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Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
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Ecke geradewegs zurück nach Holloway, wenn wir sie erwischen.«
    »Und wenn sie nichts Unrechtes getan hat?«
    »Natürlich hat sie etwas Unrechtes getan.«
    »Sie ist eine Verwandte. Das ist ein Unterschied.«
    Delaney beugte sich zu ihr hinüber. »Möchten Sie Candy Morgan helfen?«
    »Ja.«
    »Dann sagen Sie uns, was Sie wissen.«
    »Tut mir leid, es gibt sonst nichts zu sagen.«
    Delaneys Handy klingelte; gereizt klappte er es auf.
    »Delaney?«
    Er hörte einen Augenblick zu, dankte dem Anrufer und legte auf. Dann erhob er sich und nickte Sally zu. »Wir gehen.«
    »Wohin?«
    »Zurück nach Holloway.«
    Während Delaney Sally die Tür öffnete, richtete er den Blick noch einmal auf Elaine Simmons.
    »Ich hoffe, Sie können nachts gut schlafen.«
    »Zufällig nicht, Inspector. Und wissen Sie, weshalb?«
    »Überraschen Sie mich.«
    »Weil die Menschen, mit denen ich zu tun habe, mir am Herzen liegen. In Ihren Augen sind sie vielleicht der letzte Abschaum. Für mich sind sie ebenso Opfer wie die Menschen, die sie angegriffen haben.«
    »Und an allem schuld ist vermutlich die Gesellschaft?«
    »Sie tragen eine Menge Wut mit sich herum, Inspector. Das ist nicht gesund.«
    »Wollen Sie mir jetzt anbieten, mich zu therapieren?«
    »Ich nicht, aber Sie sollten sich Hilfe holen. Diese Art von Wut. Sie lassen zu, dass sie sich allmählich aufstaut, und am Ende wird irgendjemand verletzt.«
    »Ist vielleicht schon passiert.«
    Delaney folgte Sally durch die Tür, die er fest hinter sich zuzog.
    Sally sah ihn ein wenig beunruhigt an. »Was haben Sie damit gemeint, dass womöglich schon jemand verletzt worden ist?«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken.«
    Er ging voraus, die Nervosität in den angespannten Schultermuskeln deutlich sichtbar.
     
Ein lockerer Dachziegel erlaubte einem Sonnenstrahl, sich durchs Dach zu bohren und eine kleine Lache aus Goldsprenkeln auf den Boden der Dachkammer zu werfen. Staubpartikel tanzten in dem Lichtstrahl, während eine Spinne aus dem Dachgesims krabbelte und wie erstarrt in der Mitte des kleinen goldenen Kreises verharrte.
    Auf der anderen Seite der Dachkammer weiteten sich im Dunkeln Jenny Morgans Augen, und sie drängte sich mit dem Rücken an die harte Dachschräge. Sie hasste Spinnen. Schon immer. Ihr kam es vor, als hätte die Spinne innegehalten, weil sie sie gesehen hatte. Leise wimmernd wich das Mädchen mit hochgezogenen Schultern noch ein Stückchen weiter zurück. Sie schrie auf, als die blaue Nylonschnur grob in ihre Handgelenke einschnitt. Das andere Ende der Schnur war an einem Eisenband außerhalb ihrer Reichweite befestigt, sie war gefangen. Allein. Im Dunkeln und voller Angst.
    Die Spinne machte sich steif, um plötzlich wie der Blitz zurück in den Schatten zu schießen. Jenny gab einen leisen Seufzer der Erleichterung von sich, während ihr junges Herz das Blut so schnell pumpte, dass sie es in der Brust und in den Ohren spüren konnte.
    Dann kam ein Geräusch, und sie erstarrte von neuem. Das Geräusch von Tritten auf der Leiter, die zum Dachboden führte. Als sie hinüberschielte, sah sie die Frau, die behauptete, ihre Tante zu sein, auf sie zukommen. In der Dunkelheit konnte sie weder ihren Gesichtsausdruck noch ihren Blick ausmachen, aber was sie sehen konnte, war von Stahl reflektiertes Sonnenlicht, als die Frau ihre rechte Hand mit dem Tranchiermesser hob.
    Und Jenny schrie.
     

17
     
    Delaney lehnte den Ellbogen aus dem Fenster, während sie in einer langen Autoschlange standen, die bis hinauf nach Archway reichte. Sally warf ihm einen Seitenblick zu. »Sie finden also, dass Männer und Frauen unterschiedlich bestraft werden sollten? Dass man Frauen anders behandeln sollte?«
    »Wir machen das Gesetz nicht, Sally.«
    »Die meisten Straftäterinnen sitzen wegen Verbrechen in Haft, die eigentlich keine Gefährdung der Gesellschaft darstellen. Diebstahl, Hehlerei, Bagatelldelikte, um die Familie über Wasser zu halten. Die Kinder dieser Frauen werden oft in Pflege gegeben. Das sät nur künftige Kriminalität. Wir züchten Verbrecher heran, und das Gefängnissystem spielt dabei eine wesentliche Rolle.«
    »Und Candy Morgan, finden Sie es richtig, dass sie freigelassen wurde?«
    Sally seufzte. »Sie hat offensichtlich psychische Probleme.« Schließlich blinkte sie und bog auf den Gefängnisparkplatz ein; nachdem beide ihren Dienstausweis gezeigt hatten, wurden sie von dem Sicherheitsbeamten am Tor durchgewunken und konnten sich eine Parklücke

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