Historical Weihnachtsband 2010
und davon waren sie überzeugt, ihr zur Bezahlung ihrer Dienste sicher ein Schmuckstück geschenkt hatte.
Trotz der Festlichkeiten um sie herum fiel es Elizabeth schwer, sich nicht ihrer inneren Verzweiflung hinzugeben. Die Feiern, der Mummenschanz und all die fröhlichen Lustbarkeiten zu Ehren von Christi Geburt und dem Ende des Jahres machten es für sie noch schlimmer, auf Silloth zu sein und gleichzeitig doch nicht mit den Bewohnern von Lord Orricks Dorf feiern zu können.
Die Streitereien zwischen den Männern und Frauen, die sich entweder auf die Seite des Schotten oder auf die der Hure stellten, wurden immer größer, bis Elizabeth am Tag nach der Weihnachtsmesse schließlich um Erlaubnis bat, in ihre Hütte ziehen zu dürfen. Zunächst sah es so aus, als wollte Lord Orrick nicht einwilligen. Doch nachdem Lady Margaret mit ihm gesprochen hatte, stimmte er ihrer Bitte zu und schickte sogar einen Stallburschen mit etlichen Vorräten vorbei. Offensichtlich wünschten er und seine Frau sich zum Jahresende etwas Frieden in ihrem Haushalt.
Versteckt in ihrer eigenen Heimstatt, mit genug Essen, Trinken und Torf für einige Wochen versorgt, beschloss Elizabeth, die Zeit zur Vorbereitung auf ihr neues Leben zu nutzen. Sie verstand nun, dass sie das Schicksal versucht und Gott den Allmächtigen beleidigt hatte, indem sie Lord Gavins Einladung annahm und die wenigen Nächte voller Seligkeit mit ihm genoss. Und ihre Bestrafung hatte darin bestanden, dass sie vor dem Mann, den sie liebte, ihre schreckliche Vergangenheit hatte enthüllen müssen.
Wenn sie sich daran erinnerte, wie er zu ihr von seiner Liebe gesprochen hatte, oder wenn sie nachts erwachte und immer noch seine Hände auf ihrer Haut zu spüren glaubte, dann fühlte sie sich jedoch nicht ganz so bußfertig. Nein, sie sehnte sich sogar nach diesen Tagen und Nächten, in denen sie sich ihm hingegeben hatte. Ganz gleich, welches Ende ihre Liebesgeschichte auch genommen hatte, die Erinnerungen an diese Nächte mit ihm würde sie immer wie einen Schatz hüten.
Die Sonne schien an diesem Tag nur wenige Stunden, und bis sie schlafen gehen würde, leistete Elizabeth sich den Luxus einer Kerze. Draußen heulte der Wind, und eine dünne Schicht Schnee bedeckte jetzt die Erde. In dieser Nacht würde sich keiner hinauswagen. Irgendwie machte das Jahresende sie rührselig. Sie suchte den Ring ihrer Mutter und das seidene Halstuch hervor. Es war ihr gelungen, beides über ihr früheres Leben hinwegzuretten.
Während sie den Ring und das Tuch an sich presste, weinte sie sich ihren Kummer über alles, was sie verloren hatte, von der Seele. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Das hatte sie sich noch nie erlaubt, noch nicht einmal in ihren schlimmsten und demütigendsten Momenten. Irgendwann in der Nacht fiel sie endlich in den Schlaf.
Ein Klopfen an der Tür ließ sie erschrocken aufwachen. Kein Narr würde bei diesem Wetter draußen unterwegs sein. Außerdem hatte Lord Orrick verkündet, dass sie zu den Gilbertinen ging. Daher würde keiner der Männer sie mehr belästigen. Es gab niemanden, der ihre Dienste benötigte. Deshalb hatte sie also Angst, die Tür zu öffnen. Dann rief eine Stimme nach ihr.
„Mistress Elizabeth? Seid Ihr da drinnen?“
Der heulende Wind verzerrte die Stimme, aber Elizabeth vermutete, es könnte der Sohn des Müllers sein. Was wollte er? Sie entriegelte die Tür, umklammerte aber den Lederriemen so fest wie sie konnte. Schließlich öffnete sie die Tür nur einen Spaltbreit, um sich zu vergewissern. Ja, es war tatsächlich Liam. Sie ließ ihn ein und schloss die Tür.
Ganz nass vom Schnee stand er stumm vor ihr. Dann stotterte er einige Worte, die sich wie Gälisch anhörten, und hielt ihr etliche Päckchen hin. Schweigend stand er dabei, während sie sie öffnete. Sie fand darin einen Laib Brot, einen Krug Bier und ein Stück Torf. Gerade als sie ihn nach dem Grund seines Besuchs fragen wollte, flog die Tür auf, er wurde von hinten gepackt, und jemand schob ihn hinaus.
„Er hat alle Worte durcheinandergebracht, aber was kann ich auch von einem dürren, jungen Sassenach wie ihm erwarten. Er hat dir Glück und Reichtum für das neue Jahr wünschen sollen. Ich will dir gar nicht verraten, was er tatsächlich gesagt hat.“
Lord Gavin schritt über die Schwelle ihrer Hütte. Elizabeth wich zurück, um ihm Platz zu machen. Er riss seinen schneebedeckten Umhang von den Schultern und ließ ihn neben der Tür zu Boden fallen.
„Ich wäre
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