Historical Weihnachtsband 2010
bei all dem hier zu unterbrechen, aber ich brauche dich. Du musst ein Rätsel für mich lösen.“
„Ein Rätsel? Oh natürlich, ich liebe Rätsel.“ Sorgfältig legte er die Bücher beiseite und fragte: „Worum geht es?“
Rosemary breitete die Listen vor ihm aus. „Lord William und ich versuchen herauszufinden, wem die Gewürze, die den Londoner Kaufleuten gestohlen wurden, von Nutzen sein könnten. Der teure Safran, die Mandragorawurzel und auch Granatapfel könnten für vieles benutzt werden, vom Kochen bis zum Heilen.“
„Vielleicht verkaufen die Diebe sie.“
„Lord Williams Männer fanden keine Spur davon auf dem Schwarzmarkt.“ Sie legte die Liste obenauf. „Diese Dinge hier hat George geordert. Myrrhe und Parietaria officinalis waren natürlich für uns bestimmt.“
„Hm.“ Percy warf einen Blick auf die Erhebung unter der Bettdecke. Dort lag sein gichtkranker Fuß. Er war mit der von Rosemary hergestellten Salbe eingerieben, in Bandagen eingewickelt worden und lag nun erhöht auf einem Kissen. „Ich glaube, die griechischen Ärzte hatten recht. Der Fuß scheint nicht mehr so stark geschwollen zu sein.“
„Oh, da bin ich aber froh. Und die Schmerzen?“
„Hm.“ Er bewegte den Fuß ein wenig. „Sind weniger. Entschieden weniger. Nicht, dass ich aufstehen und tanzen könnte.“
„Es ist ein Wunder.“ Durch einen Schleier von Glückstränen strahlte sie ihn an.
„Nur das Ergebnis hartnäckiger Forschung. Und was ist mit der Myrrhecreme?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe Malcolm losgeschickt, damit er Muriel erzählt, was geschehen ist.“ Ihre Freundin war mit dem Jungen zurückgekommen. Voll Mitleid hatte sie sich immer wieder dafür entschuldigt, dass ihr kleines Heim sie nicht beherbergen konnte. „Muriel versprach, als Vermittlerin zwischen uns und Lady Chandre aufzutreten. Aber sie sagte kein Wort darüber, ob sie die Creme mag.“
„Nun gut. Die Zeit wird’s lehren.“
„Die Zeit ist knapp. Wir müssen die Diebe ergreifen, bevor sie erneut zuschlagen. Einige dieser Sachen auf Georges Liste sind mir nicht vertraut. Weißt du, wofür sie genutzt werden könnten? Es könnte uns helfen, unsere Suche einzuschränken.“
Percy blickte finster drein, als er die Namen auf der Liste überflog. „Bring mir Tinte und Pergament, ich will zuerst eine Liste aller möglichen Anwendungen aufstellen.“
Rosemary holte das Gewünschte und stand dann dabei, während ihr Onkel mit gefurchter Stirn vor sich hin murmelte und immer wieder etwas aufschrieb. Die Zeit zog sich in die Länge. Ihre Gedanken schweiften zu Lord William, der jetzt im Warenlager darauf wartete, dass die Diebe zuschlugen. Die Sorge um ihn, die sie zuvor schon geplagt hatte, wuchs. Sie stellte sich vor, wie er dem Unglück direkt in die Arme lief und sein Leben riskierte, das ihm nichts mehr bedeutete. Schließlich hielt sie es nicht länger aus.
„Ich gehe zu Lord Williams Lagerhaus.“
„Hm. Nimm Malcolm mit.“
Rosemary nickte. Sie hatte nicht die Absicht, den Lehrling zu wecken, aber sie würde Walter bitten, sie zu begleiten. Sie eilte aus der Kemenate und huschte auf Zehenspitzen durch die dunkle Halle, wobei sie achtgab, nicht auf einen der Sommervilleschen Diener zu treten, die in ihre Decken gehüllt hier schliefen. In der Eingangshalle blieb sie stehen, unschlüssig, wo sie den Verwalter finden konnte.
Schritte erklangen auf der Treppe, die zu den Schlafquartieren im oberen Stockwerk führte. Schnell trat sie in den Schatten. Ein Paar schmutzige Stiefel kamen in ihr Blickfeld, gefolgt von muskulösen Beinen und einer breiten, in blaue Wolle gehüllten Brust. Das Gesicht über dieser Brust ließ sie nach Luft schnappen.
„Lord William!“ Rosemary sprang auf ihn zu. „Ich bin so froh, dass Ihr nicht gegangen seid.“ Sie schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest. „Ich hatte solche Angst …“
„Das merke ich, aber …“ Eine warme Hand umfasste ihr Kinn und hob es an, sodass ihre Blicke sich trafen, „… ich bin nicht William.“
„Oh!“ Entsetzt stolperte Rosemary einen Schritt zurück und ließ den Mann los, der William so ähnelte und doch anders war.
Dieser Mann lächelte, und seine Augen tanzten im Licht der Kerze, die er in der Hand hielt. „Ich bin Richard, Williams Bruder.“
Richard, der Erbe der Grafschaft. Anna hatte dafür gesorgt, dass Rosemary alles über Williams erlauchte Familie wusste. „Mylord.“ Rosemary versuchte einen Knicks, aber sie hatte so weiche Knie,
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