Historical Weihnachtsband 2010
dass sie um ein Haar gestürzt wäre, hätte er sie nicht an den Schultern gepackt und gestützt.
„Das ist jetzt nicht nötig. Aber ich würde gerne wissen, wer Ihr seid.“
„Rosemary. Ich … wir …“
„Die Familie, deren Apotheke zerstört wurde. Walter erzählte es mir bei meiner Ankunft.“ Richards Lächeln vertiefte sich. Sein Blick zeigte jetzt unverhohlene Neugier. „Ich habe gerade meine beiden Söhne zu Bett gebracht. Wie hatten uns unterwegs verspätet, und beide waren nahe daran, im Sattel einzuschlafen. Sie hatten so gedrängelt und wollten unbedingt die Stadt in ihrem Weihnachtskleid sehen. Und waren dann ganz enttäuscht, unser Haus ohne jeden Schmuck vorzufinden.“
„Lord William ordnete an, dass keine Stechpalmenzweige aufgehängt und kein Weihnachtskuchen gebacken werden sollten.“
„Ach verdammt“, knurrte Richard.
„Er trauert um seine Ella“, verteidigte Rosemary seinen Bruder.
Richard legte den Kopf schräg. „William hat Euch das gesagt?“
„Aye. Er liebt sie sehr.“
„Es überrascht mich, dass er Euch von ihr erzählte.“
Rosemary wandte den Kopf ab. Ihre Wangen röteten sich bei der Erinnerung an den Kuss, der ihren gegenseitigen Bekenntnissen gefolgt war.
„Was ist mein Bruder für Euch?“, fragte Richard scharf.
„Ein Freund.“ Rosemary warf den Kopf in den Nacken. „Nein, weniger als das. Er half meinem Onkel, den Dienern und mir. Er …“
„Weniger als ein Freund.“ Richards Stimme hatte einen sanften Klang, und seine Augen blickten plötzlich voller Wärme. „Aus Eurer Begrüßung, als Ihr mich mit William verwechselt habt, würde ich schließen, dass er mehr als nur ein Freund ist.“
„Ich sorge mich um ihn. Ich …“ William . Rosemary sog scharf die Luft ein. „Ich muss zu ihm.“ Sie wirbelte herum.
Richard hielt sie am Arm zurück. „Warum? Was ist ihm zugestoßen?“
„Er ist im Lagerhaus und wartet, dass die Falle zuschnappt, die er den Gewürzdieben stellt. Den Männern, die George Treacle und die anderen Kaufleute ermordet haben.“ Der Knoten in ihrer Brust zog sich enger zu. „Ich habe Angst, dass es ihm egal ist, ob er überlebt, bis die Diebe gefasst sind.“
„Dieu. Mutter hatte recht. Sie bestand darauf, ich solle einen Vorwand finden, William zu besuchen. Sie glaubte, dass es ihn vielleicht etwas aufheitert, wenn ich meine Buben mitbringe.“ Richard fluchte. „Ich habe William erst vor einer Woche gesehen. Er sprach davon, nach Italien zu gehen. Aber Selbstmord … das sieht William nicht ähnlich.“
„Nein. Aber vielleicht wird er einfach nicht entschlossen genug kämpfen, um am Leben zu bleiben.“
„Er wird doch nicht …“, flüsterte Richard.
„Ich will nur sichergehen, dass er nichts Törichtes tut.“ Rosemary entschlüpfte seinem Griff.
Richard stellte sich ihr in den Weg. „Es ist schon spät. Morgen früh will ich mit ihm sprechen. Dann sehe ich, in welcher Stimmung er ist.“
„Wenn die Diebe heute Nacht angreifen, ist es morgen vielleicht zu spät. Ich gehe zum Lagerhaus und überzeuge mich davon, dass alles in Ordnung ist mit ihm.“
„Das ist zu gefährlich. Bleibt hier, und ich werde herausfinden, was mit ihm ist.“
Rosemary blickte auf und sah ein Gesicht, das dem Williams sehr ähnelte. Doch dieses Gesicht verbarg nichts von seinen starken Gefühlen. Gewiss, Richard machte sich Sorgen, aber im Grunde seines Herzens war er mit sich im Frieden. Er hatte seine Söhne, seine Frau, seine Familie. Einem Mann, der mit seinem Leben so zufrieden war wie Richard, würde sie nicht erklären können, was es hieß, im Weiterleben keinen Sinn mehr zu sehen. Sie aber wusste, was das hieß. Bei Gott, sie wusste es. „Nein, ich muss gehen.“
Richard zögerte. Dann gab er ihr mit einem widerstrebenden Kopfnicken seine Zustimmung. „Ich würde sagen, Ihr seid meinem Bruder weit mehr als nur eine Freundin. Und ich freue mich, dass Ihr gerade jetzt in sein Leben getreten seid.“
„Er freut sich nicht darüber, glaube ich“, sagte Rosemary leise.
„Wenn ich mich erst einmal davon überzeugt habe, dass es ihm gut geht, werde ich wohl etwas Verstand in ihn hineinprügeln müssen.“ Er grinste, als sie erschrocken die Luft anhielt. „Nehmt Euren Mantel, während ich die Männer zusammenrufe, die ich mitgebracht habe. Sollten die Diebe angreifen, dürfte eine Sonderarmee von dreißig Mann und zwei Rittern gerade recht kommen.“
9. KAPITEL
30. Dezember
In einem Lagerhaus zu sitzen und darauf zu
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