Historical Weihnachtsband 1993
als Laura aus der Tür trat.
„Willst du nicht hereinkommen?"
„Wenn ich damit fertig bin." Er hob die Zigarette in die Höhe. „Ich wollte deines Vaters Hausregeln nicht brechen."
Sie lachte und antwortete herzlich: „Komm, Matthew, bevor du hier draußen erfrierst. Rauch deine Zigarette ruhig beim Kamin."
„Es macht dir wirklich nichts aus?"
„Ich könnte mir vorstellen, daß es ganz nett wäre."
Bevor er ihr folgte, beugte er sich nieder und nahm etwas von der Veranda auf.
„Was hast du da?"
„Dein Pferdegeschirr. Als ich vorhin im Stall war, fiel mir auf, daß es ziemlich durchgescheuert ist. Dachte mir, ich könnte es schnell ausbessern."
Laura errötete, als er die Jacke auszog und sich in dem Lehnstuhl am Kamin ausstreckte. „Ich wollte es in den nächsten Tagen in Ordnung bringen."
Er hob gleichmütig die Schultern. „Mir tut es nichts. Wenigstens habe ich eine Beschäftigung, bis ich wieder bei Kräften sein werde." Er schaute ihr zu, wie sie sich den Nähkorb und das Flickzeug holte und es sich damit in dem Schaukelstuhl bequem machte. Matthew rauchte, bis er sich beinahe die Finger verbrannt hätte.
Laura blickte ihn an, als er den Stummel ins Feuer warf, und atmete den Duft des glühenden Holzes, das Aroma des Tabaks. Wie lange war es nun schon her, seitdem etwas so ausgeprägt Männliches das alte Blockhaus durchweht hatte!
Eine Weile arbeiteten sie beide schweigend. Nur gelegentlich warf Laura dem Mann einen Blick zu, während Matthew ganz vertieft in seine Aufgabe schien. Es war doch sonderbar, wie sehr er durch seine bloße Gegenwart den Raum erfüllte und wohnlich machte, und wieviel Geborgenheit seine Anwesenheit gab!
Schließlich hängte Matthew das ausgebesserte Pferdegeschirr an einen starken Haken, und Laura bemerkte, daß er sich die wunde Schulter rieb.
Sofort legte sie das Flickzeug beiseite, stand auf und ging zu ihm hinüber. Sichtlich besorgt, legte sie ihm die Hand auf den Arm. „Nun hast du dich überanstrengt. Du hättest gleich nach dem Abendessen wieder zu Bett gehen sollen."
„Ich war nicht müde, Laura, und dankbar für die Ablenkung." Als Laura die Hand zurückziehen wollte, umschloß er sie mit festem Griff. Seine Stimme klang dunkel und lockend. „Wenn ich auf engstem Raum mit dir zusammen sein soll, brauche ich ziemlich viel Ablenkung." Sein Blick schweifte über ihr Gesicht und blieb an ihren Lippen haften. „Sonst könnte ich etwas tun, was wir beide nachher bereuen würden."
Laura wurde heiß und beklommen. Sie konnte einfach nichtverbergen, wie erregend seine geringste Berührung für sie war. Aber trotzdem, wenn diese Zeit mit ihm unbeschadet überstanden werden sollte, mußte Laura sich wehren. Gegen Matthew und gegen ihren übermächtigen Wunsch, sich ihm einfach in seine starken Arme zu werfen.
„Ich sage dir schon einmal ,gute Nacht', Matthew." Als sie ihm die Rechte entziehen wollte, wurde sein Griff härter. Überrascht suchte sie seinen Blick.
Seine dunklen Augen waren ganz schmal geworden. Er las Angst und Unschlüssigkeit in Lauras Zügen. Begierde durchpulste ihn, Begierde und Erregung, viel gewaltsamer, als er sie bisher jemals empfunden hatte. Er hob eine Hand, liebkoste mit dem Daumen Lauras Lippen. „Wie weich, Gott im Himmel, wie weich du bist, Laura."
Sie wußte, daß er sie nun küssen würde, aber sie war sich auch darüber im klaren, daß sie, wenn sie sich von ihm küssen ließ, verloren sein würde. Unter Aufbietung aller Willenskraft, die Laura zu Gebote stand, trat sie einen Schritt zurück und löste sich aus dem Bann der Berührung.
Matthew ließ die Hand sinken. „Gute Nacht, Laura."
Sie rang nach Worten, konnte jedoch keinen Ton hervorbringen. Mit wankenden Knien ging sie durch den Raum, suchte das eigene Schlafzimmer auf. Und als sie schließlich einsam im Dunkel lag, drohte sie eine Welle äußerster Verzweiflung zu überschwemmen. Laura gestand sich ein, wie sehr sie sich gewünscht hatte, Matthew sollte sie küssen. Großer Gott, warum hatte sie nicht alle Vorsicht in den Wind geschlagen und sich von Matthew küssen lassen, seine Küsse erwidert!
Als Laura viel später endlich in einen unruhigen Schlummer fiel, fühlte sie sich so verzweifelt und verlassen wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
6. KAPITEL
Matt ging in der Wohnstube auf und ab. Er war sich der Gegenwart der Frau, die nur durch eine Wand von ihm getrennt schlief, geradezu schmerzhaft bewußt. Nach einer Weile blieb er schließlich vor dem
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