Historical Weihnachtsband Band 4
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Heiligenschein!
Fiona schrie auf. Mühsam riss sie sich zusammen und zog das Laken bis zum Kinn hoch. „Ich weiß nicht, wer Sie sind, oder wie es Ihnen gelungen ist einzudringen, aber Sie verlassen mein Haus umgehend.“
Ihre Besucherin kicherte. „Pass auf, junge Dame, sprich nicht in diesem Ton mit mir.
Ich war dabei, als deine Mutter dich in deine ersten Windeln wickelte.“
„Das ist unmöglich.“
Die Erscheinung schnaubte beleidigt. „Ganz im Gegenteil, es ist vollkommen möglich.
Ich bin dein Schutzengel, Fiona. Ich besuchte dich jede Nacht in deinem Schlafzimmer, als du noch ein winziges Baby warst, und wir spielten zusammen so viele lustige Spiele. Ich war bei dir, als deine liebe Mutter von euch schied. Ich hielt deine Hand, als du an ihrem Bett saßest, und tröstete dich. Erinnerst du dich nicht an mich?“
Fiona bedachte ihre Lage so gelassen wie möglich. Die Heilanstalt für verwirrte Gemüter, das Bethlehem Royal Hospital, liegt in der Lambeth Road – recht weit von hier entfernt, aber wohl nicht gänzlich unerreichbar, überlegte sie. Sie erinnerte sich, irgendwo gelesen zu haben, dass manche Wahnsinnige über erstaunliche Kräfte verfügten. Unwillkürlich schlang sie die Arme um sich. Jedenfalls bestand kein Zweifel – es war dieselbe Stimme, die sie unten gehört hatte, bevor sie schlafen gegangen war. Wer konnte schon wissen, wie lange diese Person sich bereits im Haus versteckte?
„Wie kann ich mich an jemanden erinnern, den ich gerade erst kennengelernt habe?“, fragte sie, während sie überlegte, wie gut ihre Chancen standen, die Tür zu erreichen.
Die Fremde seufzte. Wie warmer Atem in eisiger Luft erzeugte ihr Seufzer eine kleine, glitzernde blaugrüne Wolke. Wahnsinnig oder nicht, dieser Zaubertrick war wirklich beeindruckend.
„Nun, ist vielleicht besser so. Du kannst mich heute ruhig für den Engel der zukünftigen Weihnacht halten.“
„Den Engel der zukünftigen Weihnacht“, wiederholte Fiona. Ein leiser Verdacht regte sich in ihr.
Hatten Addie oder Claire etwa eine Freundin oder Bedienstete dazu verleitet, ihr einen Streich zu spielen? Aber nein, gewiss würde doch keine so weit gehen, einen Einbrecher zu Hilfe zu holen.
„Genau“, antwortete der „Engel“ Fern mit einem knappen Nicken ihres grünblau gelockten Kopfes. „Nur haben wir keine Zeit mehr zum Plaudern. Wir müssen los.“
Fiona zog die Decke wieder höher. „Ich rühre mich nicht vom Fleck, außer um einen Konstabler zu rufen, also rate ich Ihnen dringend zu gehen – und zwar jetzt!“
„Ach, dickköpfig wie eh und je“, tadelte die offensichtlich vom Wahn befallene Frau.
Sie streckte einen Arm aus und packte Fionas Hand. „Halt dich fest.“
Fiona konnte sich trotz aller Bemühungen nicht von ihr lösen. So zart Fern zu sein schien, so eisern war ihr Griff.
„Fort mit uns!“, rief sie.
Plötzlich schien ein starker Wind sie beide zu erfassen. Das Fenster muss offen gewesen sein, dachte Fiona noch verwundert. Ihr Taschentuch flog davon, und als sie danach greifen wollte, erhob sie sich wie von Geisterhand gepackt von ihrer Matratze.
Obwohl jede Wahrscheinlichkeit dagegensprach, schien sie jetzt über ihrem Bett zu schweben. Sie wirbelte verwirrt zu Fern herum. „Ich muss träumen. Ich muss einfach!“
Fern schüttelte den Kopf. „Halt dich fest, Fiona!“ Ihre sanfte Stimme war selbst über den heulenden Wind hinweg zu hören.
Und so hielt Fiona sich verzweifelt an ihr fest. Gemeinsam rauschten sie durch das Zimmer und aus dem Fenster hinaus. Es schneite, und doch war die Luft seltsam mild, ja, fast warm. Unter freiem Himmel angekommen, wurde Fern noch schneller.
Unter sich sah Fiona Giebeldächer, die London Bridge, Westminster Palace und den Big Ben dahinfliegen und versicherte sich fieberhaft, dass sie gewiss jeden Moment aufwachen würde.
Sie kamen immer höher, ließen den Nebel und schließlich sogar die Wolken hinter sich. Aber schließlich landeten sie doch. Fern gab Fiona frei, die mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung feste Erde unter ihren nackten Füßen spürte. Es war noch immer Nacht und schneite, und dennoch, obwohl sie barfuß und nur im Nachtkleid dastand, fühlte sich Fiona rundum warm. Die Gegend, in der sie angekommen waren, glich ihrer eigenen Nachbarschaft, nur dass die Straßen breiter waren und einige der Gebäude höher und moderner. Nur ein Haus stach in seiner Hässlichkeit hervor. Sein Dach schien jeden Augenblick zusammenbrechen
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