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Hitlers Berlin

Hitlers Berlin

Titel: Hitlers Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Felix Kellerhoff
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dieser Mutmaßungen fiel eine folgenreiche Entscheidung: Eisenhower ließ seine Divisionen an der Elbe stoppen, knappe hundert Kilometer westlich von Berlin. Am 28. März telegrafierte er an Stalin: »Meine nächste Aufgabe wird es sein, einen Keil zwischen die verbliebenen feindlichen Kräfte zu treiben, indem wir die Verbindung zu Ihren Truppen herstellen.« Ein gleichzeitiger Vorstoß solle Richtung Süden führen, um die »Konsolidierung des deutschen Widerstandes in der Alpenfestung zu verhindern«. Die Reichshauptstadt, die bis dahin das erklärte Ziel der Westalliierten gewesen war, wurde in dem Telegramm nicht einmal erwähnt. Der sowjetische Diktator war hoch erfreut; er antwortete: »Berlin hat seine frühere strategische Bedeutung verloren. Das sowjetische Oberkommando plant, in Richtung der Reichshauptstadt

    Am Ende: Hitler im Garten der Reichskanzlei, 20. März 1945

    nur Truppen zweiter Kategorie in Marsch zu setzen.« Zugleich ließ Stalin an der Oder seine besten Verbände aufmarschieren.
    Eine »Alpenfestung« hat es nie gegeben. Vielmehr richtete man sich in Berlin auf das Ende ein. Am selben 28. März, an dem Eisenhower sein Telegramm abschickte, diktierte Goebbels seinem Sekretär: »Wenigstens in Berlin wird die Verteidigung weiter organisiert, und ich bin auch fest entschlossen, wenn es hier zum Letzten kommt, dem Feind eine Schlacht zu liefern, wie sie einzig in der Geschichte dieses Krieges dastehen soll.« Doch was der Gauleiter der Reichshauptstadt in diese letzte Schlacht schicken wollte, war militärisch betrachtet dürftig: Einige VolkssturmDivisionen, überwiegend Männer jenseits der 50, ausgerüstet mit Beutewaffen und wenigen Schuss Munition, die oft nicht zu ihren Gewehren passten. Dazu zehntausende fanatisierte Hitler-Jungen, die – begierig nach Heldentaten – sowjetische Elitetruppen mit Panzerfäusten aufhalten sollten. Eine wirksame Waffe zwar, die aber nur gegen Panzer eingesetzt werden konnte; kampferfahrene Infanteristen hielt man damit nicht auf. Schließlich versprengte Reste regulärer Truppen, häufig ausgelaugt und unterversorgt. Um die drei Flakturmpaare im Zoologischen Garten, im Volkspark Friedrichshain und im Humboldthain, im Verteidigungsbereich »Zitadelle«, also dem Regierungsviertel, im Olympiastadion und im Reichstag wurden Reste von SS-Divisionen stationiert, die den Kampfeswillen der übrigen Verteidiger aufrecht erhalten sollten. 7

    Das Ende

    Die Berliner fürchteten im April 1945 den bevorstehenden Straßenkampf und die Rache der sowjetischen Soldaten; ein interner Bericht der »Abteilung Wehrmachtspropaganda« stellte am 10. April fest: »Mit einem gewissen von Galgenhumor getragenen Fatalismus, hinter dem sich schon manche innere Verzweifelung verbirgt, sieht man allem weiteren entgegen. Aus Berlin fortzugehen habe für die Frauen auch keinen Sinn mehr. Wo solle man noch hin?« Die Disziplin wurde nur noch mit Gewalt aufrechterhalten, durch die allgegenwärtige Gefahr der so genannten fliegenden, also nicht fest zu Wehrmachtseinheiten gehörenden Standgerichte; sie waren bereits am 15. Februar allgemein eingerichtet worden und vollzogen während der Kämpfe um Berlin hunderte, wenn nicht tausende willkürliche Hinrichtungen.
    Das Ende des Krieges begann im Morgengrauen des 16. April: Zweieinhalb Millionen Rotarmisten traten mit 14 600 Geschützen und 6250 Panzern an zum Sturm auf die Reichshauptstadt. Die völlige Niederlage war nur eine Frage von Tagen. Längst nahm niemand mehr die Durchhalteparolen ernst; alle Befehle wirkten nur noch absurd. Doch noch immer konnten sie ungezählte Menschenleben kosten – wie jene Anweisung, die Heinrich Himmler am 17. April erließ: »Keine deutsche Stadt wird zur offenen Stadt erklärt. Jedes Dorf und jede Stadt werden mit allen Mitteln verteidigt und gehalten. Jeder deutsche Mann, der gegen diese selbstverständliche nationale Pflicht verstößt, verliert Ehre und Leben.« Auch dieser Befehl vermochte nicht zu verhindern, dass die Rote Armee trotz furchtbarer Verluste bei der Schlacht um die Seelower Höhen in wenigen Tagen die Stadtgrenze von Groß-Berlin erreichte. Während der größte Teil der sowjetischen Truppen frontal die fanatisch kämpfenden, jedoch hoffnungslos unterlegenen deutschen Linien durchbrach, schloss sich gleichzeitig eine Zange von Nord und Süd um die Reichshauptstadt. Am 19. April hatten drei Elitearmeen von Osten her Köpenick und Hoppegarten erreicht, gleichzeitig rollten die Panzer

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