hatte Laura an ihn geglaubt.
Es gab eine Zeit, als Matt noch jung und töricht war, da war er ernstlich überzeugt, ihre Unschuld und ihr guter Charakter könnten für sie beide reichen. Vielleicht würde mit den Jahren etwas davon auf ihn abfärben und er dann anständig werden.
Doch die Worte von Lauras Vater hatten den angestrebten Zweck erreicht. Als Matt sich um Laura bewerben wollte, war ihm ihre untadelige Tugend entgegengehalten worden und die Frage gestellt worden, wie lange es wohl dabei bleiben sollte, bevor man mit Fingern auf sie zeigen würde. Durch eine Ehe mit Matt Braden würden Laura Conners' Träume zerbrechen, denn die Stadtväter könnten niemals eine Schullehrerin einstellen, deren Ehemann im Verdacht stand, an jedem Verbrechen in dem Distrikt beteiligt zu sein. Noch mehr: sie und die Kinder, denen Laura das Leben schenken mochte, würden eines Tages darunter leiden müssen, daß man ihn, Matt Braden, schimpflich ins Gefängnis steckte, weil er von der Waffe Gebrauch gemacht hatte, die er im Halfter trug.
„Wenn Sie Laura jetzt verlassen", hatte der alte Conners sachlich festgestellt, „wird sie eine Weile glauben, es nicht überwinden zu können, aber danach wird sie darüber hinwegkommen. Wenn Sie sie aber mitreißen auf Ihre vorgezeichnete Bahn, müßte sie ein ganzes Leben darunter leiden. Wenn Sie Laura also wirklich lieben, Braden, stehen Sie ihr nicht im Wege, sondern lassen ihr die Möglichkeit, ihre Träume zu verwirklichen ..."
Matt schaute traurig in die Dunkelheit. Vater Conners war ein schlauer Kopf gewesen und hatte es fertiggebracht, ihn, Matt, zu überzeugen. Sogar jetzt, da er Laura so sehr begehrte, wußte er, daß er damals die richtige Entscheidung getroffen hatte. Laura war nicht geschaffen für ein Leben zwischen Gefahr und Tod. Matt sah draußen die Schneeflocken gegen die Fensterscheiben wirbeln. Ein Sturm braute sich zusammen. Er mußte die Fährte wieder aufnehmen, ehe die Desperados ihn aufspürten. Aber der Gedanke, Laura so schnell schon wieder verlassen zu müssen, war sehr schmerzlich. Sie hatte ihn so gut umsorgt. Was auch immer er tun konnte, blieb immer noch ein armseliges Dankeschön. So beschloß er, noch einen Tag zu bleiben. Damit streckte er sich auf dem breiten Bett aus, die Hand um den stählernen Lauf des Gewehres gelegt, und schaute weiter in die Finsternis. In einer Hinsicht wenigstens hatte Vater Conners recht behalten. In frostiger Nacht brachte eine kalte Waffe einem Mann kein bißchen Wärme.
Freilich, manche Nacht war es die Waffe gewesen, der er es zu danken hatte, daß er heute noch am Leben war.
7. KAPITEL
Am nächsten Morgen war Laura schon
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