Historical Weihnachtsband 2010
gerne er das Leben aus diesem nichtswürdigen Kerl geprügelt hätte, der offen zugab, Elizabeth im Stich gelassen zu haben, ballte Gavin wieder die Hände zu Fäusten.
„Es geht ihr gut. Es wird für sie gesorgt. Dein Vater hat es versprochen.“
„Was hat er gesagt?“
„Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes berichten. Aber dein Vater bereut nicht im Geringsten, wie er dich behandelt hat. Es tut ihm auch nicht leid, dass er gierig war auf das, was Kennard ihm für seinen Verrat anbot.“
„Und Kennard?“
Sie sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Deshalb nahm Gavin sie in die Arme und setzte sich mit ihr auf die Matratze. „Hol ein paarmal tief Luft.“ Nachdem sie seinem Rat gefolgt war und Farbe in ihre Wangen zurückkehrte, fuhr Gavin mit seiner Geschichte fort.
„Kennard ist tot.“
„Tot? Tot? Hast du …?“
Vielleicht war es sein zufriedenes Lächeln, das in Elizabeth den Verdacht weckte, er könnte beim Tod ihres Mannes seine Hand im Spiel gehabt haben. Gavin konnte nicht anders, als lächeln. Er war einfach nur glücklich darüber, dass Kennard, der die Frau hatte zerstören wollen, die er selbst liebte, jetzt tot war und in seinem Grab verrottete.
„Ich muss gestehen, ich hätte ihn umgebracht, nachdem ich erfahren habe, was er dir nur um seiner Gier willen angetan hat. Wenn er noch am Leben gewesen wäre. Aber kurze Zeit nach deiner Ankunft hier auf Silloth starb er an Schwindsucht. Und sein Bruder, den er noch mehr hasste als dich, hat nun alles geerbt, was Kennard für sich zusammengerafft hat.“
Erschüttert über diese Nachricht schmiegte Elizabeth sich an ihn. Und Gavin genoss es, sie nach den langen, einsamen Wochen wieder in den Armen zu halten. Die reine Wut hatte ihn nach ihrem Geständnis aus dem Gemach getrieben. Rasender Zorn ließ ihn auf der Suche nach der Wahrheit, die selbst Elizabeth nicht kannte, Stürmen trotzen und trieb ihn über Berge und Hügel. Allein dieser Zorn hielt ihn aufrecht und gab ihm die Kraft, nach der Wahrheit zu suchen. Er hatte sie ihr als wertvolles Geschenk überbringen wollen.
Niemand, noch nicht einmal die niedrigste Kreatur auf Gottes Erdboden, verdiente eine Behandlung wie Elizabeth sie in ihrer Geschichte beschrieb. Er hatte gewusst, dass er Nachforschungen über ihre Vergangenheit anstellen und ihr Hoffnung auf eine Zukunft geben musste. Und selbst wenn sie ihn nicht wollte, so befriedigte ihn die Erkenntnis, dass sie seinem Leben wieder einen Sinn gegeben hatte. Er war gebraucht worden, und wenn auch nur für kurze Zeit.
„Mein Angebot steht immer noch, Elizabeth. Obwohl ich sicher bin, dass du dir jetzt, wo du eine wohlhabende Witwe bist, deine Wahl gut überlegen wirst.“
Sie richtete sich auf und sah ihn an. „Wie meinst du das?“
„Anscheinend steht in deinem Ehevertrag, dass die Hälfte deiner Mitgift an dich zurückfällt, sollte Kennard vor dir sterben. Den schlimmen Handel mit deinem Vater hielt Kennard absichtlich geheim. Und sein Testament oder seinen Ehevertrag änderte er nie. Also wurde auch die andere Hälfte deiner Mitgift deinem Vater zurückgegeben. Ich muss gestehen, es brauchte ein wenig Überzeugungskraft, aber ich habe einen Beutel voll Gold bei mir, der jetzt dir gehört. Sein Inhalt reicht, um dir nach Belieben einen Ort auszusuchen, der dir gefällt. Dort kannst du dann gut davon leben.“
Elizabeth blieb der Mund offen stehen. Gavin streckte die Hand aus und schloss ihn wieder sanft. Er konnte sich vorstellen, was sie jetzt dachte und welche Fragen ihr durch den Kopf gingen. Welche Möglichkeiten ihr jetzt offenstanden!
„Warum hast du das getan?“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und rieb sich die Augen. „Du kennst mich erst seit Kurzem. Wieso mischst du dich in die Angelegenheiten einer Fremden ein?“
Gavin lächelte. Während er auf der Suche nach der Wahrheit kreuz und quer durch England reiste, hatte er sich selbst wieder und wieder die gleiche Frage gestellt. Und er hatte zwei Antworten gefunden.
„Einer der Gründe ist kein anderer als ein ziemlich anmaßender Eigennutz. Nachdem ich mich monatelang nutzlos gefühlt habe, hast du mich gebraucht. Du wusstest nicht, dass ich, um dir zu helfen, der Sache nachgehen würde. Du musstest die Wahrheit wissen, und ich konnte sie für dich herausfinden. Endlich wurde ich gebraucht, und das befriedigte mich zutiefst.“
„Du närrischer Mann! Du wirst gebraucht. Während der ganzen Zeit kamen fast täglich Boten hierher
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